Berufsstart unter Volldampf Die Turbokarrieristen

Turbokarrieristen: Vorwärts immer, rückwärts nimmer
In Anzug und Krawatte steigt Michael Yohannes, 31, jeden Morgen in den ICE von Köln nach Frankfurt am Main, Abfahrt 6.19 Uhr, an guten Tagen um 7.20 Uhr. Während der Zug mit 300 Stundenkilometern durchs Land braust, kümmert sich Yohannes schon mal um die dringendsten Folien für seinen Job im Hochschulmarketing einer großen Bank, schreibt Bewerbungen für den MBA oder für Jungmanager-Wettbewerbe.
Bereits als Betriebswirtschaftler an der Kölner Uni hat Yohannes mehr gemacht als andere. Statt einfach nur sein Fach zu lernen, kämpfte er sich noch durch ein Wochenendstudium: Wenn die Kommilitonen am Freitagabend Party machten, paukte er Grundlagen der Werbung: "Ich habe gedacht, da könnte ich mich mit Praxiswissen von anderen differenzieren."
Ein, zwei Praktika reichten ihm nicht, es wurden fünf zwischen München und Manhattan. Dazu zwei Auslandssemester und eine Summer School. Und nach jeder Station die Frage: Was kommt als Nächstes?
Der Onkel, ebenfalls Betriebswirt, findet ihn zu ehrgeizig. Der Vater, ein Musikwissenschaftler, sagt: Achte auf dich. Doch ihm schlafen bei behäbigem Tempo die Füße ein. Yohannes, der gern lacht und Freunde trifft, spricht angesichts des dichtgedrängten Lebenslaufs selbst von einem "Hamsterrad". Das meint er aber nicht negativ.
Aufgeben? Niemals!
Es sind der unbedingte Wille und eine grenzenlose Leistungsbereitschaft, die Leute wie Yohannes auszeichnen. Überflieger wäre das falsche Wort. Turbokarrieristen sind auch nicht zwingend Superhirne oder Streber mit Bestnoten. Dafür zeigen sie im Wettbewerb den sportlichsten Ehrgeiz. Sie beißen sich durch. Immer weiter. Immer mehr. Aufgeben? Niemals.
Auch Markus Beck, 27, hat schon einige Absagen in seinem Leben kassiert. Fürs Auslandsstudium bewarb er sich bei drei Organisationen um Stipendien - und wurde überall abgelehnt. Spätestens da hätten die meisten aufgesteckt. Doch der Handballer mit den braunen Locken ließ sich nicht beirren. Er haute noch eine Bewerbung raus und hatte schließlich Erfolg.

Karriereverweigerer: Aufstieg? Ohne mich
Ein Preis für Nachwuchsführungskräfte katapultierte Beck aus dem Badischen in eine andere Umlaufbahn. Als "Goldman Sachs Global Leader" lernte er Leute kennen, die in Cambridge oder Harvard studieren und globale Karrierewege selbstverständlich finden. Auch beim Wettbewerb "CEO of the Future" schaffte er es ins Finale.
Von nun an war er dabei, sammelte Kontakte wie andere Leute Panini-Bildchen, suchte immer mehr "einmalige Herausforderungen" und "neue Chancen". Eben noch war er in Paris, dann arbeitete er in São Paulo und ein Jahr lang in Genf. Seit Januar handelt Markus Beck für seinen Arbeitgeber aus Hongkong Agrarprodukte im italienischen Ravenna.
"Drang nach Selbsterfüllung"
"Es muss immer weitergehen im Leben", sagt Michael Yohannes. Aber wohin? Ein atemloser Lebenslauf, im Stakkato von Station zu Station, klingt für Management-Beraterin Dorothee Echter "total orientierungslos". Sie sagt: "Wer sich anpasst und immer nur alles richtig machen will, wird im mittleren Management steckenbleiben."
Leistung zeigen, das können Zehntausende williger Möchtegern-Häuptlinge. Wer ganz nach oben wolle, brauche dazu noch "Antrieb und eine große Ambition, die andere bewegt", so Echter.
Was Yohannes antreibt? Er nennt es seinen "Drang nach Selbsterfüllung". Nie möchte er sagen müssen: Hätte ich das doch bloß gemacht damals! Wovon träumt er? Na klar, von noch mehr: Höher, weiter, besser. Ein paar Jahre will er im englischsprachigen Ausland leben und arbeiten.
Gerade hat er seine Bewerbungen abgeschickt für einen MBA in den USA, zwei Jahre Managementwissen pauken für 90.000 Dollar. Ohne Stipendium wird es ihn einige Mühe kosten, das Geld zusammenzubringen. Yohannes nennt das eine "lohnende Investition für die persönliche und berufliche Zukunft".
Dies ist ein Beitrag aus SPIEGEL JOB, darin gibt es noch viele andere schöne Geschichten - schauen Sie doch einmal hinein...