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Tipps und Argumente Sicher durch die Gehaltsverhandlung

Sie sind überzeugt, dass Sie mehr Gehalt verdient haben, als Sie bekommen. Doch wie überzeugen Sie Ihren Chef davon? Was Sie in einer Gehaltsverhandlung verlangen können und wie Sie am besten vorgehen.

Sie möchten gern mehr verdienen, doch sind sich nicht sicher, wie viel mehr Sie verlangen können. Ihnen fehlen auch noch die passenden Argumente? Hier verrät Karriere-Expertin Ines Speda, wie Sie eine Gehaltsverhandlung erfolgreich führen.

Wie Sie das Gehalt ermitteln

Bei einer Marktrecherche auf Vergleichsportalen können Sie sich eine erste Orientierung holen, rät Jobcoach Speda. Sie erfahren, wo die Durchschnittsgehälter liegen. Ihre Gehaltsvorstellung können Sie an den Mittelwert nach oben oder unten angleichen unter Berücksichtigung Ihrer eigenen Leistungen, besonderer Qualifikationen und Kompetenzen.

Wenn vergleichbare Positionen zum Beispiel ein Studium voraussetzen, das Sie selbst nicht haben oder die Firma in einer Region mit niedriger Gehaltsstruktur angesiedelt ist, sei laut Speda auch eine Anpassung nach unten sinnvoll.

Der Mittelwert hängt davon ab, in welcher Branche Sie arbeiten, wie groß das Unternehmen ist und wo es liegt. "Im Süden Deutschlands sind die Gehälter oft höher", sagt Speda. Da so viele Faktoren mit einfließen, sei eine Ermittlung nur bedingt möglich. Laut der Expertin gibt es das "eine richtige" Gehalt daher nicht.

Vor dem Gehaltsgespräch sollten Mitarbeiter und Bewerber auf jeden Fall nachschauen, wo der Mittelwert liegt. Fragen Sie auch Personen aus Ihrem Netzwerk, Bekannte, Freunde und Familienmitglieder, die in der Branche unterwegs sind, wo die Gehälter liegen. Ordnen Sie sich dann selbst ein.

Wie viel mehr Sie verlangen können

"Die Zahlen sind nie in Stein gemeißelt und wie viel Sie verlangen können, hängt auch von der Gehaltsstruktur in der jeweiligen Region ab", sagt Speda. Daran können Sie sich der Expertin zufolge orientieren:

  • 3 bis 4 Prozent plus/minus entspricht einer Standardgehaltserhöhung, wenn ihre Aufgaben gleichgeblieben sind (Inflationsausgleich).
  • 5 bis 8 Prozent mehr sind denkbar, wenn sich Ihre Leistung verbessert oder Ihre Qualität erhöht hat, während Sie weiter in gleicher Position arbeiten. Deutlich gesteigerte Leistung oder zusätzliche Qualifikationen könnten teils auch größere Gehaltssprünge rechtfertigen.
  • 10 bis 15 Prozent mehr können Sie beim Wechsel in ein anderes Unternehmen bei vergleichbarer Position verlangen - abhängig von Branche, Standort und Unternehmensgröße. In Ostdeutschland und am Niederrhein ist der Lohn in der Regel geringer als beispielsweise in Stuttgart. Generell gilt: Je größer das Unternehmen, desto höhere Gehälter sind denkbar.
  • 30 bis 50 Prozent mehr sind bei Beförderungen intern und extern möglich - sofern gut argumentiert.

Wie Sie eine Gehaltserhöhung bekommen können

In vielen Unternehmen finden regelmäßig Personalgespräche statt. Diese können Sie zum Anlass für eine Gehaltsverhandlung nehmen. Kündigen Sie Ihrem Vorgesetzten am besten an, dass Sie bei dem Termin gern auch Ihr Gehalt ansprechen würden. Dadurch können sich beide Seiten vorbereiten.

Wenn es kein Jahresgespräch gibt oder gerade keines ansteht, sprechen Sie Ihren Chef an: "Ich hätte gern ein Mitarbeitergespräch, um über die vergangenen Monate zu reden."

Wie Sie einen Gehaltsausgleich fordern

Stellen Sie sich eine Waage vor: Auf der einen Seite sind Sie mit Ihrer Leistung und Ihrer Qualität. Auf der anderen Seite ist das Gehalt. Welche Aufgaben sind wie gelaufen? Welches Projekt war erfolgreich? Sticht eine Leistung besonders hervor?

Die drei Hauptargumente packen Sie auf Ihre Seite. "Sobald die Waage zugunsten Ihrer Leistungen ausschlägt, bringt ein entsprechender Ausgleich auf der Gehaltsseite das nötige Gleichgewicht zurück", sagt Speda. Ihr Ziel ist es, mit mehr Gehalt monetär auszugleichen.

Vorbereitung auf die Gehaltsverhandlung

  • Argumente sammeln und bündeln: "In einem Arbeitstagebuch können Sie Ihre Leistungen und Weiterbildungen festhalten und über Monate aufschreiben, was Ihnen gut gelungen ist", sagt Speda. Entscheiden Sie sich dann für Ihre top drei Argumente für eine sinnvolle Verhandlungsstrategie. Zum Beispiel: Die Firma spart und verdient Geld. Gleichzeitig haben sich meine Leistungen verbessert.
  • Sinnvolle Argumentationsstrategie: Wenn nach der Beförderung oder dem Jobeinstieg schon Erfolge erzielt wurden, können Sie chronologisch argumentieren. Welche Erfolge hatten Sie in der Vergangenheit? Stellen Sie dann den Bezug zur Gegenwart her und blicken Sie auch in die Zukunft: Wie soll es weitergehen? Sind neue Projekte geplant, für die Sie mehr Verantwortung übernehmen?
  • Gegenargumente überlegen: Wenn ihr Chef sagt, die Firma habe nicht genug Geld, mehr Lohn sei nicht möglich oder die Gehälter sollen gerecht verteilt sein, sollten Sie vorbereitet sein. Wie haben Sie zum Erfolg der Firma beigetragen? Mehr dazu und Beispiele finden Sie unter "Argumente abwehren und die richtigen bringen" weiter unten im Text.
  • Klare Worte und Rhetorik üben: Um zu überzeugen, sollten Sie nicht in Konjunktiven reden, sondern klare Worte verwenden. Wie Ihre Argumente wirken, können Sie nur durch direktes Feedback erfahren - zum Beispiel mit Ihrem Partner, Ihren Eltern, mit guten Freunden, vorm Spiegel oder beim professionellen Coaching.
  • Wohlfühlen: Sicher sollten Sie Ihr Auftreten nicht vernachlässigen. Doch es gibt kein Pauschalrezept. "Rhetorik, Mimik und Körpersprache müssen zueinander passen, um überzeugend und souverän wirken zu können", sagt die Expertin. Am wichtigsten ist, dass Sie sich wohlfühlen mit der Strategie - und auch mit dem Gehalt, das Sie fordern.

Drei Ziele, die Sie sich vorab überlegen sollten

1. Das Minimalziel: Diesen Betrag sollten Sie immer als Untergrenze im Kopf behalten und nur in Ausnahmefällen unterschreiten - zum Beispiel beim Ausgleich durch attraktive Alternativziele. Ihr Verhandlungsspielraum liegt zwischen dem Minimal- und dem Maximalziel.

2. Das Maximalziel: Speda spricht hier vom sogenannten Lächelfaktor. "Schlagen Sie ausgehend von Ihrem Minimalziel nach und nach noch ein Schippchen auf Ihr Wunschgehalt drauf bis ein zufriedenes Lächeln in Ihrem Gesicht erscheint", sagt die Expertin.

Wichtig ist, dass Sie realistisch bleiben und nicht übertreiben. Um Ihren Wunsch im Gespräch glaubwürdig rüberzubringen und Überzeugung auszustrahlen, müssen Sie auch selbst davon überzeugt sein.

3. Alternativziele: Kommt mehr Lohn nicht in Frage, können Sie sich immer noch auf alternative Ziele einigen wie Betriebsrente, Firmenwagen, Prämien wie einmalige Bonuszahlungen oder je nach Position auch eine prozentuale Beteiligung am erzielten Umsatz.

So läuft eine Gehaltsverhandlung ab

Beachten Sie die Hierarchie: Wenn Sie einen besseren Draht zum Chefchef haben, sollten Sie Ihren direkten Chef dennoch nicht ausbooten. Falls Sie sich weniger gut mit ihrem direkten Vorgesetzten verstehen, laden Sie am besten eine höhere Führungskraft oder den Betriebsrat mit ein zum Gespräch.

Das Gespräch beginnt mit der Begrüßung. "Vor allem, wenn Sie zum ersten Mal miteinander zu tun haben, ist das ein relevanter Eindruck", sagt die Jobtrainerin. Mit festem Händedruck und offenem Blickkontakt wirken Sie souverän.

Meist kommt dann Smalltalk und bestenfalls sprechen Sie schon über Ihre Leistungen und Qualifikationen. Es folgt die Überleitung zur Gehaltsverhandlung: Was machen wir damit? Soweit es geht: Lassen Sie den Chef das Thema Lohnerhöhung aufbringen. "Sonst wirken Sie schnell ungeduldig, fordernd oder gierig", sagt Speda.

Jedoch sollten Sie als erster einen Betrag nennen und nicht den Chef das erste Angebot machen lassen. Hier greife laut Expertin der sogenannte Ankereffekt. "Die erste Zahl, die in der Gehaltsverhandlung fällt, setzt den Rahmen, in dem sich das Ergebnis abspielen wird", sagt Speda.

Wenn Ihr Chef ein Jahresgehalt von 50.000 Euro vorschlägt, Sie sich aber ein Jahresgehalt von 60.000 oder 70.000 Euro vorgestellt haben, wäre das demnach ein Problem. Der Ankereffekt ist Ihre Chance: Wenn Sie die erste Zahl in den Raum werfen, wird sich das Endergebnis wahrscheinlich daran orientieren.

Krumme Zahlen

"Eine Studie der Uni Saarbrücken hat festgestellt, dass zum Beispiel der Kaufpreis eines Gebrauchtwagens weniger runtergehandelt wird, wenn der Verkäufer eine 'krumme' Ausgangszahl in den Raum stellt", sagt Speda. Die Expertin empfiehlt, in Gehaltsgesprächen mit krummen Zahlen auf Hunderterebene zu handeln: 59.600 oder 60.300 statt 60.000 Euro.

Argumente abwehren und die richtigen bringen

Bringt Ihr Chef Gegenargumente, bewahren Sie Ruhe. Stimmen Sie gegebenenfalls kurz zu, um dann in die von Ihnen vorbereitete Argumentation zurückzufinden, rät die Expertin. Zum Beispiel, indem Sie an die gute Auftragslage erinnern oder dass die Firma im Aufschwung ist. Zeigen Sie Verständnis: "Das verstehe ich. Aber..."

Bleiben Sie bei sich und Ihrer eigenen Leistung. Argumentieren Sie nicht mit Inflation, Wohnung oder Umzug. Wenn Sie einen bestimmten Schein gemacht haben, sagen Sie das, um zu zeigen, dass Ihr Marktwert gestiegen ist. Lassen Sie Privates außen vor. Verdeutlichen Sie stattdessen, was die Firma oder der Chef davon hat, wenn Sie mehr Gehalt bekommen - beispielsweise Entlastung.

"Gute Arbeit soll auch entsprechend bezahlt werden", sagt Speda. Denn: "Ein motivierter Mitarbeiter bringt mehr Leistung." Ob die Balance zwischen Leistungen und Gehalt stimme, wirke sich nämlich - auch unbewusst - auf die Zufriedenheit des Mitarbeiters aus. Zum Vergleich nennt die Expertin folgendes Beispiel: Sie möchten ein Luxusauto fahren, sind aber nur bereit, für das kleinste Basismodell zu zahlen. Wie schätzen Sie Ihre Erfolgschancen ein, das Premiummodell zu bekommen?

Don'ts im Gehaltsgespräch

"Machen Sie den Chef nicht zum Feind, sondern zum Partner", sagt die Expertin, "dann sind die Erfolgschancen höher." Drohen Sie nicht mit einer Kündigung, denn dann könnte Ihr Chef auf stur schalten. Wenn Sie Ihren Chef unter Druck setzen, könne er schnell zu einer entsprechenden Trotz- oder Abwehrreaktion neigen.

Stattdessen sollten Sie sich vorher sehr gute Argumente überlegen und diese überzeugend vorbringen, "dass die Führungskraft gar nicht anders kann, als diese anzuerkennen", sagt Speda. Schließlich sei ein gemeinsames Ziel für beide erstrebenswert.

Und: "Bitte unbedingt beachten, keinerlei Vergleiche mit den Kollegen selbst anzuregen oder gar sich in diese Vergleichsposition drängen zu lassen - da können Sie nur verlieren", warnt die Expertin.

Der Chef macht das Gehalt nicht zum Thema

Wenn von Chefseite nichts kommt, sprechen Sie selbst den Lohn an, rät die Expertin. Sagen Sie, dass noch ein Aspekt fehlt: "Moment, wir haben noch ein Thema." Hier können Sie gut mit dem Beispiel der Waage überleiten: Welche Aufgaben und Projekte waren besonders erfolgreich? Nennen Sie Ihre drei Hauptargumente und sprechen Sie dann die andere Seite der Waage an - das Gehalt.

Hat der Vorgesetzte in dem Moment keine Zeit mehr, vereinbaren Sie einen separaten Termin für das Gehaltsgespräch.

Unter Druck gesetzt

Was, wenn das Angebot, das Ihr Chef bringt, unter oder nahe beim Minimalziel liegt? "Sie müssen sich nicht zwingend in der Situation auf ein Gehalt festnageln lassen", sagt Speda. Nehmen Sie den Vorschlag gern noch mal mit. Reden Sie mit ihrem Partner, schlafen Sie eine Nacht drüber.

Sagen Sie bereits im Gespräch, Sie brauchen ein bis zwei Tage Zeit. Sagen Sie, dass Sie gern noch einmal darüber nachdenken möchten und sagen Sie, bis wann Sie Ihrem Chef Bescheid geben werden. "Dann am besten erneut die Argumente überarbeiten oder verfeinern und auf jeden Fall in der angegeben Frist zurückmelden und einen neuen Termin vereinbaren", rät die Expertin.

Es gilt: Wenn Sie unsicher sind, lassen Sie sich nicht drängen. Doch wenn Sie zufrieden sind, verzögern Sie nicht künstlich.

Nach dem Gespräch

In manchen Unternehmen gibt es ein Gesprächsprotokoll oder vorgefertigte Formulare - wie die Personalakte, um das Ergebnis oder den Ablauf der Verhandlung festzuhalten. In kleineren Unternehmen oder Firmen mit flacheren Hierarchien gibt es oft nicht direkt eine schriftliche Fixierung des verhandelten Gehalts.

Wird kein gemeinsames bestätigendes Dokument verfasst, empfiehlt Speda im Zweifelsfall tätig zu werden. Zum Beispiel mit einer E-Mail, in der Sie sich zunächst für dieses bedanken. "Ein Dank am Anfang entschärft die Nachricht", sagt die Expertin. So könnten Sie den Text freundlich und deutlich formulieren:

"Ich möchte mich noch einmal herzlich für das konstruktive Mitarbeiter-/ Jahresgespräch bedanken und halte gern noch einmal die vereinbarten Punkte für uns fest: Aufzählung der Punkte/Eckdaten. Sollten Sie hierzu noch Fragen oder Anmerkungen haben, kommen Sie bitte gern auf mich zu."

Gehaltsverhandlung per E-Mail?

"Gehaltsverhandlungen per E-Mail sind scheinbar möglich, aber eher ungewöhnlich", sagt die Expertin. Zwar sei es vielleicht angenehm, nicht sofort reagieren zu müssen und zudem möglich, das Geschriebene ein zweites Mal zu lesen, bevor Sie es absenden. Doch sei ein persönliches Gespräch wertvoller, zielführender und der effektivste Weg.

Denn im geschriebenen Text können Sie nicht auf allen Ebenen überzeugen. "Durch Ihre Stimme und körperliche Präsenz können Sie Ihre Argumente souverän und überzeugend rüberbringen", sagt Speda. Eine E-Mail könne ungewollt barsch klingen oder zu weichgespült. Nutzen Sie daher lieber möglichst viele Sinne, um Ihr Anliegen zu vermitteln.

Foto: FineADesign

Ines Speda, Jahrgang 1970, ist Jobcoach und -trainerin in Rheinberg.

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