Erfolgreiche Klage Behinderter Lehrer kann Beamter werden

Trotz Behinderung ist eine Verbeamtung oft möglich
Foto: Holger Hollemann/ picture alliance / dpaIst ein bisschen behindert besser als schwer behindert? Im normalen Leben vielleicht, bei der Ernennung zum Beamten auf keinen Fall. Deshalb forderte ein angestellter Lehrer mit Teilbehinderung, wie ein Schwerbehinderter behandelt zu werden. Nur so gelten bei der Beamtenprüfung großzügigere Richtlinien - und nur so könne er diese Prüfung bestehen.
Nun entschied das Hessische Landessozialgericht zu seinen Gunsten. Was für ihn zählt und zugleich alle anderen Beamten-Anwärter mit Behinderungen aufhorchen lassen dürfte: Auch bei einer prognostizierten Dienstfähigkeit von lediglich fünf Jahren kann ein behinderter Bewerber in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übernommen werden.
Der Fall zeigt, wie schwierig Gleichstellung sein kann. Bei einem an Multipler Sklerose erkrankten Lehrer war ein Grad der Behinderung von 30 (auf einer Skala von 0 bis 100) festgestellt worden. Als Studienrat war der hessische Berufsschullehrer im Rahmen eines Beamtenverhältnisses auf Probe beschäftigt - für die Maximalzeit von fünf Jahren.
In der Regel müssen sich die Beamten in spe anschließend der sogenannten Beamtenprüfung unterziehen, bevor sie endgültig in den Staatsdienst übernommen werden. Hier testet das Gesundheitsamt die Bewerber auf Herz und Nieren, um vorzeitige Berufsunfähigkeit bei Lebenszeit-Beamten auszuschließen.
Denn wenn ein Beamter später krankheitsbedingt ausfällt, muss der Staat ihm lebenslang seine Bezüge weiter bezahlen. Also wird aussortiert. Wer zu alt, krank, zu dick oder anderweitig gesundheitlich gefährdet ist, wird nur angestellt. Und die Liste der Beamten-Vorteile ist lang, etwa beim Nettolohn, bei Altersbezügen, Zulagen und Stellensicherheit.
Gesundheitsprognose nur für die nächsten fünf Jahre
Entsprechend zum Nachteil geriet dem Kläger die Multiple Sklerose, eine bislang nicht heilbare und in der Regel fortschreitende Krankheit: Weil eine vorzeitige Dienstunfähigkeit ziemlich wahrscheinlich ist, wurde er nicht ins Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übernommen. Stattdessen erhielt er einen unbefristeten Angestelltenvertrag.
Der Lehrer beantragte die Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen. Als schwerbehindert gilt, wessen Grad der Behinderung mindestens 50 beträgt. Bei diesen Beamten muss die vom Gesundheitsamt prognostizierte Dienstfähigkeit nicht bis zum Rentenalter gelten, sondern lediglich für die kommenden fünf Jahre. Diese Prognose würde für den klagenden Lehrer positiv ausfallen, somit könnte er Beamter auf Lebenszeit werden.
Die zuständige Bundesagentur für Arbeit lehnte den Antrag ab. Begründung: Durch seine unbefristete Festanstellung habe der Lehrer einen "angemessenen und geeigneten Arbeitsplatz inne, der nicht gefährdet sei". Es besteht also kein Risiko, dass er aufgrund seiner Teilbehinderung arbeitslos würde.
Dagegen klagte der Lehrer und bekam schon in erster Instanz beim Sozialgericht Kassel recht, nun auch im Berufungsverfahren beim Hessischen Landessozialgericht. Hinsichtlich des geeigneten Arbeitsplatzes sei die Tätigkeit als Lehrer im Beamtenverhältnis ausschlaggebend, entschieden die Darmstädter Richter. Wenn eine mindestens fünfjährige Dienstfähigkeit prognostiziert werde, könne man davon ausgehen, dass die körperliche Eignung gegeben sei (Aktenzeichen L 6 AL 116/12).