Urteil Bahn-Mitarbeiterin durfte Dienst verschlafen

Speisewagen (Symbolfoto): Es fehlte an "kollegialer Fürsorge"
Foto: Maurizio Gambarini/ DPAEs war wohl einer dieser Tage, an denen man morgens aufwacht und sich irgendwie nicht gut fühlt. Zur Arbeit gehen oder lieber zu Hause bleiben? Eine Mitarbeiterin der Bahn, 30, dachte, was in solch einem Fall die meisten Deutschen denken: Wird wohl nicht so schlimm werden. Sie biss die Zähne zusammen und erschien trotzdem zum Dienst - im Bistro eines Fernzugs.
Es war die falsche Entscheidung. Doch das merkte die Frau erst, als der Zug schon über die Schienen ratterte und sie im Speisewagen die ersten Bestellungen entgegennahm. Zuvor hatte sie schon beim Zugchef und der Restaurantleiterin über Übelkeit geklagt, sich jedoch nicht beim zuständigen Service-Center arbeitsunfähig gemeldet. Als es aber schließlich nicht mehr ging, bat sie ihre Chefin um eine Pause.
Mit schlechtem Gewissen sackte sie auf einem Sitz im Kleinkindabteil zusammen, legte die Füße hoch und schlief sofort ein. Und war so erschöpft, dass sie während der gesamten Fahrt von Karlsruhe nach Basel und in der Zugpause nicht mehr aufwachte. Insgesamt schlief sie sieben Stunden.
Sekundenschlaf auf Tastatur hätte Millionen kosten können
Das ist ein Vertrauensbruch, dachte ihr Arbeitgeber, die Deutsche Bahn, und schickte die Kündigung. Die Begründung: Die Service-Kraft hätte zuvor schon drei Abmahnungen kassiert, davon zwei, weil sie den Dienstbeginn verschlafen habe. Die Mitarbeiterin zog vor Gericht und hat trotzdem gewonnen. Der Richter urteilte, das Urteil sei unverhältnismäßig. Er kritisierte, dass während der ganzen Zeit offensichtlich niemand nach der Kollegin geschaut habe. Wo bleibt die "ganz normale kollegiale Fürsorge"? Obwohl die Mitarbeiterin darum gebeten hatte, sie bei Bedarf zu wecken, hatte ihre Chefin sie offensichtlich ganz vergessen.
Das Urteil fiel bereits im November, jetzt lief die Berufungsfrist ab. Die Bahn ließ sie verstreichen, damit ist die Entscheidung rechtskräftig.
Immerhin hat die Bistro-Mitarbeiterin mit ihrem Tiefschlaf weniger Verwirrung gestiftet als eine Bankmitarbeiterin, die vor anderthalb Jahren in die Schlagzeilen geriet: Sie machte ein Nickerchen auf der Tastatur und löste damit eine Überweisung in Höhe von 222.222.222,22 Euro aus. Allerdings wurde der auffällige Vorgang von fürsorglichen Kollegen rechtzeitig gestoppt.
Anmerkung der Redaktion: In einer älteren Version des Artikels schien es, als betrüge die Fahrtzeit des Zuges von Karlsruhe nach Basel sieben Stunden. Tatsächlich ist die reine Fahrtzeit deutlich kürzer, der Dienstplan sieht eine mehrstündige Ruhezeit des Zuges vor, die ebenfalls zur Dienstzeit zählt. Wir haben diese Passage deshalb umformuliert.