Arbeit in der Pandemie
Mehr als die Hälfte der Kurzarbeiter hat Existenzsorgen
Das Kurzarbeitergeld sorgt dafür, dass Firmen in der Pandemie relativ wenige Mitarbeiter entlassen. Doch eine Umfrage zeigt: Viele Betroffene bewerten ihre Lage fast genauso schlecht wie Arbeitslose.
Stahlwerk im April 2020: Stark gedrosselte Produktion
Foto: Hauke-Christian Dittrich / dpa
Durch millionenfache Kurzarbeit ist ein dramatischer Anstieg der Arbeitslosigkeit in Deutschland in der Coronakrise bisher vermieden worden. Dennoch haben viele Kurzarbeiterinnen und Kurzarbeiter Existenzsorgen, wie eine Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung ergab.
Fast die Hälfte der Kurzarbeiter (48 Prozent) bewerteten ihre finanzielle Situation im November als stark belastend. Das berichtet das WSI gestützt auf eine repräsentative Onlinebefragung mit mehr als 6100 Teilnehmern. Die Quote sei damit fast viermal so hoch wie bei sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ohne Kurzarbeit und nicht viel niedriger als bei Arbeitslosen. Sogar mehr als die Hälfte der Kurzarbeiter habe Existenzängste.
Allerdings mache es einen Unterschied, ob das von der Bundesagentur für Arbeit gezahlte Kurzarbeitergeld in Höhe von 60 oder 67 Prozent des Lohns vom Arbeitgeber oder durch gesetzliche Vorgaben aufgestockt werde. Im Fall der Aufstockung empfänden knapp 42 Prozent ihre finanzielle Lage als stark belastend, ohne seien es 53 Prozent der Kurzarbeitenden. Zum Vergleich: Bei sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ohne Kurzarbeit sind es lediglich knapp 17 Prozent.
Gesamtwirtschaftlich positive Wirkung
Kurzarbeit habe gesamtwirtschaftlich eine große positive Wirkung, betonen die Verfasser der Studie, Toralf Pusch und Hartmut Seifert. Sie sichere Beschäftigung und ermögliche Unternehmen, nach Abklingen der Krise mit eingespielten Belegschaften durchzustarten. Auch individuell sei die Situation von Beschäftigen in Kurzarbeit besser als die von Arbeitslosen.
Dennoch sei angesichts des historisch beispiellosen Umfangs von Kurzarbeit in der Coronakrise bei etlichen Kurzarbeitenden »mit sich im Laufe der Zeit verschärfenden sozialen Problemen zu rechnen«, warnen die Wissenschaftler. Denn die finanziellen Rücklagen seien vielfach mittlerweile aufgebraucht oder gingen allmählich zur Neige.
Ein wesentlicher Grund für die häufigen Sorgen um die eigene wirtschaftliche Zukunft dürfte die von rund 44 Prozent der Kurzarbeitenden geäußerte Furcht sein, doch noch arbeitslos zu werden, so Pusch und Seifert. In der Gruppe der Beschäftigten ohne Kurzarbeit fürchtet das nur jeder Zehnte.
Insgesamt gaben rund acht Prozent an, in Kurzarbeit zu sein. Hochgerechnet auf die Beschäftigten in Deutschland wären das etwa zweieinhalb Millionen Personen. Rund 42 Prozent davon erhielten eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes. Durch den im November angelaufenen Teil-Shutdown seien Beschäftigte im Gastgewerbe mit einer Kurzarbeitsquote von rund 50 Prozent besonders stark betroffen gewesen. Quoten von weniger als zwei Prozent habe es für die Baubranche, die Energie- und Wasserversorgung und die Bereiche Erziehung und Unterricht, Gesundheit und Soziales sowie den öffentlichen Dienst gegeben.