Gender-Pay-Gap Gleicher Lohn für Frauen? Aber nicht hier
Frauen in Süddeutschland sind vom Gender-Pay-Gap im Beruf deutlich stärker betroffen als in anderen Regionen. Der Gehaltsrückstand gegenüber Männern ist in Bayern und Baden-Württemberg deutlich größer als etwa in den ostdeutschen Bundesländern. Das zeigt eine Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung.
Demnach verdienen Frauen in Baden-Württemberg im Schnitt 22,7 Prozent weniger als Männer, in Bayern sind es 21,9 Prozent. Dagegen beträgt der Unterschied in Brandenburg nur 14,9 Prozent und in Sachsen-Anhalt 15,5 Prozent.
Im Schnitt für das gesamte Bundesgebiet liegt der Gender-Pay-Gap bei 21 Prozent. Frauen erhielten demnach im vergangenen Jahr im Mittel 17,09 Euro brutto je Stunde, Männer 21,60 Euro.
Die Autoren der Studie führen zwei Hauptgründe für ihre Ergebnisse an:
- Einerseits lässt sich die Gehaltslücke zwischen den Geschlechtern mit Gehaltsunterschieden zwischen verschiedenen Berufen erklären. "So arbeiten Frauen überdurchschnittlich häufig in vergleichsweise schlecht bezahlten Berufen, zum Beispiel als Verkäuferin im Einzelhandel (Durchschnittsgehalt der Frauen: 1.991 Euro brutto, Frauenanteil unter den Befragten: 66 Prozent), als Physiotherapeutin (2.296 Euro brutto, 67 Prozent Frauen) oder Erzieherin (2.701 Euro brutto, 75 Prozent Frauen)", heißt es in der Auswertung.
"Bei den Löhnen hinken die sozialen Berufe, in denen Frauen deutlich überrepräsentiert sind, oft hinterher", sagt Malte Lübker, Experte für Tarif- und Einkommensanalysen am Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. In den technischen Berufen, in denen höhere Löhne gezahlt würden, betrage der Männeranteil dagegen oft 90 Prozent oder mehr.
- Darüber hinaus besteht aber auch eine deutliche Gehaltslücke zu Lasten von Frauen innerhalb einzelner Berufe. So verdienen weibliche Versicherungskaufleute nach den ausgewerteten Daten 21 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen, Bauingenieurinnen und Chemikerinnen sind 16 Prozent schlechter bezahlt, bei Sozialpädagoginnen beträgt der Rückstand 11 Prozent.
"Teilzeit und längere Elternzeiten werden in den Betrieben häufig abgestraft, da sie als Signal für geringeres Arbeitsengagement gelten", sagt die WSI-Arbeitszeitforscherin Yvonne Lott. Das betreffe Frauen deutlich stärker, da diese häufiger die Hausarbeit und Pflege von Angehörigen übernehmen. "Etwas verkürzt gesagt: Eine Mutter auf einer Teilzeit-Stelle macht seltener Karriere. Und es gibt auch Unternehmen, die Teilzeitarbeit schlechter bezahlen als vergleichbare Vollzeitjobs, obwohl das illegal ist."
Berücksichtigt man in der Rechnung, dass Frauen schlechter bezahlte Stellen haben und wesentlich häufiger in Teilzeit arbeiten als Männer, dann liegt der Gender-Pay-Gap bei sechs Prozent.
Einzelheiten zur Studie
Beide Faktoren erklären, warum wirtschaftlich starke Bundesländer wie Baden-Württemberg und Bayern die größeren Gehaltslücken haben: "In beiden Ländern ist das verarbeitende Gewerbe, insbesondere die Automobilindustrie, stark verankert und bietet gut bezahlte Jobs - in denen ganz überwiegend Männer arbeiten", heißt es in der Untersuchung.
In Ostdeutschland dagegen fehlen oftmals die großen Industriebetriebe und damit auch die traditionellen Berufsperspektiven für Männer. Weil obendrein das Lohnniveau auch noch unter dem im Westen liege, ließen sich die niedrigeren Werte beim Gender-Pay-Gap nicht mit besonders fairen Frauen-Löhnen erklären, "sondern mit dem großen Abstand der ostdeutschen Männer gegenüber den Männern im Westen".
Außerdem mache sich in Ostdeutschland bemerkbar, dass eine volle Berufstätigkeit von Müttern viel weiter verbreitet sei als im Westen. Dazu trage auch das bessere Angebot in der Kinderbetreuung bei.