
Geocaching-Firma: Die Schatzsucher aus Seattle
Geocaching-Pionier Mit Schatzsuche zum großen Geld
Gut versteckt ist die Schatztruhe nicht gerade. Sie steht mitten im Foyer. Das hölzerne Kästchen enthält einen dicken Ordner, in dem Besucher des Unternehmens Groundspeak ihre Ankunft dokumentieren - mit Passbildern, die im bereitstehenden Fotoautomaten gemacht werden.
Für viele Geocacher ist es etwas Besonderes, in Seattle die Firma zu besichtigen, die ihr Hobby groß gemacht hat. Geocaching.com , die Internetseite von Groundspeak, ist die größte Geocaching-Datenbank der Welt. 2,3 Millionen Schätze, Caches genannt, sind dort gelistet, darunter mehr als 300.000 aus Deutschland. Ihre Koordinaten lassen sich auf Handys und Navigationsgeräte herunterladen.
Für alle, die es noch nicht kennen: Geocaching ist ein Hobby, das Natur und Technik vereint. Das Ziel besteht darin, ein Versteck mit Hilfe von GPS-Koordinaten aufzuspüren. Wer fündig geworden ist, vermerkt das in einem Logbuch, das dem Schatz beiliegt. Ins Internet kommt ebenfalls ein Eintrag, versehen mit einem Hinweis, wie schwierig das Rätsel war.
Groundspeak-Gründer Jeremy Irish hat aus dem Hobby ein florierendes Geschäft gemacht. Schon im Jahr 2000 sicherte er sich die Domain Geocaching.com - nur wenige Monate nachdem der erste Cache vergraben worden war. Viele Nutzer kritisieren bis heute, dass es der Amerikaner von Anfang an auf eine Vermarktung abgesehen hatte. In Foren wird Groundspeak oft nur mit "G$" abgekürzt.

Zehn Erfolgsgeschichten: Gut gegründet
Den Großteil verdient das Unternehmen mit Premium-Mitgliedschaften, die jährlich 30 Dollar kosten. Wer sie abschließt, kann mehrere Caches gleichzeitig auf seinem mobilen Gerät speichern. Wie viel Groundspeak damit einnimmt, bleibt ein Geheimnis, genau wie alle anderen finanziellen Fragen. Fest steht: Es reicht, um 75 Mitarbeiter zu bezahlen und ihnen allerhand Chichi zu bieten, zum Beispiel eine Videospiel-Konsole im Großraumbüro.
Die Deutsche Annika Ledbetter, 32, ist mit den Arbeitsbedingungen zufrieden. "Hier sind viele Kollegen auch privat befreundet", sagt die Biologin, die seit einem Jahr bei Groundspeak arbeitet. In ihren Aufgabenbereich fällt der "Volunteer Support". Sie koordiniert die weltweit 430 Freiwilligen, die für die Firma Foren moderieren, Caches auf Richtlinien überprüfen oder den Inhalt der Schatztruhen übersetzen - unbezahlt. Auch das ist ein Punkt, der häufig kritisiert wird.
"Die Firma nutzt ihr Monopol gnadenlos aus"
Bryan Roth, einer der drei Geschäftsführer, verteidigt das Geschäftsmodell. "Nur mit Spenden geht es eben nicht", sagt er. "Wenn wir kein Geld einnehmen würden, gäbe es uns heute nicht."
Das sieht auch Thomas Mönkemeier so, Gründer des größten deutschen Geocaching-Forums Geoclub . "Ohne Groundspeak wäre unser Hobby vielleicht in der Bedeutungslosigkeit verschwunden." Die starke Kommerzialisierung ist ihm aber suspekt: "Wenn man ernsthaft Geocaching betreiben will, kommt man an einer Premium-Mitgliedschaft nicht vorbei. Dieses Monopol nutzt die Firma gnadenlos aus."
Tatsächlich gibt es einige Alternativen, in Deutschland zum Beispiel die Seite Opencaching.de . Sie wird von einem Verein betrieben, der mit Jagdverbänden und der Deutschen Wanderjugend zusammenarbeitet. Allerdings finden sich dort mit etwa 150.000 Caches nur halb so viele Verstecke wie in der amerikanischen Datenbank.
"Man darf bei Geocaching.com nicht darauf hinweisen, dass Caches auch bei uns gelistet sind", kritisiert der Vereinsvorsitzende Michael Vaahsen. Sonst würden sie einfach gelöscht. "Das zeigt uns aber zumindest, dass man uns als Konkurrenz wahrnimmt."
Geoclub-Betreiber Mönkemeier wünscht sich hingegen, dass Groundspeak das Spiel weiterentwickelt. Das Unternehmen solle endlich in eine moderne App investieren, um dem Stand der Technik gerecht zu werden. "Momentan tut sich da aber überhaupt nichts."
Solche Vorwürfe weist Groundspeak-Chef Roth zurück: "Wir sind gerade dabei, die Definition von Geocaching zu erweitern." Als Beispiel nennt er eine Schatzsuche, bei der man etwas lernen kann. "Man könnte es wie eine Stadtführung aufziehen, bei der man Informationen vermittelt bekommt."
Auch die Firmenzentrale muss moderner werden, finden die Chefs. In Zukunft soll sich die Schatztruhe im Foyer automatisch öffnen.

Steve Przybilla (Jahrgang 1985) ist freier Journalist und lebt in Freiburg im Breisgau.