Cheftyp kreativer Chaot "Hurra, eine neue Idee!"

Der Chef und seine Geistesblitze: Ein Zehntausendsassa
Foto: CorbisNach Paris fliegen, zu unserer Zweigstelle - warum eigentlich nicht heute? Last minute! Meine Sekretärin rollt mit den Augen; sie kennt das schon. Ich brüte meine Ideen nicht wie Eier aus, langweilig und lauwarm - ich zünde sie wie Feuerwerke, sprühend und spontan! Und während die Blicke der anderen am jüngsten Lichtblitz hängen, bin ich schon ganz woanders - und zünde den nächsten Einfall.
Von Meetings mit geregelter Tagesordnung und langen Protokollen halte ich gar nichts - wir sind hier doch nicht bei den Beamten! Wenn schon, dann Brainstorming: Jeder sagt, was ihm einfällt. Ich lege die Richtung fest. Und wir rennen los. Nicht zögern, sondern Ärmel hochkrempeln und handeln - so hängt man im heutigen Markt seine Wettbewerber ab.
Mein Schreibtisch sieht aus, als hätte jemand einen Altpapier-Container entleert. Sagen andere. Dabei finde ich alles, was ich brauche! Das meiste stammt ohnehin nicht von mir: Briefe, die seit Monaten auf Antwort warten, Protokolle, die ich längst hätte lesen sollen... Und dazwischen immer wieder meine Zettel mit spontanen Ideen.
Von geregelten Terminen wird mir schlecht. Ich komme und gehe, wann's mir einfällt. Wenn ich doch mal einen Termin annehme, erscheine ich garantiert zu spät oder lasse ihn einfach sausen. Das Wichtige geht schließlich vor. Und welche Idee sollte wichtiger sein als die neueste?
Mein Arbeitstempo ist umwerfend. Ich packe täglich 100 Vorgänge an. Allerdings lasse ich schnell los, was sich nicht zu lohnen scheint. Meine Einfälle sind ausgefallen, gewagt, innovativ; man hat sie auch schon "utopisch", "weltfremd" und "abgedreht" genannt. Aber das ist nur der Neid der Besitzlosen: der Menschen ohne Ideen!
Chef-Werdung
Ich mache nicht viel Wind um mich - sondern ganze Stürme. Die Oberbosse erkennen schnell: Hier steht ein Talent in den Startlöchern, ein Garant für Innovation. Meist erfolgt der Karriere-Startschuss schon in meinen frühen Jahren - vorzugsweise dort, wo Kreativität gefragt ist. Bei Redaktionen, Agenturen, Internetfirmen usw. komme ich als Bewerber sogar ohne lästigen Schriftkram weiter: Ein Gespräch auf Empfehlung, ein Feuerwerk an Ideen - schon habe ich den Vertrag in der Tasche.
Verhältnis zum Oberboss
Der Oberboss soll mich bestaunen wie einen Magier im Zirkus - was ich alles aus dem Hut zaubere! Meine Ideen vermitteln ihm den Eindruck, dass unsere Firma eben doch kein Schlafwagen ist. Ich gelte als "Zukunftsminister", als Mann der Tat, der seinen Finger am Puls der Zeit hat. Im günstigsten Fall werde ich als Nachfolger gehandelt.
Manchmal nerve ich auch, weil ich täglich mit neuen Projekten auf der Matte stehe, während die alten noch nicht vollendet sind. Aber besser, ich nerve den Chef, als dass er mich völlig vergisst! Unterzugehen im Mittelmaß, das fürchte ich am meisten!
Verhältnis zu Ihnen
Wenn Sie von mir etwas wollen, lautet meine liebste Antwort: "Kein Problem!" Einen Termin für Ihr Jahresgespräch? Bis heute Nachmittag! Einen Etat für Ihr Lieblingsprojekt? Bis zum nächsten Ersten! Natürlich warten Sie vergeblich. Ein neuer Vorgang, eine neue Idee - schon sind die vorherigen vergessen.
Dass Sie mich auf meiner Geschäftsreise nach Paris begleiten sollen, erfahren Sie am selben Morgen - allerdings erst durch den hilflosen Taxifahrer (mich kann er nicht auftreiben, ich habe noch einen spontanen Abstecher zum Oberboss gemacht!). Überhaupt passiert alles auf den letzten Drücker. Oft werfe ich Ihnen Vorgänge kurz vor Feierabend auf den Tisch: "Davon hängt die Zukunft der Firma ab. Bitte heute noch!" Am nächsten Morgen bekenne ich: "Fehlalarm!"
Vorteile für Sie
Jeder Tag bringt Neues - mit mir als Chef wird Ihnen garantiert nicht langweilig! Ich bin offen für Ihre Ideen, auch wenn sie zunächst verrückt klingen. Und falls Sie ein ordnendes Händchen haben, werde ich irgendwann erkennen: Sie ergänzen mich geradezu perfekt! Vielleicht habe ich ja auch eine ganz besondere Idee für Ihre Beförderung?
Bedienungsanleitung
- Begehen Sie nicht den Fehler, meinen Ideen nachzuhecheln wie der Hund dem Knochen. Sie wären nur am Starten und am Bremsen - nie am Ziel! Besser nehmen Sie meine Idee positiv auf ("Ist ja spannend!") und warten erst mal ab, ob ich ihr ein paar Tage treu bleibe. Gewöhnlich verliebe ich mich sofort in eine neue! Dann haben Sie Energie gespart.
- Wenn ich Sie ausdrücklich bitte, in aller Schnelle doch noch dieses oder jenes für mich zu erledigen - versuchen Sie erst gar nicht, meinen Wunsch abzuschmettern: "Geht nicht, stößt meine Planung über den Haufen!" Machen Sie mich vielmehr auf die Konsequenzen aufmerksam: "Ich kann Ihr Exposé heute noch schreiben. Dann bleibt das Angebot für Herrn Krösus liegen, das Sie ihm für heute zugesagt haben." Nun liegt die Verantwortung bei mir. Oft schalte ich doch noch in den Rückwärtsgang!
- Halten Sie wichtige Absprachen in Gesprächsnotizen fest. Die Kopie geben Sie in einer Ausfertigung mir (für meinen Altpapier-Berg), in der anderen meiner Chefsekretärin (für die Akten, zu Ihrer Sicherheit). Meine "Vergesslichkeit" ist nicht vorgetäuscht, sondern echt: Die Gedanken flattern mir wie bunte Schmetterlinge in den Kopf und wieder hinaus. Von Beweisen lasse ich mich überzeugen.
- Helfen Sie mit, dass meine besten Ideen keine Traumtänzereien bleiben! Der Ruhm fällt auf die Abteilung und mein Dank auf Sie zurück. Zwingen Sie mich, von der Fantasie zur Tat zu schreiten, zum Beispiel durch Fragen wie: "Damit Ihr neues Projekt den Markt tatsächlich erobert - was muss als Erstes geschehen? Was kann ich noch diese Woche tun? Welches sind die Zwischenziele?".