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Amazon gegen Ver.di Bundesarbeitsgericht erlaubt Streik auf Firmengelände

Onlineriese gegen Gewerkschaft: Das Bundesarbeitsgericht hat mit seinem Urteil die Rechte von Streikenden gestärkt. Sie dürfen auch auf dem Firmengelände zum Ausstand aufrufen.
Streikplakat am Zaun des Amazon-Logistikzentrums in Rheinberg, November 2017

Streikplakat am Zaun des Amazon-Logistikzentrums in Rheinberg, November 2017

Foto: VOGEL/EPA-EFE/REX/Shutterstock

Es ist eine Grundsatzfrage, die das Bundesarbeitsgericht in Erfurt am Dienstag entschieden hat: Dürfen Mitarbeiter auf dem Firmengelände streiken und damit sozusagen das Eigentum des Unternehmens gegen dieses wenden? Dazu musste das Gericht zwischen dem Hausrecht des Arbeitgebers und dem Streikrecht des Arbeitnehmers abwägen.

Das Gericht hat mit seinem Urteil nun das Streikrecht gestärkt: Unter bestimmten Bedingungen, so das Urteil, dürfen Gewerkschaften auf dem Betriebsgelände ihres Tarifgegners streiken und Mitarbeiter ansprechen.

Zankapfel Parkplatz

Kern des Streits war ein Parkplatz am Amazon-Standort Pforzheim, den das Unternehmen gepachtet hat. Auf dem Areal, das zum Betriebsgelände gehört, streikten in der Vergangenheit Mitglieder der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di. Sie verteilten dort auch Flugblätter und forderten andere Mitarbeiter auf, sich dem Ausstand anzuschließen.

Der US-Onlinehandelsriese Amazon   wollte das verhindern und berief sich dabei auf sein Hausrecht. Die Streikteilnehmer sollten stattdessen auf öffentliche Bereiche vor der Parkplatzzufahrt ausweichen.

Streikrecht durch Eigentumsrecht torpedieren

Jens Schubert von Ver.di hatte vor dem Urteil gewarnt: "Wenn das Besitzrecht des Unternehmens stärker wiegt als das Streikrecht, könnte jedes Unternehmen eine Fläche vor seinem Betriebsgelände anmieten und damit das Streikrecht ins Leere laufen lassen." Streikrecht sei nach der Rechtsprechung auch ein sogenanntes Kommunikationsgrundrecht. Für die Gewerkschaft sei es daher wichtig, "alle Beschäftigten zu erreichen, Gewerkschafts- wie Nichtgewerkschaftsmitglieder".

Das würde aus Schuberts Sicht deutlich schwieriger, wenn Gewerkschaften nicht mehr auf angemieteten Flächen vor dem Betriebsgelände streiken und Flugblätter verteilen dürften. Dieser Argumentation schloss sich das Bundesarbeitsgericht nun an.

Im konkreten Fall, so das Gericht, müsse Amazon die "kurzzeitige, situative Beeinträchtigung ihres Besitzes hinnehmen", da die Gewerkschaft "angesichts der örtlichen Verhältnisse" nur auf dem Firmenparkplatz mit den Arbeitnehmern Kontakt aufnehmen könne.

Der Entscheidung waren mehrere, teils unterschiedliche Urteile anderer Gerichte vorangegangen. Gegen die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist keine Berufung mehr möglich.

Jahrelanger Streit über Tarifvertrag

Ver.di ruft seit Jahren bei Amazon immer wieder zum Streik auf. Damit sollen Verhandlungen über einen Tarifvertrag erzwungen werden. Die Gewerkschaft will erreichen, dass die Amazon-Mitarbeiter nach den Tarifbedingungen des Einzel- und Versandhandels bezahlt werden. Amazon lehnt das ab und orientiert sich an der Vergütung in der Logistikbranche.

sun/dpa
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