
Innenarchitektin in Malaysia Ein Schwimmbad für mich allein
"Malaysier haben eine eher lockere Einstellung zur Arbeit. Wenn meine Kollegen morgens ins Büro kommen, frühstücken sie erst mal eine halbe Stunde lang zusammen. Ich hätte da ein schlechtes Gewissen, schließlich hat der Arbeitstag schon begonnen. In dieser Hinsicht bin ich wohl typisch deutsch.
Ich arbeite als Junior Designerin in einem deutsch-englischen Innenarchitekturbüro in Kuala Lumpur. Vor drei Jahren habe ich dort ein Praktikum gemacht. Meine Chefs sagten, dass ich mich melden sollte, sobald ich mit dem Studium fertig bin. Das habe ich getan.
Zusammen mit einem Kollegen gestalte ich gerade ein Vier-Sterne-Hotel. Wir erstellen die Grundrisse und Innenraumkonzepte für die 300 Zimmer, die Lobby, die Restaurants und den Pool. Ich wähle Materialien aus und entwerfe die Möbel: Welche Farben und welches Lichtkonzept passen? Wie groß sollen die Restaurants und das Pool-Deck sein? Und wie teuer wird das Ganze? Es ist eine umfangreiche Aufgabe, die ich in Deutschland als Anfängerin sicherlich nicht hätte übernehmen dürfen.

Überstunden sind die Ausnahme. Wenn ich am Wochenende arbeite oder abends länger bleibe, sind meine Kollegen häufig überrascht. Dabei bekommt man für jeden zusätzlichen Arbeitstag einen Tag in der Woche frei. Von Freunden in Deutschland weiß ich, dass das bei ihnen häufig nicht der Fall ist.
Strenge Deadlines gibt es hier selten. Das hat aber auch zur Folge, dass es mit unserem Hotel langsamer vorangeht als geplant. Ich bin regelmäßig auf der Baustelle. Schon an Weihnachten sollten dort zwei Beispielzimmer fertig sein, damit unser Kunde sehen kann, wie wir uns das Design vorstellen. Bis heute sind sie nicht fertig. Ich habe mich einigermaßen daran gewöhnt, aber es kann schon nervig sein, wenn Termine nicht eingehalten werden.
Mehr als einmal habe ich im Büro vergeblich auf einen Subunternehmer gewartet, um über Möbel, Stoffe oder Bodenbeläge zu verhandeln. Auf Nachfrage hieß es dann: 'Heute schaffe ich es nicht mehr, vielleicht komme ich morgen.' Die Malaysier sehen das einfach nicht so eng. Es kam auch schon vor, dass wir in einer Präsentation vor dem potentiellen Kunden standen und eine Idee nicht zeigen konnten, weil zum Beispiel der Stoff nicht geliefert worden war.
Du bist weiß, also hast du Geld
Auf unserer Baustelle arbeiten viele Frauen, meistens aus Burma oder Libyen. Ich weiß, dass die Bauarbeiter es anfangs seltsam fanden, dass ich die alleinige Ansprechpartnerin für alle Interior-Design-Fragen bin, aber insgesamt ist der Umgang zwischen Männern und Frauen in Malaysia sehr respektvoll.
Obwohl Kuala Lumpur mittlerweile eine bekannte Touristenstadt ist und hier viele Ausländer leben, fällt man als Europäerin noch auf. Es kam schon ein paar Mal vor, dass ich in einem Park saß und sich plötzlich Malaysier neben mich stellten und ein Foto machten - ohne ein Wort zu sagen. Außerdem versuchen die Einheimischen immer wieder, mich abzuzocken. 'Du bist weiß, also hast du Geld', denken leider viele.
Ich fahre jeden Tag mit dem Taxi zur Arbeit und kenne den Weg ganz genau. 2,50 Euro kostet eine Strecke. Trotzdem versuchen die Taxifahrer regelmäßig, einen höheren Preis rauszuschlagen. Fast täglich gibt es Diskussionen, manchmal steige ich auch wieder aus und suche mir einen anderen Fahrer.
Leider kenne ich auf Malaysisch nur wenige Wörter wie 'Hallo', 'Tschüs' und 'Sei ruhig'. Ein paar Wochen lang hat mir eine Kollegin jeden Tag ein englisches Wort übersetzt und ich habe ihr Deutsch beigebracht. Einen Sprachkurs zu machen, lohnt sich aber nicht wirklich. Fast alle hier sprechen Englisch, außerdem habe ich nur einen Vertrag für zwei Jahre, und ein Jahr ist schon vorbei. Meine Chefin würde sich freuen, wenn ich verlängern würde, aber ich habe schon neue Pläne. Australien würde mir gefallen.
Lieber Shoppingmall als Swimmingpool
Sich mit Einheimischen anzufreunden, ist schwierig in Kuala Lumpur. Auf Partys oder in Clubs trifft man selten Malaysier, die meisten sind Moslems und trinken keinen Alkohol. Und meine Kollegen unternehmen am Wochenende meistens etwas mit ihren Familien. Ich selbst bin viel mit anderen Expats unterwegs.
Am Wochenende fahren wir häufig ans Meer, mit dem Bus kostet das nur etwa zwölf Euro. Eine Freundin von mir hat kein Visum, darum machen wir alle drei Monate einen kleinen Ausflug, zum Beispiel nach Singapur, damit sie einen neuen Stempel in ihren Pass bekommt. Ein Essen mit Getränk bekommt man schon für zwei, drei Euro. Aber ich merke, dass Kuala Lumpur teurer wird, das sagen auch die Einheimischen.
Kalt wird es hier nie. Das ganze Jahr über sind es rund 30 Grad Celsius. Manchmal lege ich mich nach der Arbeit an den Pool meiner Wohnanlage. Dort bin ich oft ganz alleine. Die Malaysier halten sich nicht gerne draußen auf, sie verbringen ihre Freizeit lieber in einer der vielen Shoppingmalls. Sie möchten auch nicht braun werden. Cremes, die die Haut blasser machen, gibt es hier an jeder Ecke."