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Abmahnung Wann folgt auf eine Gelbe die Rote Karte?

Unpünktlichkeit, Bummelei, Beleidigungen - in solchen Fällen kann der Chef einen Mitarbeiter abmahnen und damit härtere Folgen ankündigen: Es ist ein Warnschuss, die Vorstufe zur Kündigung.
Von Sabine Hockling und Jochen Leffers
Regelverstoß im Job: Wer so weitermacht, sieht Rot

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Foto: Stefan Puchner/ dpa

Eine Abmahnung sollten Angestellte nie auf die leichte Schulter nehmen. Das Arbeitsrecht hält Arbeitgeber dazu an, bei einem Verstoß gegen vertragliche Pflichten nicht sofort zur Kündigung zu greifen, sondern das mildere Mittel zu wählen und den Mitarbeiter zunächst zu warnen. Abmahnungen finden jedoch Eingang in die Personalakte und können bei späteren gerichtlichen Auseinandersetzungen eine entscheidende Rolle spielen.

Damit eine Abmahnung überhaupt zulässig ist, müssen Arbeitgeber gewisse Regeln einhalten. So sollten sie vor der Abmahnung eine Ermahnung aussprechen. Sie weist zwar ebenfalls auf ein Fehlverhalten hin und sollte vom Mitarbeiter als Rüge verstanden werden. Eine Ermahnung droht jedoch nicht gleich mit einer Kündigung als Konsequenz. Eine Abmahnung ist also das deutlich härtere Geschütz und hat stets eine Warnfunktion, die Ermahnung nicht.

Ausgesprochen wird die Abmahnung von Arbeitgebern, wenn ein Mitarbeiter gewisse Pflichten aus seinem Arbeitsvertrag verletzt. Das können beispielsweise ständige Unpünktlichkeit oder unentschuldigtes Fehlen sein. Abgemahnt werden kann auch, wenn jemand klare Weisungen nicht befolgt, Sicherheitsvorschriften ignoriert, Kollegen beleidigt oder belästigt.

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Ignoriert ein Mitarbeiter eine ausgesprochene Abmahnung und ändert sein Fehlverhalten nicht, droht die ordentliche verhaltensbedingte Kündigung. Sie kann grundsätzlich nur nach einer vorherigen Abmahnung ausgesprochen werden. Lediglich bei wirklich schweren Pflichtverletzungen können Arbeitgeber die Rote Karte zücken und ohne eine vorherige Abmahnung fristlos kündigen. Dazu zählen zum Beispiel Straftaten oder Tätlichkeiten.

Fair und korrekt läuft es ab, wenn Arbeitgeber vor der Abmahnung das Gespräch mit dem Mitarbeiter suchen und ihm so die Möglichkeit zur Stellungnahme geben. Es gibt Tarifverträge, die das sogar vorschreiben und deshalb die Abmahnung erst anschließend überhaupt rechtlich möglich machen.

Und auch wenn Arbeitgeber dazu nicht verpflichtet sind, ist es doch üblich, eine Abmahnung schriftlich auszusprechen. Dabei sollten sie den Sachverhalt dokumentieren (konkret und ohne Wertung), darauf hinweisen, dass das Fehlverhalten inakzeptabel ist und davor warnen, dass im Wiederholungsfall eine Kündigung droht. Gibt es mehrere Pflichtverletzungen, werden diese in der Regel einzeln abgemahnt - jede mit Datum, Uhrzeit und möglichen Zeugen beziehungsweise Beweisen.

Wichtige Urteile und ihre Folgen

Wünscht ein Mitarbeiter seinem Chef ein "beschissenes Wochenende", erhält er zu Recht eine Abmahnung, entschied das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz in einem Urteil vom 23. August 2011. Ein Betriebsratsvorsitzender hatte sich gegenüber zwei Vorgesetzten so verhalten, dafür eine Abmahnung kassiert und später verlangt, dass sie aus der Personalakte entfernt wird. Die Richter hielten den Schritt aber für gerechtfertigt. Begründung: Mitarbeiter sind zu einem Mindestmaß an Respekt verpflichtet (Aktenzeichen 3 Sa 150/11 ).

Verhält sich ein Mitarbeiter gegenüber Kunden unfreundlich, ist auch dieses Verhalten unangebracht und kann abgemahnt werden, wie ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 20. Mai. 2014 im Fall eines Sachbearbeiters zeigt (Aktenzeichen 2 Sa 17/14 ).

Bei sexuellen Bemerkungen ist eine Abmahnung vor der Kündigung nicht immer nötig, so die Richter des Bundesarbeitsgerichts (BAG) in einem Urteil vom 9. Juni 2011. In dem Fall wurde eine Mitarbeiterin innerhalb von zwei Tagen mehrfach verbal sexuell belästigt. Der Arbeitgeber kündigte dem Mitarbeiter daraufhin wegen der anzüglichen Sprüche fristlos - ohne vorab eine Abmahnung auszusprechen. Zu Recht, so die Richter des BAG. Der Angestellte eines Möbelhauses hatte bereits in der Vergangenheit Abmahnungen aufgrund der sexuellen Belästigung von Mitarbeiterinnen erhalten (Aktenzeichen 2 AZR 323/10 ).

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Allerdings rechtfertigen verbale sexuelle Belästigungen im Job nicht immer eine fristlose Kündigung. Entscheidend ist für die Gerichte auch, wie der belästigende Mitarbeiter in der Vergangenheit aufgetreten ist. Das Arbeitsgericht Düsseldorf urteilte am 2. September 2008, dass die Äußerung "Auf dicke Eier stehen" und andere Entgleisungen zwar eine Abmahnung rechtfertigten, aber nicht eine fristlose Kündigung. Die Begründung des Gerichts: Der Mitarbeiter war in den 27 Jahren seines Arbeitsverhältnisses vorher nie auffällig gewesen (Aktenzeichen 7 Ca 1837/08 ).

In einem anderen Fall ließ das Bundesarbeitsgericht einen Angestellten mit einer Abmahnung davonkommen, obwohl er sogar zulangte: Der Automechaniker hatte einer Reinigungsfrau an den Busen gegriffen. Die Richter hielten ihm zugute, dass er sein Fehlverhalten sofort einräumte, sich entschuldigte und schon 16 Jahre lang ohne Beanstandungen bei der Firma arbeitete. Daher hielt das Gericht eine Weiterbeschäftigung für zumutbar (Aktenzeichen 2 AZR 651/13 ).

Das rät Ina Koplin, Fachanwältin für Arbeitsrecht

Eine Abmahnung sollte von Mitarbeitern als Warnschuss verstanden werden. Und auch wenn sie als Vorstufe zur Kündigung anzusehen ist, muss es nicht zwangsläufig dazu kommen. Mitarbeiter sollten in dieser Situation Ruhe bewahren und um ein Gespräch zur Klärung bitten. Ist der Vorwurf unberechtigt, ist es sinnvoll, eine schriftliche Gegendarstellung zu verfassen, die dann ebenfalls zur Personalakte genommen wird. Alles andere würde die Situation für den Mitarbeiter nur verschlechtern.

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