
Männlicher Bauchtänzer: "Links kick, rechts hoch, auf links einrasten"
Männlicher Bauchtänzer Schüttel deinen Speck
Kinder finden mitunter merkwürdige Dinge im Schlafzimmer der Eltern. Bei Zadiel Sasmaz, Sohn türkischer Einwanderer aus Berlin-Reinickendorf, war es eine Videokassette. Er steckte sie in den Recorder - und sah Bauchtanz. Nackte Haut, bunte Stoffe, fröhliche Musik. Er begann sofort zu üben.
Begeistert waren seine Eltern nicht. Doch Sasmaz ließ nicht beirren. "An der türkischen Riviera treten abends oft männliche Bauchtänzer auf", sagt er. Er trainierte heimlich in seinem Zimmer, nahm Unterricht bei einem Bauchtänzer aus Kolumbien, tanzte auf türkischen Hochzeiten und Berliner Partys - und irgendwann kam das erste Jobangebot: Er sollte in einer Bar auftreten. Da war Sasmaz 23 Jahre alt und "ganz doll aufgeregt". Der Auftritt wurde ein Erfolg.
"Eigentlich wollte ich nach dem Fachabitur studieren, aber dann habe ich gemerkt, dass ich mit meinem Hobby Geld verdienen kann", so Sasmaz. Schon bei seiner Lehre zum Bürokaufmann hatte er sich anhören müssen, er sei "zu bunt für die Ausbildung" - warum sollte er sich also weiter verbiegen?
Er bastelte sich eine eigene Webseite, ließ Flyer drucken, tanzte für deutsche Junggesellinnen und türkische Restaurantbesucher; manche steckten ihm nach dem Auftritt Scheine ins Kostüm. Und er stellte Videos seiner Auftritte ins Internet. Das brachte den Durchbruch.

Job als Eintänzer: Just a Gigolo?
"In Restaurants trete ich jetzt nicht mehr auf", sagt Sasmaz. 500 Euro verlangt er für einen Auftritt in Berlin, außerhalb der Stadt mehr, plus Reisekosten und Übernachtung. Und ohne Bühne, Sound- und Lichttechnik und eigene Umkleidekabine ist er gar nicht mehr zu haben: "Der Rahmen muss stimmen." Dann lässt er sich auch noch mal zum Tanz auf einer Geburtstagsparty überreden.
Dreimal pro Woche gibt Sasmaz Bauchtanzunterricht in einem Tanzstudio in Berlin-Moabit. 90 Prozent seiner Schüler sind Frauen, zehn Prozent Männer, "die wollen das dann meist beruflich machen". Auch bei den Frauen sind Tänzerinnen dabei, die mit dem Bauchtanz ihr Repertoire erweitern wollen. Aber die meisten tanzen aus Spaß - oder für die Figur. "Man kann beim Bauchtanz gar nicht dick werden", sagt Sasmaz. Er mag es sportlich, in seinen Kursen wird geschwitzt. "Er hebt Bauchtanz auf das Level von Ballett", schrieb vor drei Jahren ein Reisereporter der "New York Times".
"Ich bin ein Hingucker, aber kein Aufreger"
In blauer Turnhose und engem weißen T-Shirt, die Haare gestylt, die Augenbrauen gezupft, führt Sasmaz "Shimmys" vor, so heißen die typischen Zitterbewegungen. Seinen Schülerinnen gibt er Kommandos dazu: "Links kick, rechts hoch und auf links einrasten."
50 Euro kostet ein Bauchtanzkurs im Monat, ohne Vertrag gibt es eine Fünfer-Karte für 70 Euro. Mittlerweile wird Sasmaz auch für Workshops in anderen Ländern gebucht, im Oktober ist er in Japan und Frankreich, im November in Spanien und Italien. Vom Bauchtanz kann er gut leben.
Der Start in die Selbständigkeit sei allerdings nicht ganz einfach gewesen: "Am Anfang musste ich mir auch mal blöde Sprüche anhören." Seit Menschen wie Lady Gaga oder Harald Glööckler es regelmäßig in die Schlagzeilen schaffen, sei aber auch für ihn vieles einfacher geworden: "Exotisch sein ist in. Je ausgefallener du bist, desto mehr Leute wollen dich sehen." Ausgebuht worden sei er ohnehin noch nie: "In Berlin bin ich ein Hingucker, aber kein Aufreger."