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Ein Gründer blickt zurück "BWL nützt gar nichts"

Für die Firmengründung fühlte sich Thorsten Kucklick gut gerüstet. Investitionen, Finanzen, Marketing - jahrelang hatte er das im Studium gebüffelt. Doch in der Praxis stellte der Wirtschaftswissenschaftler schnell fest: Ich habe das Falsche gelernt.
Passt das zusammen? Im BWL-Studium werden selten konkrete Probleme gelöst

Passt das zusammen? Im BWL-Studium werden selten konkrete Probleme gelöst

Foto: Corbis

"Ja, auch ich habe ein klassisches Massenstudium absolviert: Betriebswirtschaftslehre und Volkswirtschaftslehre an der Uni Hannover. Das Studium schien mir interessant, und es galt als Eintrittskarte in die Berufswelt der Manager. Zunächst lief alles nach Plan. Schon nach wenigen Bewerbungen fand ich eine Traineestelle bei einem Hamburger Verlag. Doch dann hatte ich diese Geschäftsidee und merkte: Mein Studium nützt mir gar nichts.

Ich hatte geglaubt, als diplomierter Wirtschaftswissenschaftler für die Start-up-Welt besonders gut gewappnet zu sein. Das war ein Trugschluss. Schon bei der Suche nach Startkapital steckte ich auf einmal in einem Dschungel aus Risikokapitalgebern, Business Angels und öffentlichen Förderprogrammen. Gut, ich hatte Vorlesungen im Fach Finanzierung. Davon sind bei mir hochtrabende Investitionsrechnungen und Finanzierungstheorien hängengeblieben. Aber damit konnte ich als Gründer relativ wenig anfangen.

Außerdem musste ich erste Kunden gewinnen, Thema Marketing also. Im Studium bin ich bombardiert worden mit Powerpoint-Präsentationen zu psychologischen Modellen und Marketingtheorien. Das Handwerkszeug für Öffentlichkeitsarbeit (oder: wie man ohne nennenswertes Budget Neukunden gewinnt) hatte ich nicht gelernt.

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Foto: adidas

Eine Uni muss wissenschaftlichen Ansprüchen gerecht werden, klar. Woran es aber hapert, sind die Inhalte des klassischen BWL-Studiums: Sie sind in erster Linie auf Großunternehmen und Mittelständler ausgerichtet. Gründer managen aber keine bestehenden Geschäftsmodelle, sondern müssen erst mal eines auf die Beine stellen. Wie man das macht, steht in keinem BWL-Schinken.

Zu wenig Praxiswissen im Studium

Bücher wie "Rework", "Tipping Point" oder "Die 4-Stunden-Woche" halten wissenschaftlichen Kriterien kaum stand, aber hätte ich sie während des Studiums in die Finger bekommen, wären schnell einige Fragen geklärt gewesen.

Im Rückblick muss ich sagen: Ein klassisches BWL-Studium ist für angehende Gründer nicht erforderlich und bringt herzlich wenig. Es vermittelt zu wenig Praxiswissen, und es dreht sich zu sehr um vorhandene Strukturen.

Wenn ich noch mal die Wahl hätte, würde ich eher etwas Fachspezifisches wie Produktdesign oder Informatik studieren. Oder mir zumindest eine Universität suchen, die auf Entrepreneurship spezialisiert ist. Viel gelernt habe ich zum Beispiel vom Berliner Hochschulprofessor Günter Faltin - ohne, dass ich jemals in einer seiner Vorlesungen war. Sein Buch "Kopf schlägt Kapital" sehe ich als Standardwerk.

Angehenden Firmengründern rate ich, erst mal ein Praktikum bei einem Start-up zu machen. Und, ganz wichtig, sich mit anderen Gründern auszutauschen, bei Stammtischen, Konferenzen, in Blogs."

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