Umfrage an Top-Universitäten Warum junge Frauen keine Lust auf die Finanzbranche haben
Die Wölfe der Wall Street sind noch fast immer: männlich. Und auch in Deutschland finden sich in den oberen Etagen der Finanzbranche kaum Frauen. So zeigt laut "Handelsblatt" eine neue Berechnung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW): Im Jahr 2017 waren in den Vorständen der Geschäftsführungen der 100 größten deutschen Banken nur knapp neun Prozent Frauen.
Und in der deutschen Fondsbranche sind es sogar nur sechs Prozent, wie eine Studie des Frauenkarrierenetzwerks Fondsfrauen mit der Unternehmensberatung KPMG aus dem Jahr 2016 zeigt. Insgesamt sind sogar nur rund zehn Prozent der Fondsmanager in den USA und Deutschland weiblich.
Nun zeigt eine Studie der Universität Mannheim, warum die Finanzbranche für viele Frauen kein attraktiver Arbeitgeber ist. Die Studie "'Fearless Girls?' Gründe für den geringen Anteil von Frauen in der Finanzbranche", über die das "Handelsblatt" zuerst berichtete, wird am Dienstag vorgestellt.
Kaum Bewerbungen von jungen Frauen
"Die Arbeitgeber der Asset Management Industrie beklagen, dass sie wenige Bewerbungen von weiblichen Kandidaten erhalten und auch bisherige Rekrutierungsmaßnahmen wie z.B. Events zur Ansprache speziell weiblicher Bewerber oft nicht den erwünschten Erfolg hatten", schreiben die Forscher.
Um die Gründe dafür herausfinden, befragten sie mehr als 1100 Studenten und Studentinnen aus wirtschaftswissenschaftlichen Studiengängen der Universitäten Mannheim, der Goethe Universität Frankfurt und der Hochschule St. Gallen. Knapp die Hälfte der Befragten war weiblich, das Durchschnittsalter lag bei 23 Jahren.
Dass die Finanzbranche kein gutes Image hat, ist sowohl den weiblichen als auch männlichen Studenten bewusst. Doch die jungen Männer schreckt das nicht ab: Sie finden dennoch, dass die Finanzindustrie ein attraktiver Arbeitgeber ist - Frauen sehen das allerdings anders.
Aus diesen Gründen wollen Frauen nicht in die Finanzbranche:
- Wenig familienfreundlich und männerdominiert: Fast die Hälfte der befragten weiblichen Studentinnen gab an, dass sie sich unwohl fühlen, wenn ihr Geschlecht innerhalb des Unternehmens, für das sie arbeiten, deutlich unterrepräsentiert ist. Zudem werden Unternehmen der Finanzindustrie als eher familienunfreundlich eingeschätzt.
- Unmoralisch: Laut den Studienergebnissen ist es für Frauen signifikant wichtiger als für Männer, dass ihre eigenen Moralvorstellungen mit den Erfordernissen im Job übereinstimmen. Und: Mehr weibliche als männliche Studenten gehen davon aus, dass die Finanzbranche diese Vereinbarkeit nicht bietet.
- Zu kompetitiv: Fast 99 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass Jobs in der Finanzbranche von Wettbewerb gekennzeichnet sind. Auf so ein Umfeld haben 76 Prozent der männlichen Studierenden Lust - aber nur 50 Prozent der weiblichen. Frauen haben demnach im Beruf ein größeres Interesse an Teamarbeit als ihre männlichen Kommilitonen.
- Inhaltlich unspannend und unpassend: Die meisten Studierenden gehen davon aus, dass quantitative Fähigkeiten für eine Stelle bei Fondsgesellschaften wichtig sind - doch junge Frauen glauben häufiger als junge Männer, dass sie darin nicht gut seien. Die meisten der befragten Studentinnen würden generell gern im Marketing oder in der Personalabteilung eines Unternehmens arbeiten, männliche Studenten am liebsten im Portfolio-Management.
Ein weiteres Ergebnis der Umfrage zeigt: Weibliche Studenten schätzen ihr zukünftiges Gehalt signifikant geringer ein als ihre männlichen Kommilitonen. Das könne, so die Studienautoren, möglicherweise auch zum Gender Pay Gap beitragen, der zeigt, dass Frauen trotz gleicher Qualifikation im Durchschnitt weniger verdienen als Männer.
Der Gender Pay Gap, also der Unterschied zwischen durchschnittlichen Bruttostundenlöhnen von Männern und Frauen, beträgt 21 Prozent (2016) - und diese Größenordnung ist seit Jahren unverändert. Die Zahl berücksichtigt allerdings nicht, dass Frauen oft in anderen Arbeitsverhältnissen beschäftigt sind und deshalb weniger verdienen - zum Beispiel bedeuten mehr Führungspositionen für Männer im Schnitt eben auch höhere Einkünfte. Deshalb gibt es auch einen bereinigten Gender Pay Gap, bei dem man diese strukturellen Unterschiede herausrechnet. Allerdings: Selbst dann verdienen Frauen für ihre Arbeit 6 Prozent weniger Geld (2014) - und diesmal für die gleiche Arbeit.
Quote für Vorstände angedroht
Vor rund zweieinhalb Jahren führte die Bundesregierung eine gesetzliche Frauenquote für Aufsichtsräte ein und ermahnte Firmen zudem, ihren Frauenanteil auch in anderen Führungsjobs zu erhöhen. Seither ist der Frauenanteil in Führungspositionen aber nur minimal gestiegen, teilte das Bundeskabinett im vergangenen Jahr mit.
Das lange umstrittene Gesetz war im Mai 2015 in Kraft getreten. Es verpflichtet rund 100 börsennotierte, mitbestimmungspflichtige Großunternehmen seit Anfang 2016 zu einer festen Frauenquote von 30 Prozent in den Aufsichtsräten.
Danach stieg der Anteil der Frauen in den Aufsichtsräten der betroffenen Unternehmen von 25 auf 27,3 Prozent. Für die wichtigeren Vorstandsposten gibt es allerdings keine Quote - und der Frauenanteil in den Vorständen liegt aktuell gerade einmal bei 7,3 Prozent.
Die frühere Familienministerin Manuela Schwesig hatte deswegen bereits im März 2017 damit gedroht, auch eine Quote für Vorstände einzuführen. Die amtierende Familienministerin Katarina Barley wiederholte diese Pläne, allerdings ist unklar, ob die SPD-Politikerin in einer neuen Regierung noch für das Familienressort zuständig sein wird.