Belastung im Alltag Arbeitslose fühlen sich gestresster als Manager

Stress: Wer seine Tage nicht selbst gestalten kann, leidet oft unter diesem Druck
Foto: Corbis"Mir wird das alles zu viel": Ein häufig gehörter Satz, Stress ist ein großes gesellschaftliches Thema. Doch wen trifft es besonders hart? Das wollte die Krankenkasse DAK wissen.
Die Antwort legte sie diesen Dienstag vor : Alleinerziehende, Arbeitslose und Studentinnen leiden in Deutschland besonders oft unter chronischem Stress. Leitende Angestellte und Beamte sind weniger belastet. Für die Untersuchung wurde die Stressbelastung von Menschen zwischen 25 und 40 Jahren bewertet. Auffällig war die Verfassung von Alleinerziehenden. Sie fühlen sich demnach oft überfordert, nicht anerkannt oder von Sorgen geplagt.
Für die Studie wurden 3000 Arbeitnehmer aus ganz Deutschland gefragt, wie oft in ihrem Alltag negative Erfahrungen und Situationen auftreten. Die Skala reicht von 0 (gar kein Stress) bis 48 (maximaler Stress). Wer über alle Fragebereiche hinweg im Schnitt "manchmal" angibt, erreicht einen Wert von 24 Punkten. Die durchschnittliche chronische Stressbelastung der Bevölkerung liegt bei 19,2 Punkten, bei Frauen ist sie um 2,8 Punkte höher als bei Männern.
Alleinerziehende Mütter sind besonders oft ausgelaugt
Unter den Berufstätigen werden all jene besonders häufig von chronischem Stress geplagt, die weniger gut ausgebildet sind. Und Beamte im mittleren Dienst sind mehr gestresst als Beamte im gehobenen Dienst.
An- oder ungelernte Arbeiter kommen im Schnitt auf 20,2 Punkte, Angestellte mit einfacher Tätigkeit auf 20,1 Punkte. Angestellte mit hochqualifizierter Tätigkeit oder Leitungsfunktion erreichten hingegen nur 17,7 Punkte. Wer keinen Job hat, kommt auf einen Stresslevel von 21,4.
Die Werte der besonders stressgeplagten Gruppen: Alleinerziehende Mütter kommen auf 24,6 Punkte, Studentinnen auf 23,2 Punkte und nicht erwerbstätige Frauen auf 23,1 Punkten.
Depression: Zunahme von 178 Prozent in 13 Jahren
Die DAK weist darauf hin, dass unter den psychischen Erkrankungen in den vergangenen Jahren drei Diagnosen besonders stark zugenommen haben: Depressionen, Reaktionen auf schwere Belastungen sowie Angststörungen - alles Probleme, für die in der überwiegenden Zahl der Fälle chronischer Stress als Auslöser gilt. "Allein bei den Depressionen hat sich die Anzahl der Fehltage in den vergangenen 13 Jahren um 178 Prozent erhöht", heißt es in der begleitenden Presseerklärung.
Dazu passt eine Studie der Bundespsychotherapeutenkammer, die im Januar erschienen ist. Demnach sind 75.000 Menschen im vergangenen Jahr wegen psychischer Erkrankungen in Frührente gegangen, das sind 25.000 Menschen mehr als vor zehn Jahren. Für diese Untersuchung wurden damals die Statistiken der Kranken- und Rentenversicherungen zur Arbeitsunfähigkeit und Frühverrentung für das Jahr 2012 ausgewertet.
Wie erklärt es sich, dass gerade Erwerbslose besonders gestresst sind, obwohl sie doch wenige Aufgaben zu erledigen haben? Der Psychologe Lutz Hertel erklärt, Gestresstheit hänge nicht automatisch von der Menge der Arbeit ab. "Viele Berufstätige empfinden etwa ihr Privatleben als belastend und erholen sich im Beruf." Wichtiger als die reine Menge an Arbeit sei die Möglichkeit, über seinen Alltag bestimmen zu können. Bei Erwerbslosen, aber auch bei Alleinerziehenden, sind diese Möglichkeiten offenbar sehr eingeschränkt.