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Drachenbauer: Ich glaub, mein Schwein fliegt

Foto: Invento

Drachenbauer Heute lass ich mal mein Schwein steigen

Zwei Holzleisten, ein Stück Papier, dazu die Schnur, fertig ist der Drachen. Es geht aber auch komplizierter. Drachenbauer wie Rainer Hoffmann bringen Dinosaurier, Krabben oder Schweine zum Fliegen. Hinter der niedlichen Fassade steckt ein schwieriges Geschäft.

Für Rainer Kuhlmann sind Drachen mehr als ein Kinderspielzeug. Sie sind sein Beruf. Er arbeitet als Produktentwickler für die Spielzeugfirma Invento. Der Herbst ist für ihn die spannendste Jahreszeit, dann sichtet er die Entwürfe für neue Drachen. Und die überraschen sogar ihn immer wieder.

Da gibt es zum Beispiel "Porky", ein knapp ein Meter großes Schwein, das sich vom Wind aufpusten lässt und dann, statt in die Luft zu fliegen, über den Strand hüpft. Oder den "Kinetic Jewel Kite", ein Drachen, der die Form eines Juwels hat und sich in der Luft permanent um die eigene Achse dreht.

Der Juwel-Drachen stammt von Rainer Hoffmann. Er ist einer der bekanntesten Drachendesigner in Deutschland und hat bislang rund 300 Modelle entworfen, 20 gingen in die Serienproduktion. Eines seiner Windspiele wird sogar im Technischen Museum in Berlin ausgestellt.

Hoffmanns spektakulärster Drachen hat die Form eines Dinosauriers und eine Spannweite von sieben Metern. Auf Drachenfestivals ist der fliegende Dino immer der Publikumsliebling. Und Hoffmann wird zu vielen Festivals eingeladen. In Amerika, Dänemark, England, Frankreich und sogar in Indien hat er seine Kreationen schon gezeigt - und verkauft. Von seinen Modellen leben kann er trotzdem nicht. Hauptberuflich ist er Angestellter im Öffentlichen Dienst.

Drachenbau war sogar mal ein Studiengang

Das Geschäft mit den Drachen ist hart. In Deutschland gibt es nur wenige Firmen, die sie noch selbst entwickeln und produzieren. Dazu zählen Elliot, Wolkenstürmer, Colours in Motion und Invento. Doch auch bei Invento arbeiten weniger als 40 Menschen. Freiberufliche Designer wie Hoffmann bekommen, wenn ihr Modell in Serie geht, für jeden verkauften Drachen einen festen Prozentsatz des Verkaufspreises. Viel bleibt da nicht übrig: Hoffmanns "Kinetic Jewel Kite" gibt es bei Amazon für 35 Euro.

"Mitte der neunziger Jahre gab es einen richtigen Boom mit den Drachen", sagt Michael Steltzer, Inhaber von Flying Colors, dem ältesten Drachenladen Berlins. Damals gab es an jedem Wochenende irgendwo ein Drachenfestival, sogar eine deutsche Drachenmeisterschaft wurde ausgetragen.

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Doch der Hype ist vorbei. Das musste auch Invento spüren. Um Kosten zu sparen, verlagerte der Spielzeughersteller um die Jahrtausendwende die Produktion der Drachen von Deutschland nach Polen. Mittlerweile werden sie in China hergestellt.

Produktentwickler Rainer Kuhlmann setzt sich trotzdem noch regelmäßig an die Nähmaschine. Wenn ihm ein Entwurf eines Designers gefällt, baut er den Drachen in der Firmenwerkstatt nach. Erst wenn ihm jedes Detail gefällt, geht das Modell in die Produktion.

Früher gab es an der Universität der Technischen Universität Berlin einmal einen Lehrstuhl Drachenbau. Die Fluggeräte wurden für meteorologische Messungen gebraucht. Doch das Handwerk ist aus der Mode gekommen. Kuhlmann empfiehlt, eine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann zu machen. So lerne man das kaufmännische Grundverständnis. Alternativ könne man auch ein Handwerk lernen, etwa Segelmacher.

Designer Hoffmann hatte für seinen ersten selbstgebauten Lenkdrachen nicht mehr als ein Buch aus der Bibliothek und die Nähmaschine der Mutter. Mittlerweile gibt er selbst Workshops, auch in Schulen. "Am Anfang schießt mir eine Idee durch den Kopf", erzählt er. "Dann überlege ich mir, welche Farben zu dem Modell passen, wie groß der Drachen sein soll. Und wie ich ihn zum Fliegen bringe." Als Ziel hat er sich gesetzt, jedes Jahr mindestens einen Drachen zu entwerfen.

Kristin Kruthaup/dpa/vet
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