Berufe in der Coronakrise Abgefischt













Lachsforellen lieben kaltes und klares Wasser. Gern direkt aus den Bergen, gern viel davon. Das Wasser muss sich bewegen. Erst gegen die Strömung baut der Fisch die Muskeln auf, die sein Fleisch nicht wässrig werden lassen. Das kostet viel Energie. Die kommt vor allem über Protein im Futter. Es enthält jedoch auch Blut und Fischmehl, ist daher nicht bio. Bis es gleichwertigen Ersatz aus Lupinen, Soja oder Kürbis gibt, braucht es noch Zeit.
Dominik Blees, 29, ist Fischwirtschaftsmeister. Die Meisterschule dauert zwei Jahre; Fischwirt gehört in Bayern zu den klassischen landwirtschaftlichen Berufen. Ein Handwerk, das ausstirbt. Blees' Partnerin Manuela Merk, 31, unterstützt ihn auf der Anlage im Mittenwald. Die Fischerei "Platzfisch" ist ein Familienbetrieb: alle helfen mit. Die Tage hier beginnen früh, zwischen fünf und sieben Uhr, und enden oft erst nach 14 Stunden. Fischzucht ist hart, vor allem körperlich. Gezüchtet wird das ganze Jahr: sommers wie winters.
In der Früh wird der Fisch mit dem großen Zugnetz aus dem Wasser geholt. Geschlachtet werden die Tiere nüchtern, zuvor bekommen sie eine Woche kein Futter. Erst mit leerem Magen wird das Fleisch fest. Dann wird der Fisch nach Größe sortiert. Sind die Fische zu klein, werden sie zurück ins Becken geworfen, um weiterzuwachsen. Lachsforellen können bis zu fünf Kilo schwer werden. Bei "Platzfisch" werden sie deutlich kleiner, mit etwa einem Fünftel dieses Gewichts, gezüchtet. Mit dem Lachs hat die Lachsforelle einzig ihren Namen gemein, eigentlich ist sie eine Regenbogenforelle. Die rote Farbe bekommt sie über die Fütterung mit natürlichem Carotin. Der echte Lachs ist auch deutlich fetter: enthält er 20 bis 25 Prozent Fett, sind es bei einer Lachsforelle nur vier bis sieben Prozent.
Kälte gehört zur Fischzucht dazu. Dominik Blees hat lange Jahre ohne Sortierhandschuhe gearbeitet - bis eines Winters seine Fingerkuppen kaputt froren. Mittlerweile gehören Handschuhe zu seiner Arbeit wie Zugnetz, Kescher, Gummistiefel und scharfe Messer.
In der Früh wird der Fisch gefangen, dann direkt weiterverarbeitet. Auf dem Weg zum Kunden kommt er in Folie und mit einer ordentlichen Portion Eis in eine Eurokiste. Der Fisch ist dabei in den ersten 24 Stunden selbst für Sushi noch zu frisch. Erst innerhalb des ersten Tages binden sich Fischeiweiße und Fette. Das Fleisch verliert seine Spannung und bekommt seine bekannte Konsistenz. Frischer Fisch sollte also erst 24 Stunden ausgelegt werden, bevor er zubereitet wird.
Im Dezember 2018 eröffneten Manuela Merk und Dominik Blees den "Platzfisch" im bayerischen Mittenwald, dem höchstgelegenen Luftkurort Deutschlands. Die Fischerei ist etwas abseits gelegen, im Elmauer Tal. Das Wasser kommt aus dem Kranzbach.
Geräuchert wird in einem Altonaer Edelstahlofen mit Buchenholz. Dort werden Forelle, Saibling und Lachsforellen über offenem Feuer getrocknet und leicht vorgegart. Traditionelles Räuchern mit Holz ist heute selten. In der Industrie wird häufig auch Flüssiggas oder Reiberauch verwendet. Räuchern mit Holz ist deutlich aufwendiger, etwa zweieinhalb Stunden dauert das Prozedere. Damit der Fisch z. B. auch für Schwangere bedenkenlos genießbar ist, ist es wichtig, dass er über einen Zeitraum von 20 Minuten im Kern 74 Grad Celsius erreicht und gegart wird. So werden auch Keime und Bakterien abgetötet.
Vorne hängen die kleinen, hinten die größeren Saiblinge und Forellen. Ihre offenen Bäuche zeigen, dass der Fisch bei idealer Temperatur geräuchert wurde. Die Feuchtigkeit kann so austreten und der Buchenrauch bis ins Innere des Fisches ziehen. Die Haut des Fisches sollte goldgelb sein, nicht schwarz.
Traditionelles Räuchern mit Buche und Räucherplatten fordert von Dominik Blees, dass er ständig kontrollieren muss, dass der Fisch nicht verbrennt. Die Hitze gibt er nach Gefühl. Im täglichen Betrieb wird zwar traditionell im Altonaer Ofen, nicht jedoch unter freiem Himmel geräuchert. Das würden die Hygienebestimmungen der Europäischen Union nicht erlauben.
Drapiert an Fleischerhaken hängen die Saiblinge, bevor sie weiterverarbeitet werden.
Nach dem Abkühlen werden die Fische, wie hier von Manuela Merk, filetiert. Einen Fisch in seine besten Stücke zu zerlegen, dauert für geübte Hände keine zwei Minuten. Immer mehr Kunden wollen den Fisch gern im Filet, am liebsten vakuumiert - dann ist er etwa vier Wochen haltbar.
Die Coronakrise war für den Familienbetrieb ein Schock. Gastronomie- und Hotelkunden brachen komplett weg, nur das Ladengeschäft blieb. "Wir können uns nicht leisten, zwei, drei oder vier Wochen zu schließen. Wir mussten schnell sein, um zu überleben. Soforthilfe wollten wir nicht - wir waren überzeugt, das aus eigener Kraft zu schaffen”, sagen beide. Innerhalb von einer Woche planten sie einen Lieferservice. Nun fahren sie mit ihrem Pick-up auch Privatkunden an. Die Nachfrage steigt, ist aber unterschiedlich. "Manchmal fahren wir für einen Kunden, manchmal für 20”, sagt Merk. Sie beliefern Haushalte im Umkreis von 25 Kilometern bis Garmisch-Partenkirchen. Auch per Post wird der Fisch verschickt.
Der Lieferdienst werfe gerade genug ab, dass es reicht, sagen die beiden. Der Fisch ist regional und bewusst gezüchtet, nicht aber günstig. Ein Saibling, 400 Gramm schwer, kostet 13 Euro. Die meisten ordern Fisch für 20 bis 60 Euro, häufig Filets. "Das ist das, was uns gerade am Leben hält", sagen Merk und Blees.
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Lachsforellen lieben kaltes und klares Wasser. Gern direkt aus den Bergen, gern viel davon. Das Wasser muss sich bewegen. Erst gegen die Strömung baut der Fisch die Muskeln auf, die sein Fleisch nicht wässrig werden lassen. Das kostet viel Energie. Die kommt vor allem über Protein im Futter. Es enthält jedoch auch Blut und Fischmehl, ist daher nicht bio. Bis es gleichwertigen Ersatz aus Lupinen, Soja oder Kürbis gibt, braucht es noch Zeit.
Foto: PHILIPP GUELLAND/ EPA-EFE/ ShutterstockDominik Blees, 29, ist Fischwirtschaftsmeister. Die Meisterschule dauert zwei Jahre; Fischwirt gehört in Bayern zu den klassischen landwirtschaftlichen Berufen. Ein Handwerk, das ausstirbt. Blees' Partnerin Manuela Merk, 31, unterstützt ihn auf der Anlage im Mittenwald. Die Fischerei "Platzfisch" ist ein Familienbetrieb: alle helfen mit. Die Tage hier beginnen früh, zwischen fünf und sieben Uhr, und enden oft erst nach 14 Stunden. Fischzucht ist hart, vor allem körperlich. Gezüchtet wird das ganze Jahr: sommers wie winters.
Foto: PHILIPP GUELLAND/ EPA-EFE/ ShutterstockIn der Früh wird der Fisch mit dem großen Zugnetz aus dem Wasser geholt. Geschlachtet werden die Tiere nüchtern, zuvor bekommen sie eine Woche kein Futter. Erst mit leerem Magen wird das Fleisch fest. Dann wird der Fisch nach Größe sortiert. Sind die Fische zu klein, werden sie zurück ins Becken geworfen, um weiterzuwachsen. Lachsforellen können bis zu fünf Kilo schwer werden. Bei "Platzfisch" werden sie deutlich kleiner, mit etwa einem Fünftel dieses Gewichts, gezüchtet. Mit dem Lachs hat die Lachsforelle einzig ihren Namen gemein, eigentlich ist sie eine Regenbogenforelle. Die rote Farbe bekommt sie über die Fütterung mit natürlichem Carotin. Der echte Lachs ist auch deutlich fetter: enthält er 20 bis 25 Prozent Fett, sind es bei einer Lachsforelle nur vier bis sieben Prozent.
Foto: PHILIPP GUELLAND/ EPA-EFE/ ShutterstockKälte gehört zur Fischzucht dazu. Dominik Blees hat lange Jahre ohne Sortierhandschuhe gearbeitet - bis eines Winters seine Fingerkuppen kaputt froren. Mittlerweile gehören Handschuhe zu seiner Arbeit wie Zugnetz, Kescher, Gummistiefel und scharfe Messer.
In der Früh wird der Fisch gefangen, dann direkt weiterverarbeitet. Auf dem Weg zum Kunden kommt er in Folie und mit einer ordentlichen Portion Eis in eine Eurokiste. Der Fisch ist dabei in den ersten 24 Stunden selbst für Sushi noch zu frisch. Erst innerhalb des ersten Tages binden sich Fischeiweiße und Fette. Das Fleisch verliert seine Spannung und bekommt seine bekannte Konsistenz. Frischer Fisch sollte also erst 24 Stunden ausgelegt werden, bevor er zubereitet wird.
Geräuchert wird in einem Altonaer Edelstahlofen mit Buchenholz. Dort werden Forelle, Saibling und Lachsforellen über offenem Feuer getrocknet und leicht vorgegart. Traditionelles Räuchern mit Holz ist heute selten. In der Industrie wird häufig auch Flüssiggas oder Reiberauch verwendet. Räuchern mit Holz ist deutlich aufwendiger, etwa zweieinhalb Stunden dauert das Prozedere. Damit der Fisch z. B. auch für Schwangere bedenkenlos genießbar ist, ist es wichtig, dass er über einen Zeitraum von 20 Minuten im Kern 74 Grad Celsius erreicht und gegart wird. So werden auch Keime und Bakterien abgetötet.
Foto: PHILIPP GUELLAND/ EPA-EFE/ ShutterstockVorne hängen die kleinen, hinten die größeren Saiblinge und Forellen. Ihre offenen Bäuche zeigen, dass der Fisch bei idealer Temperatur geräuchert wurde. Die Feuchtigkeit kann so austreten und der Buchenrauch bis ins Innere des Fisches ziehen. Die Haut des Fisches sollte goldgelb sein, nicht schwarz.
Foto: PHILIPP GUELLAND/ EPA-EFE/ ShutterstockTraditionelles Räuchern mit Buche und Räucherplatten fordert von Dominik Blees, dass er ständig kontrollieren muss, dass der Fisch nicht verbrennt. Die Hitze gibt er nach Gefühl. Im täglichen Betrieb wird zwar traditionell im Altonaer Ofen, nicht jedoch unter freiem Himmel geräuchert. Das würden die Hygienebestimmungen der Europäischen Union nicht erlauben.
Foto: PHILIPP GUELLAND/ EPA-EFE/ ShutterstockNach dem Abkühlen werden die Fische, wie hier von Manuela Merk, filetiert. Einen Fisch in seine besten Stücke zu zerlegen, dauert für geübte Hände keine zwei Minuten. Immer mehr Kunden wollen den Fisch gern im Filet, am liebsten vakuumiert - dann ist er etwa vier Wochen haltbar.
Foto: PHILIPP GUELLAND/ EPA-EFE/ ShutterstockDie Coronakrise war für den Familienbetrieb ein Schock. Gastronomie- und Hotelkunden brachen komplett weg, nur das Ladengeschäft blieb. "Wir können uns nicht leisten, zwei, drei oder vier Wochen zu schließen. Wir mussten schnell sein, um zu überleben. Soforthilfe wollten wir nicht - wir waren überzeugt, das aus eigener Kraft zu schaffen”, sagen beide. Innerhalb von einer Woche planten sie einen Lieferservice. Nun fahren sie mit ihrem Pick-up auch Privatkunden an. Die Nachfrage steigt, ist aber unterschiedlich. "Manchmal fahren wir für einen Kunden, manchmal für 20”, sagt Merk. Sie beliefern Haushalte im Umkreis von 25 Kilometern bis Garmisch-Partenkirchen. Auch per Post wird der Fisch verschickt.
Foto: PHILIPP GUELLAND/ EPA-EFE/ ShutterstockDer Lieferdienst werfe gerade genug ab, dass es reicht, sagen die beiden. Der Fisch ist regional und bewusst gezüchtet, nicht aber günstig. Ein Saibling, 400 Gramm schwer, kostet 13 Euro. Die meisten ordern Fisch für 20 bis 60 Euro, häufig Filets. "Das ist das, was uns gerade am Leben hält", sagen Merk und Blees.
Foto: PHILIPP GUELLAND/ EPA-EFE/ Shutterstock
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