Vertipper mit 222.222.222,22 Euro "So etwas haben wir noch nie erlebt"

Nickerchen im Büro: Sicherheitsabstand zur Tastatur einhalten
Foto: CorbisEin Bankangestellter nickt während der Arbeit ein, bleibt mit dem Finger auf der "2" hängen - und ändert die Überweisung eines Rentners von 62,40 Euro auf 222.222.222,22 Euro. In einem Film würde man noch nicht einmal darüber lachen, so unrealistisch ist die Szene. Doch sie ist tatsächlich so passiert, am 2. April 2012 in der Frankfurter Volksbank. Und sie geht noch weiter.
Bei Beträgen von mehr als 100.000 Euro erscheint auf den Rechnern der Bankmitarbeiter der Systemhinweis: "Besonders prüfen". Dennoch gab die Kollegin, die für die Kontrolle der Überweisung zuständig war, ihr Okay, um die unglaubliche Summe von mehr als 222 Millionen Euro vom Konto des Rentners B. abzubuchen. Erst einem dritten Mitarbeiter fiel der Fehler schließlich auf, und die Überweisung wurde gestoppt.
"So etwas haben wir noch nie erlebt, das ist ein absoluter Einzelfall", sagte Michael Kröhle, der Sprecher der Bank, dem KarriereSPIEGEL. "Für uns ist das aber eine Bestätigung dafür, dass unsere Kontroll- und Prüfmechanismen greifen, schließlich ist kein materieller Schaden entstanden." Auf dem wäre im Zweifelsfall die Bank sitzen geblieben.

Arbeitsrechtsurteile: Abgemahnt, gefeuert, geklagt
Die Sachbearbeiterin wurde wegen des Vorfalls gefeuert. Nach 26 Jahren fehlerfreier Arbeit eine unangemessene Konsequenz, fand sie und zog vor Gericht. In zwei Instanzen gaben ihr die Frankfurter Richter recht. Die Frau habe einen "schweren Fehler" begangen, gleichwohl sei der Bank in diesem Fall eine Abmahnung statt einer Kündigung "noch zumutbar" gewesen. Die Frau habe zwar fahrlässig, aber nicht vorsätzlich gehandelt.
Die Bank hatte das anders gesehen: Sie rechnete aus, dass die Frau am Tag des Missgeschickes 603 Überweisungen, darunter die des Rentners B., in jeweils weniger als 1,4 Sekunden bearbeitet hatte. Diese Zeit reiche gerade aus, "um ohne jegliche Prüfung die Freigabetaste zu drücken". Um 600 Belege zu überprüfen, rechnet man in Bankenkreisen mit drei Stunden Arbeit. Zudem argumentierte die Bank, die Mitarbeiterin habe in Kauf genommen, den "Bestand der Bank zu gefährden" - nur durch "Glück" sei vor dem automatischen Ausführungsdatum am nächsten Tag die Überweisung durch eine andere Abteilung noch zurückgenommen worden.
Die Richter ließen allerdings den Bank-Hinweis auf die hohe Zahl der Überweisungen nicht gelten: Der Frau sei schließlich nur wegen der unterlassenen Kontrolle des einen Beleges gekündigt worden. "Weitere Gründe nachzuschieben", das sei nicht möglich.
Die 48-Jährige erhält nun den entgangenen Lohn für vier Monate in Höhe von insgesamt 16.000 Euro und darf wieder bei der Frankfurter Volksbank arbeiten. Auf welchem Posten, dazu wollte sich Banksprecher Kröhle nicht äußern. Auch zu ihrem eingenickten Kollegen, der den ganzen Tumult ja erst ausgelöst hat, wollte er nichts sagen.
An der Geschichte mit dem Sekundenschlaf äußerten indes die Richter des Landesarbeitsgerichts Zweifel: "Objektiv kann den Mitarbeiter nicht nur ein Sekundenschlaf übermannt haben", heißt es im Urteil. Der Betriebsrat habe in seiner Stellungnahme eine Erkrankung des Mitarbeiters angedeutet, diese sei aber im Laufe des Verfahrens "nicht konkretisiert worden".
Offenbar war der Mann auch gar nicht befugt, in Überweisungen die Beträge zu ändern. Er sollte lediglich die Bankleitzahl überprüfen.