Recruiting bei McKinsey "Wir stellen auch Backpacker ein"

Thomas Fritz ist Recruiting-Chef von McKinsey und stellt jedes Jahr rund 250 Berater ein
Foto: McKinseyThomas Fritz (Jahrgang 1975) arbeitet seit 2001 für McKinsey & Co. Er studierte Betriebswirtschaftslehre in Köln und Stockholm und promovierte zum Thema "Fußball und Strategie". Als Berater fokussierte er sich auf Logistik und Konsumgüter, seit 2008 leitet er die Recruiting-Abteilung von McKinsey.
KarriereSPIEGEL: Herr Fritz, bei McKinsey wird mittlerweile fast jede zweite Stelle an einen Bewerber vergeben, der einen Abschluss von einer Universität im Ausland hat. Sind Ihnen die deutschen Absolventen nicht mehr gut genug?
Fritz: Nein, nicht unsere Ansprüche haben sich verändert, sondern die der Bewerber. Durch die Bologna-Reform sind die Studenten deutlich mobiler geworden. Viele Studenten absolvieren nicht mehr nur ein Semester im Ausland, sondern gleich das komplette Studium. Einzelne Bewerber wollen sogar unseren Analytik-Test auf Englisch machen, weil sie seit Jahren keinen Test mehr auf Deutsch geschrieben haben.
KarriereSPIEGEL: Berater sprechen ja ohnehin Denglisch. Das müsste Sie also freuen.
Fritz: Internationalisierung kommt uns entgegen, ja. Aber unsere Klienten wissen es schon sehr zu schätzen, wenn die Kollegen in gutem Deutsch mit ihnen sprechen. Andererseits ist das Studium jetzt sehr viel verschulter, und wir haben den Eindruck, dass die Studenten weniger flexibel sind als früher. Seit der Umstellung auf Bachelor und Master haben sie mehr Optionen, aber weniger Freiheit.

Training für Unternehmensberater: So zähmt man die Generation Y
KarriereSPIEGEL: Sie fördern diese Entwicklung doch noch: Zusammen mit Allianz, Bertelsmann und Henkel haben Sie ein Gap-Year-Programm ins Leben gerufen und vermitteln Bachelor-Absolventen bis zu drei Praktika auf einmal. Jetzt können Studenten noch nicht mal mehr ihre Auszeit frei gestalten.
Fritz: Das Programm ist ein großer Erfolg, die Nachfrage ist riesig. Und wir haben es bewusst so gestaltet, dass die Studenten zwei oder drei Praktika machen und dann noch drei Monate Zeit haben, um zu reisen und die Welt zu entdecken.
KarriereSPIEGEL: Das ist ja großzügig von Ihnen.
Fritz: Wer lieber mit dem Rucksack zwölf Monate durch die Welt reisen will, kann das gern machen.
KarriereSPIEGEL: Aber würden Sie denjenigen auch einstellen?
Fritz: Natürlich - wenn die restlichen Leistungen stimmen. Wer mit dem Rucksack ein Jahr durch Asien reist, beweist ja auch besonderes Engagement und Selbstvertrauen. Zudem ist Work-Life-Balance heutzutage mehr als nur ein Schlagwort. Schon jetzt zählen zwei Drittel unsere Berater zur Generation Y, also zu den Jahrgängen ab 1980. Wir merken deutlich, dass die Ansprüche gestiegen sind.
KarriereSPIEGEL: Tatsächlich? Umfragen an Elitehochschulen ergeben immer wieder, dass Möchtegern-Berater vor allem zwei Dinge wollen: viel arbeiten und viel Geld verdienen. Das sind doch die unkompliziertesten Mitarbeiter aller Zeiten.
Fritz: Diese Absolventen sind bei McKinsey nicht überrepräsentiert. Ich würde nur zwei von zehn Neueinsteigern zu den klassisch Karriereorientierten zählen. Diesen Absolvententyp gab es schon immer, und es ist ja auch völlig legitim, einen hohen Anspruch an die eigene Karriere zu stellen. Die typischen Vertreter der Generation Y sind nicht weniger ehrgeizig, sie legen aber Wert darauf, das Richtige zu tun und bei einem sinnstiftenden Unternehmen zu arbeiten.
KarriereSPIEGEL: Und in diese Kategorie würden Sie McKinsey einordnen?
Fritz: McKinsey beschäftigt sich mit wichtigen Umweltthemen, der Wasserknappheit, dem Klimawandel, der Ressourcenschonung. Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos wurde gerade eine Studie von McKinsey zum Klimawandel präsentiert. Das sind relevante Themen, mit denen man etwas bewegen kann. Grundsätzlich geht es uns immer darum, dass unsere Klienten erfolgreicher werden und Unternehmen Dinge besser machen. Ich würde sagen: Ja, das verstehen wir unter sinnstiftend.

Das Interview führte KarriereSPIEGEL-Redakteurin Verena Töpper.
