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Bundestag Wer Teilzeit arbeitet, darf künftig aufstocken

Der Bundestag hat das Gesetz zur sogenannten Brückenteilzeit beschlossen, für das insbesondere die SPD lange kämpfte. Arbeitnehmer müssen jedoch Einschränkungen hinnehmen.
Eine Frau sitzt im Arbeitszimmer (Symbolbild)

Eine Frau sitzt im Arbeitszimmer (Symbolbild)

Foto: Patrick Pleul/ picture alliance / dpa

Arbeitnehmer haben künftig das Recht, für einen befristeten Zeitraum Teilzeit zu arbeiten und danach wieder in Vollzeit zu gehen. Das hat der Bundestag mit dem Gesetz zur Einführung einer sogenannten Brückenteilzeit beschlossen. Die SPD setzte damit ein Anliegen durch, für das sie seit Jahren streitet.

"Es ist vor allen Dingen ein Erfolg für Tausende von Menschen, da wir dafür gesorgt haben, dass die Arbeit zum Leben passt", sagte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Es ist das erste Gesetz, das er durch den Bundestag gebracht hat. Die Regelung gilt für nach dem 1. Januar 2019 vereinbarte Teilzeit.

Die Sozialdemokraten wollten die Brückenteilzeit schon in der letzten Legislaturperiode beschließen, wurden von der Union aber lange ausgebremst. Das Vorhaben wurde erst in den jüngsten Koalitionsvertrag aufgenommen. Es soll vor allem Müttern helfen.

"Wir beenden die Teilzeitfalle für viele Frauen", sagte die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Katja Mast. Von den knapp neun Millionen Beschäftigten mit sozialversicherungspflichtigen Teilzeitjobs sind fast 80 Prozent weiblich. Die Folge ist oft Armut bis ins hohe Alter. Denn Teilzeit schmälert auch die Rentenansprüche. (Lesen Sie mehr dazu hier.)

Vor allem Mütter sind betroffen. Mehr als zwei Drittel der erwerbstätigen Frauen mit Kindern unter 18 Jahren haben laut Statistischem Bundesamt einen Teilzeitjob, aber nur sechs Prozent der Väter. Viele Frauen reduzieren ihre Arbeitszeit nach der Geburt eines Kindes, können nach bisherigem Recht später aber nicht wieder ohne Weiteres aufstocken. Das soll sich mit dem Gesetz ändern. Es gibt allerdings einige Ausnahmen.

Im Kern sieht die Neuregelung so aus:

  • Das Recht auf Brückenteilzeit gilt für Betriebe mit mehr als 45 Arbeitnehmern. Beschäftigte bekommen Anspruch auf eine befristete Teilzeitphase, die zwischen einem und fünf Jahren dauern kann.
  • Für Unternehmen, die zwischen 46 und 200 Arbeitnehmer haben, soll es eine besondere Zumutbarkeitsgrenze geben: Pro 15 Mitarbeiter müssen sie nur einem den Anspruch auf Brückenteilzeit gewähren. Weitere Anträge können abgelehnt werden.
  • Anträge auf Brückenteilzeit können nur Arbeitnehmer stellen, die länger als sechs Monate im Unternehmen beschäftigt sind. Bestimmte Gründe für die Reduzierung, etwa die Pflege von Angehörigen oder die Erziehung von Kindern, müssen sie nicht angeben.
  • Will der Arbeitgeber einem Teilzeitbeschäftigten die Aufstockung der Arbeitszeit verweigern, muss er darlegen, dass es keine entsprechende freie Stelle gibt. Dringende betriebliche Gründe oder die Interessen anderer Teilzeitbeschäftigter können einer Rückkehr in Vollzeit ebenfalls entgegenstehen.

Kritiker monieren, dass das Gesetz zur Brückenteilzeit im Laufe der Verhandlungen zu sehr "entschärft" wurde. Gewerkschaften und Sozialverbände fürchten, wegen der Einschränkungen werde nur ein Teil der betroffenen Frauen durch das neue Gesetz aus der "Teilzeitfalle" herauskommen. Für Millionen Arbeitnehmer greift die Regelung gar nicht.

Von den insgesamt rund 37 Millionen Arbeitnehmern in Deutschland arbeiten knapp 15 Millionen in Betrieben bis 45 Beschäftigte. Für sie gilt der Anspruch auf Brückenteilzeit also nicht. 22 Millionen Menschen sind in Betrieben mit über 45 Mitarbeitern beschäftigt, davon knapp zehn Millionen in Unternehmen zwischen 46 und 200 Mitarbeitern. Von ihnen können ebenfalls nicht alle den Rückkehranspruch auf Vollzeit geltend machen, weil das Gesetz dies nur für einen von 15 Beschäftigen vorsieht.

Arbeitgeber fürchten Bürokratie

Kritik an dem Gesetz kommt auch vonseiten der Arbeitgeber - wenn auch aus anderen Gründen. "Die Brückenteilzeit ist ein weiteres Puzzleteil für mehr Bürokratie in unserem Land und bringt unterm Strich erhebliche organisatorische Mehrbelastungen für die Unternehmen in Deutschland", teilte die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände mit.

Vor allem die Metall-Arbeitgeber lehnen die Brückenteilzeit strikt ab. "Das Gesetz hilft niemandem, belastet aber erneut die Wirtschaft", sagte Rainer Dulger, Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Nur eine verbesserte Kinderbetreuung ermöglicht Müttern die Rückkehr in Vollzeit." Das Gesetz werde den Unternehmen die Personalplanung deutlich erschweren.

fok/dpa/AFP
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