Zumutungen im Beruf meistern Fünf Strategien für mentale Gelassenheit im Job

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Als Erstes ein wichtiger Hinweis:
Bei lang anhaltender Niedergeschlagenheit und depressiven Gedanken helfen auch Texte wie dieser wenig. Holen Sie sich professionelle Hilfe.
Und auch »toxische Positivität«, also ein übersteigerter Optimismus, der keinerlei Widersprüche zulässt, ist wenig zielführend, um emotionale Talfahrten zu meistern. Solange negative Emotionen mit Scheuklappen unterdrückt werden, begleiten sie uns häufig weiterhin und entwickeln größere Kräfte, um wahrgenommen zu werden.
Hilfen aus der Stress-Spirale
Es gibt jedoch Versuche und Forschung zu Methoden, mit denen sich das Berufsleben so gestalten lässt, dass man nicht komplett auf dem Zahnfleisch daherkommt. Einige wollen wir Ihnen hier vorstellen. Mit vergleichsweise einfachen Mitteln und konsequenter Wiederholung gelingt es selbst während arbeitsintensiver Phasen, den Blick auf Positives zu lenken.
Um Bedenken und Nöten Aufmerksamkeit einzuräumen und gleichzeitig Kontrolle zu behalten, helfen feste Zeitfenster für Grübeleien.
Was stresst am meisten beim Projekt mit dem wankelmütigen Kunden? Warum bereitet uns das Feedback-Gespräch mit der neuen Mitarbeiterin schlaflose Nächte, und was wäre das Worst-Case-Szenario, wenn der Auftrag im Vertriebsteam verloren geht?
Mentalem Ballast für etwa 15 Minuten täglich Zeit zu widmen, hilft, um in der übrigen Zeit mit freiem Geist handeln zu können.
Sobald negative Gedankenschleifen auftauchen, entscheidet man bewusst, sich nur während der eigens festgelegten Grübelzeiten diesen Themen zu widmen. Diese tägliche Zeitspanne sollte man bestenfalls wie einen festen Termin im Kalender eintragen und mit einem laut ausgesprochenen »Stopp« auch beenden. Ob Sie sich morgens, mittags oder abends Ihrer Grübelzeit widmen, ist Ihnen überlassen. Wichtig ist nur: Den Rest der Zeit konzentrieren Sie sich produktiv auf Ihre Aufgaben.
Braindumping ist eine verschriftlichte und freiere Variante der »Grübelzeit«. Man schreibt (am besten per Hand) jeden Morgen ohne feste Struktur in einer zeitlich begrenzten Spanne von etwa. 10 bis 20 Minuten alle Dinge auf, die durch den Kopf gehen.
Der Clou beim Braindumping: Der Geist wird »entleert«, und die Gedanken werden wortwörtlich auf das Papier abgegeben. Indem man die eigenen Fantasien schwarz auf weiß liest, können gedanklichen Horrorszenarien relativiert und Distanz zum Gedankenkarussell geschaffen werden.
Braindumping hat einen vergleichbaren Effekt wie ein Computerneustart. Sobald man in zu vielen komplexen und belastenden Prozessen eingebunden ist, läuft das System schwerfälliger. Die mentale Resettaste mittels Papier sorgt für einen klaren Kopf.
Ähnlich wie mit der Methode des Journaling, einer populären Tagebuchvariante, die schon in den Sechzigerjahren für therapeutische Zwecke eingesetzt wurde, verhält es sich mit einem Erfolgs- und Dankbarkeitstagebuch.
Ist der gedankliche Fokus auf Mangel eingestellt, fallen einem schnell Dinge ein, die vermeintlich nicht gut gelaufen sind. Eigenlob hat ein schwieriges Image, und vieles was gut und leicht gelingt, wird häufig als selbstverständlich wahrgenommen.
Um das Augenmerk auf die Dinge zu lenken, die positiv verlaufen sind, halten Sie am Ende eines jeden Tages kurz inne und schreiben mit wenigen Spiegelstrichen die Erfolge des Tages in ein Notizbuch.
Das müssen nicht zwangsläufig Meisterleistungen im Job oder Mammutprojekte gewesen sein, auch ein erstes selbst gebackenes Brot oder ein geschlichteter Streit sind ein Erfolg. Denn positive Errungenschaften fernab der Jobwelt schenken mehr Unabhängigkeit bei beruflicher Flaute.
Ergänzend können im »Erfolgstagebuch« täglich auch die Dinge notiert werden, für die man dankbar ist. Gesundheit, Gespräche mit guten Freunden oder lieb gewonnenen Kollegen, Spaziergänge oder ein leckerer Espresso lenken den Blick auf schöne Erlebnisse in herausfordernden Zeiten. Schon Francis Bacon sagte: »Nicht die Glücklichen sind dankbar. Es sind die Dankbaren, die glücklich sind.«
Die Vokabel geht auf den Zukunftsforscher Matthias Horx zurück. Bei der Regnose-Methode wird, ähnlich wie im Coaching, der Rückblick aus der Zukunft in die Gegenwart genutzt.
Ausgehend von den idealen Wunschbildern der Zukunft überlegt man, welche einzelnen Schritte in der Vergangenheit notwendig waren, um dorthin zu gelangen.
Zunächst malt man positive Zukunftsszenarien aus, etwa den beruflichen Durchbruch mit der Start-up-Idee, die Geschäftserweiterung oder den gelungenen Vortrag bei der Konferenz. Anschließend beginnt man optimistisch mit der Planung und Umsetzung der dazu erforderlichen Handlungen.
Eine weitere Möglichkeit für mehr kognitive Balance präsentiert der Autor Stephen R. Covey in seinem Bestseller »The 7 Habits of Highly Effective People«. Sein Kreis-Modell stärkt die Selbstwirksamkeit und Handlungsfähigkeit.
Sorgenvolle Gedanken können drei Bereichen wie dem »circle of control« (unmittelbarer Entscheidungsspielraum), dem »circle of influence« (den eigenen Einflussbereich) oder dem »circle of concern« (Betroffenheitsbereich außerhalb des Einflusses) zugeordnet werden.
Unmittelbaren Einfluss hat jeder beispielsweise darauf, welche Medien er oder sie konsumiert oder welche Menschen man privat in sein Leben lässt, ob man Sport macht oder sich gesund ernährt.
Der eigene Einflussbereich wiederum beschreibt, mit welcher Bewertung, welchem Verhalten oder welchen Entscheidungen man auf Ereignisse im Außen reagieren kann.
Mit dem Bewusstsein, wo und wie einflussreich man jeden Tag handeln kann, ist es leichter, mit Dingen wie der weltpolitischen Lage oder der Pandemie-Entwicklung (»circle of concern«) umzugehen, auf die Sie keinerlei Einfluss haben.
Je stärker man sich selbst als Handelnde begreift, die den Alltag aktiv gestaltet, desto eher lässt man Umstände los, die sich der Wirksamkeit entziehen, ohne dabei in den Opfermodus zu fallen.
Zeichnet man drei Kreise auf ein Blatt Papier und ordnet die Gedanken den unterschiedlichen Einflussbereichen zu, wird der Einfluss noch offensichtlicher.