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Deutscher Bäcker in Kolumbien: Mit Roggenmehl in die Supermärkte

Foto: Tobias Käufer

Deutscher Bäcker in Kolumbien Brottüten mit Schwarz-Rot-Gold

Die Brote von Hans Schmidt, 63, kennt in Bogotá fast jeder. Sie haben eine deutsche Fahne auf der Verpackung, werden in Bäckereien und Supermärkten verkauft. Doch der Weg zum Großbäcker mit 80 Angestellten war schwierig - seinen ersten Job in Kolumbien war Schmidt schon nach drei Tagen wieder los.
Von Tobias Käufer

"Bäckermeister sucht Arbeit in Bogotá." Diese Zeilen schickte Hans Schmidt vor mehr als 30 Jahren an die Deutsche Botschaft in der kolumbianschen Hauptstadt. Der Brief war mehrere Wochen unterwegs. Und er wurde beantwortet: mit einem Jobangebot von einem deutschen Bäcker.

Hans Schmidt gehört zur Generation der Auswanderer, für die der Sprung auf einen anderen Kontinent noch ein richtiges Abenteuer ohne E-Mail, Smartphone und Netzwerke war. Das Fernweh hatte den Bäcker schon Ende der sechziger Jahre gepackt, nach seiner Lehre und Gesellenzeit in Köln. Er fuhr zur See, lernte Südamerika kennen, paukte Spanisch, "weil mir die Sprache auf Anhieb gefiel".

Zurück in Köln machte Schmidt seinen Bäckermeister, er bekam eine Stelle auf Teneriffa angeboten, wanderte aus. Irgendwann wurde ihm die Insel zu klein - und er schrieb den Brief an die Deutsche Botschaft in Bogotá.

Nach drei Tagen arbeitslos

Doch die Euphorie über den Wunscharbeitsplatz in Kolumbien war in Rekordzeit verflogen: "Ich habe es ganze drei Tage bei ihm ausgehalten." Die Chemie stimmte einfach nicht.

Schmidt stand auf der Straße und suchte Arbeit. Er fand sie über einen gemeinsamen Bekannten im renommierten Hotel Tequendama im Finanzzentrum der Millionenmetropole. Fünf Jahre lang arbeitete Schmidt dort - und wurde zu einer kleinen Berühmtheit. Sobald wieder irgendein Staatspräsident im Tequendama abstieg, berichteten lokale Zeitungen über seine Bäcker- und Konditorkunst.

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Deutsches Backdiplom für Ausländer: Reich werden mit Schwarzbrot

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Das lenkte die Aufmerksamkeit einer Gruppe von Investoren auf den Rheinländer. Sie fragten ihn, ob er nicht eine eigene Bäckerei gründen wolle, und boten ihm an, in diese zu investieren. "Ich habe manchmal nachts nicht schlafen können, weil ich Sorge hatte, ob das alles klappt", erinnert sich Schmidt an die Gründungsjahre der Firma Pan Maxli vor beinah 25 Jahren.

Siegeszug im Supermarkt

Heute kennt fast jeder Einwohner Bogotás Schmidts Produkte mit der deutschen Fahne auf der Verpackung. Große kolumbianische Supermarktketten haben sein Brot in ihrem Sortiment, in zahlreichen Einzelbäckereien gibt es die gesamte Palette deutscher Backkunst Marke Pan Maxli, von der Brezel bis zum Schwarzbrot.

"Die Anfangszeit war sehr, sehr hart", sagt Schmidt. Die Kolumbianer waren das etwas schwerere und teurere deutsche Brot nicht gewohnt, jeder Tag war ein Überlebenskampf. "Wir haben einfach nicht aufgegeben. Wir haben überlebt, weil wir hartnäckig waren." Und weil Schmidt als Produktionschef auf deutsches Roggenmehl setzte.

Auch heute stapeln sich die Säcke des wertvollen Grundstoffes in der Bäckerei. Schmidt lässt das Roggenmehl nach Südamerika liefern, "weil wir nur damit die deutsche Qualität garantieren können".

Kunden aus der Mittelschicht

Schmidts Bäckereien liegen in den "Estratos 4 bis 6", das sind die Stadtviertel, in der die Mittel- und Oberschicht der Acht-Millionen-Metropole lebt. Die wachsende Mittelschicht in Kolumbien ist ein Plus für das Unternehmen: "Der moderne Kolumbianer legt auch Wert auf eine gesündere Ernährung." Wer in den "Estratos 1 bis 3" lebt, muss zwar deutlich weniger für Strom und Wasser zahlen, hat aber in der Regel kein Geld für deutsche Dreikorn-Brote.

Mittlerweile arbeiten 80 Menschen für das Unternehmen, außer Hans Schmidt allesamt Kolumbianer. Der Bäcker ist stolz, dass ihm der Coup gelungen ist. So manchen Landsmann hat er schon scheitern sehen: "Es gibt im Ausland keine Garantie für den Erfolg."

Den Kontakt zur Familie in Köln hält er mit Besuchen in Deutschland. Seine Verwandten haben Flugangst - oder Sorge vor der Sicherheitssituation in Bogotá. Seinen Sprung nach Kolumbien hat Schmidt dennoch nie bereut: "Ich bin glücklich hier. Ich habe die richtige Entscheidung getroffen."

Für potentielle Nachfolger hält er eine Warnung bereit: "Es ist nicht so, als ob die Südamerikaner auf die Deutschen warten. Wer hier erfolgreich sein will, braucht eine fundierte Ausbildung, ein gutes Produkt und viel, viel Ausdauer. Wer das nicht hat, sollte es besser nicht versuchen."

Tobias Käufer (Jahrgang 1967) arbeitet als Lateinamerika-Korrespondent für deutschsprachige Medien in Bogotá, Kolumbien.

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