Arbeitsrecht Hitler-Vergleich kostet Betriebsrat sein Amt

In dem hessischen Unternehmen mit rund tausend Mitarbeitern brodelte es schon seit geraumer Zeit. Ein Viertel der Belegschaft unterstützte einen Antrag, die Betriebsratsvorsitzende aus dem Gremium auszuschließen; Geschäftsführer und Personalleiter förderten diese Initiative, auch durch Kostenübernahme für Anwälte. Anfang 2012 eskalierte der Konflikt. Die 13 Betriebsratsmitglieder tagten, bei der hitzigen Sitzung im März beschimpfte einer der Wortführer die Vorsitzende: "33 hat sich schon mal so jemand an die Macht gesetzt mit solchen Methoden."
Derselbe Betriebsrat soll schon eine Woche zuvor gesagt haben: "Ich gehe sogar noch weiter, 33 hat sich auch schon so einer an die Macht gesetzt." Das Gremium beantragte bald darauf den Ausschluss des Mitglieds, das zum Hitler-Vergleich griff, wegen "grober Verletzung seiner betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten".
Ausschlussforderung gegen Ausschlussforderung - am Ende musste das Betriebsratsmitglied wegen Diffamierung gehen, wie das Hessische Landesarbeitsgericht entschied. Die Wiesbadener Richter bezeichneten die Äußerungen über die Vorsitzende als "ehrverletzend" und als "groben Verstoß gegen ihr Persönlichkeitsrecht".

Arbeitsrechts-Urteile: Abgemahnt, gefeuert, geklagt
Der Nazi- oder Hitler-Vergleich gehöre in der "politischen Auseinandersetzung zum Totschlagargument"; hier handele es sich auch nicht um eine mögliche Anspielung, sondern eine direkte Gleichsetzung mit Adolf Hitler, so das Gericht. Das Betriebsratsmitglied könne sich angesichts dieser Diffamierung nicht auf die Meinungsfreiheit berufen und auch nicht damit rechtfertigen, dass die Vorsitzende die Sitzung autoritär geführt und ihm rabiat das Wort abgeschnitten habe. Ebensowenig könne ein Entschuldigungsschreiben, das der Mann später schickte, die Entgleisung rechtfertigen - zumal er vom "direkten Personenvergleich abzulenken" versucht habe, statt sich für den Hitler-Vergleich selbst zu entschuldigen. Daher musste er aus dem Betriebsrat gehen (Aktenzeichen 9 TaBV 17/13 ).
Vorsicht mit Nazi-Vergleichen
Wer im Zorn Kollegen oder Chefs mit Nazi-Vergleichen beleidigt, lebt gefährlich, wie auch einige andere Gerichtsurteile zeigen. So hatte ein Arbeitnehmer im Streit um eine Abmahnung einen Personaler gefragt: "Ist das hier Konzentrationslager oder was?" Die Firma entließ ihn fristlos - zu Recht, entschied das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein bereits vor einigen Jahren, denn eine derart grobe Beleidigung müsse ein Arbeitgeber sich nicht gefallen lassen (Aktenzeichen 6 Sa 72/06).
Als beleidigend und nicht hinnehmbar werteten Mainzer Richter auch den sarkastischen Spruch "Jawohl, mein Führer". Das hatte der Bereichsleiter eines Lebensmittel-Discounters zur Sekretärin des Verkaufsleiters gesagt, als sie ihn an ausstehende Umsatzmeldungen erinnerte und erklärte, der Chef erwarte umgehenden Vollzug. Trotz einer Entschuldigung erhielt der Bereichsleiter eine fristlose und später eine ordentliche Kündigung. Das aber hielt das Gericht dann doch für überzogen und lediglich eine Abmahnung für angemessen (Aktenzeichen 11 Sa 353/10).
Schlimmer kam es für einen Kraftfahrers, der dem Arbeitgeber vorwarf, zu "lügen wie gedruckt" - bei diesem Umgang mit Menschen "komme ich mir vor wie im Dritten Reich". Der Fahrer, schon seit 30 Jahren im Betrieb, wollte sich dafür auch nicht entschuldigen. Und der Wutanfall packte ihn ausgerechnet vor Gericht, nämlich in einem Kündigungsschutzverfahren. Damit hatte er dem Unternehmen endgültig einen Grund für die fristlose Entlassung geliefert, die dann vom Hessischen Landesarbeitsgericht bestätigt wurde (Aktenzeichen 3 Sa 243/10).
