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Arbeiten im Ausland Wo die Fallstricke lauern

Was gilt bei Krankenkasse, Rente, Urlaubstagen, wenn man für einen deutschen Arbeitgeber im Ausland arbeitet? Fachanwältin Aziza Yakhloufi über Verhandlungsspielräume, Wechselkurse und 40 freie Tage im Jahr.
Ein Interview von Verena Töpper
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Bernhard Lang / Stone RF / Getty Images

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SPIEGEL: Frau Yakhloufi, Sie sind als Anwältin auf internationale Mitarbeitereinsätze spezialisiert. Worauf muss ich im Arbeitsvertrag achten, wenn mein Arbeitgeber mich ins Ausland schicken will?

Yakhloufi: Üblicherweise wird in einem solchen Fall ein Entsendevertrag aufgesetzt, in dem die Konditionen des Auslandsaufenthalts geregelt werden. Der Arbeitsvertrag in Deutschland bleibt in der Regel bestehen und ruht für den Zeitraum des Auslandseinsatzes. Die Konditionen selbst müssen individuell ausgehandelt werden. In vielen Unternehmen gibt es jedoch schon Entsenderichtlinien, in denen die Übernahme der Kosten und die Konditionen festgelegt werden.

SPIEGEL: Welche Kosten werden denn üblicherweise vom Arbeitgeber übernommen?

Yakhloufi: Das ist individuell sehr unterschiedlich und hängt davon ab, ob es Entsenderichtlinien in dem jeweiligen Unternehmen gibt. In der Regel werden der Umzug, jährliche Heimflüge für die ganze Familie und Krankenzusatzversicherungen gezahlt.

SPIEGEL: Verpflichtet ist der Arbeitgeber aber dazu nicht?

Yakhloufi: Ist die Entsendung ins Ausland im Interesse des Arbeitgebers, so hat dieser dem Arbeitnehmer grundsätzlich die anfallenden Kosten wie Reisekosten zu ersetzen. Wichtig sind aber die vertraglichen Vereinbarungen – und hier gibt es keine starren Regeln, was begünstigt werden muss. Wie beim Gehaltsgespräch gilt: Alles kann verhandelt werden.

SPIEGEL: Und das gilt auch für die Krankenversicherung?

Yakhloufi: Die Krankenversicherung ist typischerweise ein Zweig der Sozialversicherung, und da gilt grundsätzlich das sogenannte Territorialprinzip, das heißt, das Sozialversicherungssystem des Einsatzlandes wird angewendet – es sei denn, es gibt eine Rechtsvorschrift, die eine anderweitige Regelung vorsieht, wie zum Beispiel eine EU-Verordnung. Die Leistungen der Krankenversicherung hängen also davon ab, wie das Krankenversicherungssystem im jeweiligen Land ausgestaltet ist. In Singapur sind Ausländer beispielsweise nur dann vom Gesundheitssystem abgesichert, wenn sie einen Status als »permanent resident« haben, und in den USA gibt es gar keine gesetzliche Krankenversicherung im klassischen Sinne. Das kann ein Anknüpfungspunkt für Verhandlungen mit dem Arbeitgeber sein, wenn bestimmte Leistungen gewünscht sind.

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SPIEGEL: Bleibe ich denn nicht in der deutschen Sozialversicherung?

Yakhloufi: Das ist ein komplexes Thema. Bei einer Entsendung innerhalb Europas können Sie einen Antrag stellen, um ihre Sozialabgaben weiter in Deutschland zu zahlen. Bei Drittstaaten kommt es darauf an, ob ein Sozialversicherungsabkommen mit Deutschland existiert. Mit den USA gibt es zum Beispiel so ein Abkommen, aber dieses deckt beispielsweise die Arbeitslosenversicherung nicht ab. Auch hier gilt: Im Zweifelsfall lieber einen Experten fragen.

SPIEGEL: Was ist, wenn mir erst vor Ort auffällt, dass bestimmte Kosten sehr viel höher sind als in Deutschland. Kann ich dann noch nachverhandeln?

Yakhloufi: Das kommt auf den Einzelfall an. Grundsätzlich gilt, was im Entsendevertrag steht – das kann nachträglich nicht so ohne Weiteres verändert werden.

SPIEGEL: Bekomme ich mein Gehalt in Euro oder in der jeweiligen Landeswährung ausgezahlt?

Yakhloufi: Auch da kommt es darauf an, was Sie vorab mit dem Arbeitgeber vereinbart haben. Wer sein Gehalt in der Landeswährung erhalten will, sollte auch an Währungsschwankungen denken und im Entsendevertrag festhalten, wie diese ausgeglichen werden, damit Sie nicht plötzlich weniger Geld haben, wenn es einen Kursrutsch gibt.

SPIEGEL: In welchem Land muss ich Steuern zahlen?

Yakhloufi: Das hängt vom jeweiligen Einzelfall ab und kann nicht pauschal beantwortet werden. Eine steuerliche Bewertung hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, beispielsweise von der Anzahl der geleisteten Arbeitstage in dem jeweiligen Land und den Regelungen eines etwaigen Doppelbesteuerungsabkommens. Das Thema kann sehr komplex werden, im Zweifel sollte man da einen Fachmann hinzuziehen.

SPIEGEL: Welche Feiertage gelten für mich im Ausland – die deutschen oder die des jeweiligen Landes?

Yakhloufi: In der Regel gelten die Feiertage dort, wo der Arbeitnehmer seiner Arbeitspflicht nachkommt.

SPIEGEL: In Ländern wie Thailand gibt es mehr als ein Dutzend gesetzliche Feiertage, einheimische Arbeitnehmer haben in der Regel aber auch nur zehn Urlaubstage pro Jahr. Kann mir mein deutscher Arbeitgeber dann auch die Zahl der Urlaubstage reduzieren?

Yakhloufi: Nein, es gilt die Zahl der Urlaubstage, die in Ihrem Vertrag beziehungsweise in der für den Zeitraum des Auslandsaufenthalts geschlossenen Zusatzvereinbarung vereinbart wurden. In Deutschland sind bei einer Fünftagewoche 20 bezahlte Urlaubstage pro Jahr das gesetzliche Minimum, in vielen Branchen und Berufen sind aber auch 30 Tage Jahresurlaub üblich.

SPIEGEL: Das heißt, in Thailand habe ich dann im besten Fall mehr als 40 Tage im Jahr frei?

Yakhloufi: Ja. Die Erfahrung zeigt aber, dass Arbeitgeber sehr wohl vorab prüfen, wie viele Feiertage und Urlaubstage im jeweiligen Land üblich sind und das entsprechend in der Zusatzvereinbarung regeln.

SPIEGEL: Was ist, wenn es mir im Ausland nicht gefällt und ich früher zurückkommen will?

Yakhloufi: Wenn Sie einen Auslandsaufenthalt vorzeitig abbrechen wollen, brauchen Sie gute Gründe. Nur zu sagen: Es gefällt mir in dem Land nicht oder die Arbeit macht mir keinen Spaß, reicht nicht. Da könnte man Ihnen gegebenenfalls Arbeitsverweigerung unterstellen. Mein Tipp: Schauen Sie sich den Arbeitsplatz im Ausland an, bevor Sie einen Entsendevertrag unterschreiben. Viele Unternehmen bieten auch von sich aus sogenannte Look-and-See-Trips an, bei denen Mitarbeitende sich mit der ganzen Familie ein Bild von der Lage vor Ort machen können.

SPIEGEL: Was ist, wenn der Arbeitgeber einer vorzeitigen Rückkehr nach Deutschland zustimmt – habe ich dann einen Anspruch auf meinen alten Arbeitsplatz?

Yakhloufi: In diesem Fall haben Sie grundsätzlich einen Rückkehranspruch, aber Sie haben keinen Anspruch auf dieselbe Stelle oder beispielsweise dasselbe Büro. Wenn Ihr Arbeitgeber Ihnen Ihre alte Arbeitsstelle nicht mehr anbieten kann, muss er für Sie eine adäquate, Ihren Qualifikationen entsprechende Alternative suchen. Das gilt auch, wenn Sie Ihren Auslandseinsatz nicht vorzeitig beenden, sondern wie geplant zurückkommen.

SPIEGEL: Das heißt, wenn ich vor dem Auslandsaufenthalt eine Führungsposition hatte, bekomme ich danach wieder eine?

Yakhloufi: Nein, so einfach ist das nicht. Eine Position gilt nicht allein deshalb als minderwertig, weil die Führungsverantwortung fehlt. Was als adäquat gilt, muss im Einzelfall betrachtet werden.

SPIEGEL: Sie haben als Anwältin schon viele internationale Mitarbeitereinsätze begleitet. Was sind denn Ihrer Erfahrung nach typische Fallstricke?

Yakhloufi: Das Thema Aufenthaltsrecht wird oft unterschätzt. Es kann vorkommen, dass kurzfristig entschieden wird, dass ein Mitarbeiter ins Ausland entsandt werden soll. Hierbei wird oft verkannt, dass in der Regel mindestens drei Monate für die Beschaffung eines Arbeitsvisums eingeplant werden sollten.

SPIEGEL: Darf ich den Papierkram dafür in meiner Arbeitszeit erledigen?

Yakhloufi: Sofern der Arbeitnehmer mit Zustimmung des Arbeitgebers die Beantragung des Visums für den Auslandseinsatz selbst übernimmt, dürfte dies wohl während der Arbeitszeit erfolgen. Eine Vielzahl von Firmen hat jedoch ein eigenes Entsendemanagement, das sich unter anderem um Arbeitsvisa für Mitarbeitende kümmert.

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