Pflicht vor Gericht Anwälte müssen Robe tragen

Anwalt in vollem Ornat: Nur echt mit Robe?
Foto: Oliver Berg/ dpa
"Wir ordnen und befehlen hiermit allen Ernstes, dass die Advocati wollene schwarze Mäntel, welche bis unter das Knie gehen, unserer Verordnung gemäß zu tragen haben, damit man die Spitzbuben schon von weitem erkennt."
(Anweisung von König Friedrich Wilhelm I. im Jahr 1726 - um stets zu wissen, mit wem er es zu tun hat)
Die deutsche Juristenzunft ist traditionsverhaftet und neigt zu skurrilen Prozessen, zumal wenn sie in eigener Sache streitet. Kann es Rechtsprechung ohne Robe überhaupt geben? Einem Augsburger Richter war es sehr wichtig, dass Anwälte in seinem Gerichtssaal standesgemäß gekleidet sind. So wichtig, dass er eine Verhandlung kurzerhand platzen ließ.
Es geschah im November 2014: Norman Synek, Anwalt aus München, erschien zum Zivilprozess vor dem Augsburger Amtsgericht ohne Robe. Der Richter weigerte sich, die Verhandlung zu eröffnen, schickte die Beteiligten nach Hause und setzte einen neuen Termin an. Daraufhin klagte Synek gegen die Maßregelung und verlangte Schadenersatz. Er machte Fahrtkosten von 20 Euro geltend, vor allem aber Verdienstausfall für drei Stunden - insgesamt 770,50 Euro nebst Zinsen.
Damit konnte sich Synek nicht durchsetzen. Das Landgericht Augsburg wies am Dienstag seine Klage gegen den Freistaat Bayern ab. Begründung: Es entspreche dem Gewohnheitsrecht, dass vor den Gerichten auch Anwälte eine Robe tragen müssten. Daran habe sich bis heute nichts geändert.
Zu Amtsgerichten nehme er in Zivilsachen nie eine Robe mit, hatte Synek zum Prozessauftakt Anfang Juni gesagt: "Noch nie hat ein Richter ein Wort darüber verloren, dass ich keine Robe dabei hatte - geschweige denn einen Prozess abgebrochen." Auch in Augsburg sei dies zuvor noch nicht moniert worden.
Für dich soll's schwarze Roben regnen
Dagegen hatte Bernt Münzenberg, Präsident des Amtsgerichts, betont, dass die Amtstracht in Augsburg durchaus üblich sei und es dafür gute Gründe gebe: "Durch die Amtstracht werden Richter und Rechtsanwälte als unabhängige Organe der Rechtspflege kenntlich gemacht, was auch die Rechts- und Wahrheitsfindung fördert." Man sehe ein "erhebliches Interesse der Allgemeinheit", dass Gerichtstermine "in guter Ordnung und angemessener Form" stattfinden: "Die Person tritt hinter dem Dienst an Gesetz und Recht zurück."
Als Standestracht von Richtern, Staats- und Rechtsanwälten in deutschen Gerichtssälen sind Roben in der bundeseinheitlichen Berufsordnung festgelegt: "Der Rechtsanwalt trägt vor Gericht als Berufstracht die Robe, soweit das üblich ist", heißt es in Paragraf 20. Einschränkend folgt dann allerdings: "Eine Berufspflicht zum Erscheinen in Robe besteht beim Amtsgericht in Zivilsachen nicht."
Unter den Juristen wird die Kleiderordnung unterschiedlich gesehen und interpretiert. Mitunter gibt es in den einzelnen Bundesländern abweichende Vorschriften auch dazu, was unter der Robe zu tragen ist.
Unter Juristen streitet man dann schnell ums Prinzip. Auch Synek ging es um mehr: "Ich bin an Geld nicht interessiert", sagte er. Dennoch war eine gütliche Einigung vor dem Landgericht gescheitert, beide Seiten hatten einen Vorschlag des Richters abgelehnt. Darum hatte nun das Gericht zu entscheiden: gegen den aufsässigen Anwalt.
"Ich bin kein Roben-Rebell"
Synek beschreibt sich nicht als grundsätzlichen Gegner der Amtstracht: "Ich bin kein Roben-Rebell. Ich trage sie dann, wenn ich muss - zum Beispiel vor dem Landgericht", sagte er. "Wenn ich aber nicht muss, bin ich froh, wenn ich ein Gepäckstück weniger mit mir herumtragen muss."
Synek hatte schon geahnt, "dass es in Augsburg schwierig wird, weil sich der Fall dort abgespielt hat". Er kündigte am Dienstag gleich an, gegen das Urteil in Berufung zu gehen. Fortsetzung folgt.
Dass die anwaltliche Kleiderordnung zum Prozess führt, ist kein Einzelfall. So entschied das Oberlandesgericht München (OLG) im Jahr 2006, dass Anwälte bei Prozessen unter ihrer Robe Oberhemd und Krawatte tragen müssen. Ein Landgericht hatte zuvor einen Verteidiger ausgeschlossen, der unter seiner Robe nur ein T-Shirt trug. Die OLG-Richter stützten sich auf eine Bekanntmachung des bayerischen Justizministeriums aus dem Jahre 1956.

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