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Corona bremst den Ehrgeiz aus Chef sein? Och nö...

Chefs werden knapp: Immer weniger Arbeitnehmer wollen Führungsaufgaben übernehmen. Gleichzeitig können sich vor allem mehr Männer auch flexible Arbeitsmodelle und Teilzeitjobs vorstellen.
Foto: Westend61 / Getty Images

Offenbar haben deutsche Arbeitnehmer sich einerseits ganz gut in der neuen Jobwelt eingerichtet und tragfähige Lösungen für neue Arbeitsmodelle gefunden - andererseits aber an Ehrgeiz verloren. Das legt der neue Report der "Initiative Chefsache" nahe, einem Netzwerk zur Förderung eines ausgewogenen Verhältnisses von Frauen und Männern in Führungspositionen. Die repräsentative Studie, die dem SPIEGEL vorab vorliegt, untersucht, welche Auswirkungen New-Work-Konzepte auf die Gleichstellung von Frauen haben und welche Rolle die Corona-bedingten Veränderungen dabei spielen.

Die Initiative hat dreimal mehr als 1000 Arbeitnehmer befragt - im Januar (also vor Corona) im April und im September. Der Lockdown hatte viele Unternehmen gezwungen, weitaus mehr räumlich und zeitlich flexibles Arbeiten als bisher anzubieten und die Digitalisierung voranzutreiben. Noch im Januar strebten 46 Prozent der Befragten eine Führungsposition an; aktuell sind es gerade noch 14 Prozent. Männer sind dabei mit 18 Prozent etwas ambitionierter (oder haben bessere Bedingungen für Karrierepläne) als Frauen, von denen nur 11 Prozent Chefinnen werden wollten. "Die Corona-Pandemie führt sicherlich auch dazu, dass sich die Prioritäten der Beschäftigten verschieben. New Work heißt auch, Karriere und Führung neu zu denken und diese neuen Modelle in die Unternehmenskultur zu implementieren", sagt Katja van Doren, Personal- und Finanzvorständin bei RWE Generation, dazu. Der Konzern gehört wie etliche andere Großunternehmen der Initiative an, deren Schirmherrin Kanzlerin Angela Merkel ist.

Vor allem bei Männern tut sich in dieser Hinsicht viel: Die Akzeptanz flexibler Arbeits- und Teilzeitmodelle ist bei ihnen stark gestiegen. Auch das Homeoffice spielt für viele Büroangestellte zunehmend eine wichtige Rolle, knapp ein Drittel arbeitet immer noch vorwiegend von zu Hause aus. Die meisten möchten das Homeoffice nicht mehr missen: 81 Prozent der befragten Angestellten wollen es weiterhin nutzen, die Hälfte befürwortet ein Recht darauf, 45 Prozent wollen künftig mehr als die Hälfte ihrer Arbeitsleistung von zu Hause aus erbringen. "Die Corona-Pandemie macht die Flexibilisierung von Arbeit notwendig und zeigt, dass es funktioniert. Gleichzeitig hilft uns gerade diese Flexibilität, Chancengerechtigkeit und damit mehr Diversität zu erreichen", so Julia Sperling, Leiterin des Koordinationsteams der Initiative Chefsache.

Chefs kommen besser mit Mitarbeitern im Homeoffice zurecht

Nur knapp die Hälfte derer, die jetzt schon (oder noch) von zu Hause aus arbeiten, wünschen sich ihren früheren Vor-Corona-Joballtag zurück - bei allen Befragten insgesamt sind es 65 Prozent, auch das sind immerhin 10 Prozent weniger als im April. Die Zufriedenheit mit den Arbeitsergebnissen im Homeoffice nimmt dabei zu: Im April waren noch 55 Prozent der Führungskräfte zufrieden mit der dortigen Leistung ihrer Mitarbeiter, aktuell sind es 71 Prozent. Auch wer keine Führungsposition hat, ist mittlerweile zufriedener mit der eigenen und der Leistung der Kolleginnen und Kollegen, die von zu Hause aus erbracht wird. Gut die Hälfte vermisst allerdings den persönlichen Austausch und die einfache Kommunikation und Zusammenarbeit im Team vor Ort.

Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist für viele ein zentraler Faktor im Arbeitsleben. Fanden im April noch 35 Prozent, durch das Homeoffice ließen sich beide Bereiche besser vereinbaren, waren es im September schon 53 Prozent. Und 43 Prozent der befragten Eltern gaben an, durch die Krise habe sich die Aufgabenverteilung innerhalb der Familie geändert - gut die Hälfte teilt sich die Betreuung der Kinder mittlerweile zu gleichen Teilen mit Partnerin oder Partner auf, 27 Prozent der Frauen und 22 Prozent der Männer in dieser Gruppe sind nach eigenen Angaben hauptverantwortlich dafür. "In der Corona-Pandemie hat sich die Balance zwischen Arbeit und Familie verschoben: Sie sind enger zusammengerückt und haben sich teilweise vermischt - das war gut und schlecht zugleich", bilanziert RWE-Finanzvorständin van Doren. "New Normal heißt auch, Grenzen zu setzen, auf sich achtzugeben und sich neu zu organisieren."

Die neue Arbeitswelt verlangt vor allem die Fähigkeit, mit digitalen Instrumenten souverän umgehen zu können. Dabei machen alle nach eigenen Angaben Fortschritte, zugleich sinkt aber das Vertrauen darin, sich gut für die künftigen digitalen Anforderungen vorbereitet zu fühlen - die Zahl derer, die sich digital fit genug fühlen, sank von 78 auf 70 Prozent - bei den Frauen sogar von 75 auf 64 Prozent.

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