Überwachung im Job US-Arbeiter dürfen nur sechs Minuten aufs Klo

Bloß nicht trödeln: Eine US-Firma protokolliert, wie lange Mitarbeiter auf der Toilette bleiben
Foto: CorbisWenn die Klotür aufgeht, läuft die Zeit. Sechs Minuten pro Tag sind gestattet, wer länger braucht, wird abgemahnt. So ist die Regelung bei dem amerikanischen Wasserhahnhersteller Water Saver. Dort müssen sich nun 19 Mitarbeiter wegen "exzessiver Toilettennutzung" rechtfertigen.
In der Fabrik in Chicago können die Toiletten nur noch mit einer persönlichen Zugangskarte betreten werden - so wird gleichzeitig die Zeit gestoppt. Man habe gar keine andere Wahl, sagte Firmenchef Steve Kersten dem US-Fernsehsender CNN . Allein im Mai seien 120 Produktionsstunden verloren gegangen, weil die Arbeiter so viel Zeit auf dem Klo vertrödelt hätten.
In der Fabrik sind Handys verboten und der Firmenchef vermutet, seine Mitarbeiter nutzten die Zeit auf der Toilette zum Telefonieren und SMS-Schreiben. Ein Arbeiter habe die Toilette sechsmal am Tag aufgesucht und einmal sogar zwei Minuten vor seiner offiziellen Pause, so der Firmenchef.

Arbeitsrecht: Was Ihr Chef darf - und was nicht
Seine neue Strategie zur Steigerung der Produktivität: strafen und belohnen. 60 Minuten darf jeder Arbeiter innerhalb von zehn Tagen auf der Toilette verbringen. Wer nur einmal am Tag in der Mittagspause pinkeln geht, bekommt pro Tag einen Dollar gutgeschrieben - und ab 20 Dollar einen Geschenkgutschein ausgestellt.
Die Gewerkschaft läuft gegen die Regelung Sturm und organisierte eine Demonstration vor dem Firmensitz. Allein die Zeit aufzuschreiben, die jeder Mitarbeiter auf der Toilette verbringe, verletze die Privatsphäre. Zudem seien einzelne Kollegen vor die Personalabteilung zitiert worden, um zu erklären, warum sie so lange auf der Toilette brauchten.
"Der Körper kann nicht immer auf Knopfdruck funktionieren", so Gewerkschaftsmann Nick Kreitmann. Zudem zahle die Firma ihren Mitarbeitern kein Geld, wenn sich diese krank meldeten. Das habe zur Folge, dass viele auch krank zur Arbeit kämen - und dann häufiger auf Toilette müssten.
Auch in Deutschland darf überwacht werden
"Es ist denkbar, dass auch deutsche Arbeitgeber mal auf diese Idee kommen", sagt die Kölner Arbeitsrechtlerin Sonja Riedemann von der Kanzlei Osborne Clark. Aber die Arbeitnehmer zu zwingen, sich für jeden Toilettengang auszustempeln, sei unzulässig, denn "natürlich darf man während der Arbeitszeit auf die Toilette gehen".
Allerdings gebe es Grenzen, so Riedemann, man sei schließlich verpflichtet, auf seine vertragliche Stundenanzahl zu kommen. Den Vorwurf, den der Firmenchef aus Chicago seinen Angestellten machte, während der Pinkelpause heimlich zu surfen, kann die Arbeitsrechtsanwältin nachvollziehen: "Ich darf nur so lange wegbleiben, wie ich muss. Es gibt keinen Freibrief, den Toilettengang auszunutzen - Arbeitsverweigerung ist nicht erlaubt."
Bei dem Verdacht auf Missbrauch sei eine Firma berechtigt zu überwachen, ob der Arbeitnehmer seinen Dienst erfülle - das sei vergleichbar mit sporadischen Taschenkontrollen.
Unzulässig hingegen sei, pauschal alle Angestellten zu kontrollieren, wie im Fall der US-Firma: "Eine systematische Bespitzelung greift die Persönlichkeitsrechte an", stellt Riedemann klar.
In Deutschland machte vor vier Jahren ein ähnlicher Fall wie nun in Chicago Schlagzeilen: Ausgerechnet der Chef einer Anwaltskanzlei hatte protokollieren lassen, wie lange einer seiner Mitarbeiter auf der Toilette verbracht hatte und kürzte dessen Gehalt. Der Arbeitnehmer klagte und bekam recht.
Übrigens - gefragt, ob er denn auch protokollieren müsse, wann er seinen Geschäften nachgehe, sagte der Chicagoer Firmenchef: Nö.