
Fahrradteile als Möbel: Das Material liegt auf der Straße
Design aus Fahrradschrott Die Luft ist raus, doch die Hose hält
Für Lodewijk Bosman, 26, und Hidde van der Straaten, 28, liegt das Arbeitsmaterial auf der Straße - und speziell in ihrer Heimat, den Niederlanden, müssen sie sich nicht sorgen, dass es ihnen ausgeht. Die zwei niederländischen Jungunternehmer nehmen nämlich Teile von ausrangierten Fahrrädern und dengeln daraus etwas Neues: Lampen, Hocker, Modeaccessoires. Und das nicht nur als Hobby, sondern im Stil einer Manufaktur.
Im Januar 2012 gründeten der Industriedesign-Student Bosman und Eventmanager Straaten in der Universitätsstadt Delft die Firma "The Upcycle". Ihr Name, ein Modebegriff für die aufwertende Wiederverwendung von Müll, ist Programm: Das Start-up macht Designer-Objekte aus Fahrradschrott.
Eigentlich ist die Idee naheliegend: 18 Millionen Fahrräder gibt es in den Niederlanden, eine Million mehr als Einwohner. Zusätzlich werden jedes Jahr eine Million neue Räder gekauft. Eine logistische Herausforderung in mehrfacher Hinsicht. So werden jedes Jahr Zehntausende Räder, die an der falschen Stelle geparkt oder einfach stehen gelassen werden, von den Behörden abtransportiert. Zwar können die Besitzer ihre Stahlrösser gegen eine Geldbuße von rund 20 Euro auslösen, doch das tun nur wenige.
Die anderen Räder werden an Fahrradhändler veräußert, die sie gebraucht in den Niederlanden oder ins Ausland weiterverkaufen. Auch Bosman und van der Straaten kaufen alte Drahtesel, um daraus etwa eine "Upcycle"-Nachttischlampe zu bauen. Für 88 Euro ist das Fahrradlicht mit einer neuen LED-Birne zu haben, das auf einen Ständer aus Kettengliedern und verschlungenen Speichen montiert ist. Um den hölzernen Fuß wickeln sich geflochtene Schläuche. Der Aufbau ist immer gleich, durch die leicht unterschiedlichen Bauteile ist aber jedes Produkt ein Einzelstück.
Ein Armband aus einem Stück Fahrradkette gibt es für zehn Euro, ein Gürtel aus einem Reifen inklusive Schnalle kostet 30 Euro. Aus einem Stück Holz kreierten die beiden einen würfelförmigen Hocker, der mit geflochtenen Fahrradschläuchen umwickelt ist.
Nicht überall kommen Fahrradteile zum Einsatz
Bosman und van der Straaten starteten das Projekt, nachdem sie für ihre Geschäftsidee 10.000 Euro gewonnen hatten. Seit Februar verkauft das Unternehmen Produkte über seine Website. Wenige Tage später ging die erste Bestellung aus Australien ein. "Ich würde sagen, die Hälfte unserer Kunden sind in den Niederlanden, die andere Hälfte im Ausland", sagt van der Straaten. Nun hoffen die beiden auf Vertriebsvereinbarungen mit Geschäften, vor allem Souvenirläden.
"Das Fahrrad ist etwas typisch Holländisches, warum sollten wir es also nicht in Souvenirs verwandeln", sagt Bosman. Er selbst trägt einen Gürtel aus einem aufgeschlitzten Fahrradreifen. Sein Geschäftspartner zeigt seinen Geldbeutel, hergestellt aus einem alten Fahrradsattel.
"Wir versuchen, so weit wie möglich Fahrradteile zu verwenden, aber das ist nicht immer möglich, wie zum Beispiel bei der Gürtelschnalle oder dem Lampenschalter", erläutert van der Straaten. Auch reparierte Räder aus alten Rahmen und neuen Teilen verkauft "The Upcycle" - nicht ohne sie zu modifizieren: Als Schutzbleche dienen beispielsweise zugeschnittene Reifen. Radfahren sei eine "nachhaltige und umweltfreundliche Art des Transports", sagt Saskia Kluit vom Niederländischen Radfahrverband und lobt: "Dieses Unternehmen geht bei der Nachhaltigkeit noch einen Schritt weiter."
Die Produktion ihrer Fahrradteile haben die beiden geschickt organisiert. Während sie in ihrer Werkstatt selbst ganze Fahrräder aufarbeiten, kooperieren sie für viele Kleinteile mit der Stiftung "Stunt", die Arbeitslose für neue Jobs ausbildet. Jede Woche fertigen "Stunt"-Mitarbeiter etwa rund 20 Gürtel und ebenso viele Armbänder. So wird die viele Handarbeit leichter erschwinglich. Bisher sind die beiden noch nicht in den schwarzen Zahlen, doch die Auftragslage sei gut, sagen sie.

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