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Arbeitsschutz Worum muss sich der Arbeitgeber kümmern?

Ob in gefahrarmen Bürojobs oder Hochrisikoberufen: Arbeitgeber sind verpflichtet, ihre Mitarbeiter vor Gesundheitsschäden und Arbeitsunfällen zu schützen. Dazu müssen sie eine Fülle von Vorschriften beachten.
Von Sabine Hockling und Jochen Leffers
Helm auf: Für die Sicherheit sind Arbeitgeber wie auch Mitarbeiter verantwortlich

Helm auf: Für die Sicherheit sind Arbeitgeber wie auch Mitarbeiter verantwortlich

Foto: Rolf Vennenbernd/ picture alliance / dpa

Für ein Buch hat Autor Thorsten Wiese verblüffende Statistiken gesammelt. Ein Ergebnis: "Kugelschreiber sind Todesmaschinen" - weil in Deutschland jährlich etwa 300 Menschen durch Ersticken an Kuli-Teilen sterben, dagegen nur vier durch Blitze. Für Ins-Büro-Geher hält Wiese indes auch Trost bereit: Dort sei es deutlich sicherer geworden, "eine Computertastatur verschluckt man nicht so leicht wie einen Kugelschreiber".

Im Ernst lauern bei Bürojobs deutlich geringere Alltagsgefahren als etwa in Berufen, bei denen Menschen mit schweren Maschinen arbeiten. Große Risiken gehen auch alle ein, die in der Höhe tätig sind, ob Fensterputzer, Dachdecker, Gerüstbauer oder Zirkusartisten. 2014 wurden bundesweit 473 tödliche Arbeitsunfälle gemeldet, davon etwa ein Drittel durch Stürze.

Missachten Arbeitgeber den Arbeitsschutz, drohen empfindliche Strafen

In welcher Branche auch immer: Arbeitgeber stehen in der Pflicht, Gefahr für Leib und Leben ihrer Beschäftigten abzuwenden. Sie müssen eine Vielzahl von Gesetzen, Verordnungen und Regelungen zum Arbeitsschutz beachten. Andernfalls drohen ihnen empfindliche Strafen - vor allem, wenn ein Mitarbeiter zu Schaden kommt.

Allerdings beschränken sich Schadensersatzansprüche auf Sachschäden. Für Personenschäden tritt immer die gesetzliche Unfallversicherung ein. Es sei denn, ein Arbeitgeber hat vorsätzlich gegen den Arbeitsschutz verstoßen.

Arbeitsschutz im Arbeitsschutzgesetz und in der Arbeitsstättenverordnung verankert

Konkret ist der Arbeitsschutz im Arbeitsschutzgesetz und in der Arbeitsstättenverordnung verankert. Daneben gibt es weitere verbindliche Vorschriften. So enthält ein Regelwerk der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) die Unfallverhütungsvorschriften und Grundsätze der gewerblichen Berufsgenossenschaften und der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand. Hinzu kommen zahlreiche Spezialgesetze und Verordnungen für Einzelbranchen, darunter das Arbeitssicherheits- und das Arbeitszeitgesetz, die Betriebssicherheits- und die Bildschirmarbeitsplatzverordnung, das Jugendarbeitsschutzgesetz, die Unfallverhütungsvorschriften oder die Gefahrstoffverordnung.

Die Bundesländer regeln den staatlichen Arbeitsschutz unterschiedlich. Nähere Informationen gibt es bei den Gewerbeaufsichtsämtern oder den Ämtern für Arbeitsschutz. Diese Behörden können auch unangemeldet in Unternehmen auftauchen, um den Status zu überprüfen.

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Risiko-Ranking: Die gefährlichsten Berufe

Foto: A3833 Bodo Marks/ dpa

Damit sie die Arbeit sicher gestalten, müssen Unternehmen alle notwendigen Maßnahmen treffen: Gefahren einschätzen, die nötigen Mittel und Informationen bereitstellen, Mitarbeiter und Führungskräfte schulen. Denn Arbeitgeber können diese Pflichten an ihre Führungsmannschaft delegieren.

Ignorieren Mitarbeiter Arbeitsschutzvorschriften, können Arbeitgeber sie abmahnen oder gar verhaltensbedingt kündigen, je nach Häufigkeit und Schwere. Verstößt ein Arbeitgeber dagegen oder verlangt Tätigkeiten, die die Sicherheit vernachlässigen, können Mitarbeiter ihre Arbeitsleistung verweigern. Wenn es einen Betriebsrat gibt, sollte er dann eingeschaltet werden, denn der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht und kann entsprechend eingreifen.

Wichtige Urteile und ihre Folgen

Ein Maschinenführer reinigte mit einem Kollegen eine Presse. Als er anschließend wie immer die Maschine per Hand startete, geriet die Hand seines Kollegen in ein Maschinenteil; die Kuppe des kleinen Fingers wurde abgetrennt. Daraufhin erhielt der Maschinenführer die fristlose Kündigung, weil er die Maschine nicht ordnungsgemäß gestartet hatte.

Die Nichtbeachtung der Sicherheitsvorschriften wertete das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein als eine Pflichtverletzung, die den Arbeitgeber grundsätzlich zur fristlosen Kündigung berechtige, sogar ohne vorab eine Abmahnung auszusprechen. Im konkreten Fall allerdings hatte das Unternehmen laut Gericht die Sicherheitsvorschriften im Umgang mit der Maschine nicht eindeutig festgelegt. Und auch dass der Arbeitgeber diese Reinigungspraxis des Mitarbeiters zuvor immer geduldet hatte, sprach gegen die fristlose Kündigung und für eine Abmahnung (Urteil vom 14. August 2007, Aktenzeichen 5 Sa 150/07 ).

Arbeitsrechtdatenbank: Von Abmahnung bis Zeugnis

Welche Folgen es haben kann, wenn Arbeitgeber den Arbeitsschutz auf die leichte Schulter nehmen, zeigt ein tödlicher Unfall bei einem Glasunternehmen im Emsland. Dort wurde 2010 ein 19-jähriger Azubi von einem computergesteuerten Glasschleifautomaten, an dem er ohne Aufsicht arbeitete, erfasst und zerquetscht. Er starb am Tag darauf an schweren Kopfverletzungen. Nach Überzeugung des Landgerichts Osnabrück war der Arbeitgeber dafür verantwortlich, dass aus der Maschine bereits Jahre zuvor aus Kostengründen die vorgesehene Lichtschranke ausgebaut worden war - was den Unfall verhindert hätte.

Die beiden Firmenchefs wurden wegen fahrlässiger Tötung zu je sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt, außerdem zu Geldauflagen von je 100.000 Euro. Geldstrafen erhielten ein Geschäftsführer, der Instandhaltungsleiter sowie ein Gewerbeaufsichtsbeamter. Er hatte laut Gericht falsche Angaben gemacht, um die wahre Unfallursache zu vertuschen, und damit "seine Dienstausübung quasi pervertiert" (Urteil vom 2013, Aktenzeichen 10 KLs 16/13 ).

Das rät Tobias Werner, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Um Fehler zu vermeiden, sollten sich Mitarbeiter vor Arbeitsbeginn umfassend erkundigen, welche Gefahren am Arbeitsplatz drohen können und welche Sicherheitsmaßnahmen zu beachten sind. Wer Sicherheitsmängel feststellt, sollte das umgehend dem Arbeitgeber mitteilen - und ebenso dem Betriebsrat, falls im Unternehmen vorhanden.

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