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Jobsharing Zwei Gehirne, vier Hände, eine Stelle

Von Montag bis Mittwoch ist die eine im Büro, den Rest der Woche der andere - so geht Jobsharing. Aber klappt das im Alltag und auch bei Führungsaufgaben? Unternehmen sind oft skeptisch. Clevere Stellenduos überzeugen Chefs, indem sie das flexible Arbeitszeitkonzept selbst zimmern.
Kopf an Kopf: Beim Jobsharing arbeiten zwei Mitarbeiter Teilzeit

Kopf an Kopf: Beim Jobsharing arbeiten zwei Mitarbeiter Teilzeit

Foto: TMN

Montags ist Sandra Rathmann dran. Die Projektleiterin bei Bosch sitzt im Büro, entwickelt Konzepte, leitet Workshops oder Meetings - Arbeitsalltag einer Führungskraft. Bis Mittwoch ist sie im Büro, donnerstags und freitags arbeitet sie vormittags im Homeoffice.

Verwaist ist ihr Arbeitsplatz dann trotzdem nicht, denn Jobsharing-Partnerin Susanne Klement ist ab Dienstag für den Chef und die Kollegen ansprechbar, an einem Tag auch von zu Hause. "Eine von uns ist immer da", sagt Rathmann. An einem Wochentag sind beide Frauen stets gemeinsam im Büro, um ihre Aufgaben zu koordinieren, der Rest der Absprachen läuft über Telefonate und E-Mail.

Jobsharing heißt das Modell für Teilzeitarbeit: ein Arbeitsplatz, mehrere Beschäftigte. Häufig sind sie dabei selbst für die Aufteilung der Arbeitszeit und der Inhalte verantwortlich. "Unser Chef sieht uns als Ganzes. Wenn er eine Aufgabe stellt, will er ein Ergebnis von uns - wie das zustande kommt und wer das macht, ist ihm egal", so Sandra Rathmann. Darüber stimmen sie und ihre Kollegin sich intern ab.

Jobsharing-Stellen werden selten ausgeschrieben

Seit Jahren wächst die Zahl solcher Arbeitsverhältnisse in deutschen Unternehmen. 2009 praktizierten schon mehr als 20 Prozent der Firmen Jobsharing, 2003 waren es erst neun Prozent, wie eine Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) ergab. Christiane Flüter-Hoffmann vom IW ist sich sicher, dass die Zahlen weiter gestiegen sind. "Es ist im Prinzip ja eine klassische Win-win-Situation", sagt sie. Gute Jobsharing-Teams seien of sehr produktiv.

Gründe für diese Art der Aufteilung gibt es genug: Vor allem Mitarbeiterinnen wünschen sich kürzere Arbeitszeiten, etwa um Familie und Beruf besser vereinbaren zu können. Möglich ist aber auch, einen Stellenumfang von über 100 Prozent auf zwei oder mehr Beschäftigte zu verteilen. Die gesetzlichen Grundlagen regelt das Teilzeit- und Befristungsgesetz unter Paragraf 13: "Arbeitgeber und Arbeitnehmer können vereinbaren, dass mehrere Arbeitnehmer sich die Arbeitszeit an einem Arbeitsplatz teilen." Einen Rechtsanspruch auf Jobsharing gibt es jedoch nicht.

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Foto: DAK / Schläger

Selten sind Jobsharing-Stellen ausgeschrieben. "Das passiert meist auf Initiative der Mitarbeiter", sagt Barbara Sarx-Lohse, Mitbegründerin von Flexperten, einem Jobportal für flexibles Arbeiten. Gerade kleinere Unternehmen sind skeptisch gegenüber der Arbeitsplatzteilung, oft befürchten sie Pannen in der internen Kommunikation, aber auch höhere Sozialabgaben.

Auch Sandra Rathmann und Susanne Klement mussten das Unternehmen erst überzeugen: "Mit einer Gehaltssimulation konnten wir zeigen, dass die Kosten für Gehalt und Sozialabgaben nur um rund zehn Prozent teurer sind als bei einer Vollzeitstelle", erzählt Rathmann. "Dafür ist unsere Stelle immer besetzt, egal ob mal eine krank oder im Urlaub ist."

Die Chemie muss stimmen

Ein gutes halbes Jahr haben die Bosch-Frauen ihr Arbeitszeitmodell geplant und überarbeitet, bevor sie damit im Konzern auf Stellensuche gingen. Sie lernten einander besser kennen, klärten Arbeitszeiten und Organisatorisches sowie Fragen wie: Wie lange soll diese Partnerschaft dauern? Mit welchen Gehaltsvorstellungen geht man in die Arbeitsvertragsverhandlung?

Auch die Arbeitsmarktexpertinnen warnen vor schnellen Entscheidungen beim Jobsharing: "Die Chemie zwischen den beiden Partnern muss stimmen, das ist das A und O", sagt Flüter-Hoffmann vom IW. Beide müssten offen und ehrlich miteinander umgehen und Kritik sowohl aussprechen als auch einstecken können.

Besonders wichtig bei Jobsharing-Modellen: die Vertretungsregelung. Was passiert, wenn einer der beiden Partner wegen Krankheit länger ausfällt? So sind Jobsharer laut Teilzeit- und Befristungsgesetz "zur Vertretung verpflichtet, wenn sie der Vertretung im Einzelfall zugestimmt haben". Solche Vereinbarungen sollten Jobsharer unbedingt prüfen, empfiehlt Flüter-Hoffmann. Fehlt eine entsprechende Klausel, müssen sie das nicht machen. Es sei denn, der Chef kann Überstunden anordnen. "Am besten geht man bei der Arbeitszeitvereinbarung nicht ganz ans Limit, so dass man die Möglichkeit hat, vorübergehend auch etwas mehr zu arbeiten."

Dieses Arbeitsmodell wird sich weiter ausbreiten, da sind sich die Fachfrauen sicher. Der besondere Reiz des Teilzeitmodells: "Es ist gerade für hochqualifizierte Jobs interessant", so Jobportal-Gründerin Sarx-Lohse. Denn mit der Aufteilung sind auch Führungspositionen, die eine Vollzeitstelle erfordern, mit reduzierter Arbeitszeit möglich. Allein wäre Bosch-Projektleiterin Rathmann an einer Führungsaufgabe gescheitert. Zusammen mit Klement übt sie jetzt trotz ihrer drei Kinder einen Beruf in leitender Position aus.

Claudia Holder, dpa/jol
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