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Von Beruf Profianglerin: Das Girlie und die dicken Fische

Foto: Barbara Kijewski

Profianglerin und Postergirl Beiß an, du dicker Fisch!

Blondine auf der Jagd: Mit Fotos, die Angler in Wallung bringen, will Babs Kijewski wohlhabend werden. Fachzeitschriften reißen sich um ihre Bilder, einen Sponsorenvertrag hat sie auch schon unterschrieben, nun ist eine TV-Show geplant.

Barbara Kijewski steht unter Druck. Noch in dieser Woche muss bei ihr ein Hecht haken. Möglichst riesig, möglichst schwer, am besten ein Monster über 1,15 Meter, das wäre neuer persönlicher Rekord. Am Montag hat sie es auf dem Biggesee im Sauerland probiert, eigentlich ein Top-Revier für die schlanken Raubfische.

Aber auch nach Stunden auf dem See wollte nicht mal das kleinste Flossenviech beißen - von einem kapitalen Meterhecht ganz zu schweigen. "Eine Laune der Natur, so etwas erlebe ich selten. Das kann ich nicht auf mir sitzen lassen", sagt sie verärgert. Jeder Hobbyangler hätte einen Tag ohne Fang wohl einfach abgehakt. Für Kijewski ist das ein mittleres Drama, Angeln ist ihr Beruf. Barbara "Babs" Kijewski ist Profianglerin, ihr Geld verdient sie seit einiger Zeit nur noch mit dem Fischfang.

Artikel über ihre Angeltrips verkauft sie mit Fotos von sich und ihren Trophäen an internationale Angelzeitschriften: Blondine neben Fisch, gerne auch im Bikini und mit Kussmund. So hat sie sich in der Szene einen Namen gemacht und letztes Jahr einen Sponsorvertrag mit einem großen Angelausrüster an Land gezogen. Spitzenruten kosten bis zu 600 Euro, sie besitzt knapp 50 Stück.

Auf ihrer Facebook-Seite und ihrer Homepage  versorgt sie mehr als 20.000 Fans mit neuen Fotos. Geld bringt ihr das noch nicht, doch amerikanische Angelstars zeigen, wie das geht: Sie verkaufen T-Shirts mit ihren Logos, Angel-DVDs, eigene Ruten und Köder, im Fernsehen laufen ihre Angelshows. Die Amerikanerin Sondra Rankin ist so etwas wie die Pamela Anderson der Szene, sie setzt auf ein ähnliches Konzept wie Kijewski - mit offenherzigen Fotos von sich und ihren Fängen. Inzwischen hat sie sogar ein Country-Album aufgenommen.

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Politiker beim Angeln: Und danke für den Fisch

Foto: A. TOHIR/ ASSOCIATED PRESS

Auch Kijewski wurde schon von US-Sponsoren angesprochen, sagt sie. Deshalb blickt sie sehnsüchtig über den großen Teich: "Die Ausrüster unterstützen die Profis nicht nur mit Material - auch mit Geld." Doch auch in Deutschland läuft es nicht schlecht: Demnächst soll es einen "Babs-Kijewski-Wobbler" geben, ein Buch, eine DVD und eine App für Smartphones. Und ein Privatsender will eine eigene Angelshow für sie produzieren, das Konzept sei schon geschrieben.

Wie alt sie ist, will Kijewski nicht verraten. Nur so viel: Seit 16 Jahren geht sie regelmäßig auf Fischpirsch. Damals nahm sie ihr erster Freund mit an den See. Sie war sofort begeistert, absolvierte bald die Prüfung zum Fischereischein, im Volksmund als Angelschein bekannt. Die Leidenschaft zum Freund erlosch irgendwann, die zum Angeln wurde größer und größer.

Vor zwei Jahren zog Kijewski von Berlin nach Köln und machte dort ihr Abitur nach. Ihren erlernten Beruf als Bauzeichnerin hatte sie aufgegeben. Als sie auf einen Studienplatz wartete, hatte sie endlich wieder Zeit zum Angeln. Die Fotos und Filme, die dabei entstanden, verbreiteten sich in der überwiegend männlichen Angelszene rasend schnell. Schon bald flatterten die ersten Heiratsanträge von schwer verliebten Anglern ins Haus. Die Fans hofften vergeblich: Kijewski ist liiert, natürlich mit einem Angler. Kennengelernt haben sich die beiden in einem Fischforum im Internet.

Laut dem Institut für Demoskopie in Allensbach angeln etwa eine Million Deutsche regelmäßig, über 3,7 Millionen gelegentlich. Der Kochtopf-Angler mit Wampe und Schlapphut, der den ganzen Tag neben der Rute in seinem Klappstuhl döst, ist immer seltener dabei. Spezielle Köder locken Fische per Schallwellen, mobile Echolotgeräte orten sie, die Ruten sind aus federleichten Kunstfasern. Da kommen junge, gutaussehende Stars wie Kijewski der Angelindustrie gerade recht.

Ein halbe Million Dollar für den größten Fang

Sie jagt vor allem Raubfische, per Spinnangeln. Dabei wird ein Köder ausgeworfen, der einem Beutefisch ähnlich sieht. "Die Kunst liegt darin, die Bewegungen des Wobblers durch die Führung der Rute beim Einholen natürlich aussehen zu lassen", erklärt Kijewski. Beim Angeln ist sie immer in Bewegung. "Sonst wäre das nichts für mich. Dafür kann ich nicht lange genug still sitzen".

Angellegenden wie Kevin VanDam oder der Kanadier Dave Mercer haben sich schon Millionen Dollar erfischt. Bei Wettbewerben treten sie in bunten Trikots an, die mit Sponsorenlogos gepflastert sind. Der Sieger der Bassmaster Classic, dem wichtigsten Angelwettbewerb der USA, erhält eine halbe Million Dollar. VanDam, den Kijewski neulich für ein deutsches Angelmagazin interviewte, konnte den Bassmaster-Wettbewerb bereits viermal für sich entscheiden.

An eine ähnliche Entwicklung der deutschen Angelszene glaubt Kijewski nicht. Hierzulande ist Wettangeln per Gesetz verboten. Zudem kritisieren Umweltschützer das "Catch and Release", bei dem die Fische nach dem Fangen wieder freigelassen werden. Über das Thema spricht Kijewski nicht gerne: "Eine ewige Debatte. Aber wenn ich das Gefühl hätte, dass die Tiere Schmerzen hätten, würde ich nicht angeln."

Ganz reibungslos verlief aber auch ihre Angelkarriere nicht: "Zuerst hielten mich viele für ein Marketingprodukt, das nur die Fische fürs Foto hält und selbst nichts fängt." Inzwischen habe sich das geändert, sie werde auch häufig von Männern um Angeltipps gebeten. "Für einige Angler ist es aber immer noch schwer zu verstehen, dass ich größere Fische fange als sie."

Das nutzt sie geschickt für Eigen-PR. "Es gibt kein hübsches Mädchen, das in der Angelszene so präsent ist", sagt sie selbstbewusst. Ende letzten Jahres war sie in der Show von Stefan Raab zu Gast und präsentierte dort ihre Bikinifotos: "Warum sollte ich meine Reize verstecken?"

Jörg Römer (Jahrgang 1974) ist freier Journalist in Hamburg. Er schreibt über Gesundheitsthemen, Sport und ist KarriereSPIEGEL-Autor.

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