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Carmen Michaelis

Tipps von der Karriereberaterin Ähm, ich sage, ähm, zu oft »Ähm«

Carmen Michaelis
Ein Gastbeitrag von Carmen Michaelis
IT-Experte Ralf ist verunsichert: Eine Kundin meint, er sage zu oft »Ähm« und schmälere dadurch seinen guten Eindruck. Wie bekommt er das Problem in den Griff?
Das Publikum ist da, die Worte nicht: Ähm-Sager haben es nicht leicht

Das Publikum ist da, die Worte nicht: Ähm-Sager haben es nicht leicht

Foto: FS Productions / DEEPOL / plainpicture

Ralf, 52 Jahre, fragt: »Ich bin seit knapp 20 Jahren in der IT. Seit Anfang des Jahres habe ich eine neue Stelle in unserem Unternehmen. Ich habe mich gut eingearbeitet und fühle mich in meiner Rolle wohl. In meiner Selbstwahrnehmung kann ich den Kunden sehr komplexe technische Inhalte gut vermitteln, bin in Gesprächen ruhig und lösungsorientiert. Nun hat mir jemand von außerhalb nach einer Telefonkonferenz gespiegelt, dass ich zwar sachlich und kompetent das Gespräch führte, aber meinen Eindruck dadurch belastete, dass ich sehr häufig »ähm« in meine Rede eingebaut hätte. Von meinen Kolleg*innen hat mich darauf bislang noch keiner hingewiesen. Haben Sie einen Rat, wie ich diese Veränderung angehen kann?

Zur Autorin

Carmen Michaelis war zehn Jahre Führungskraft in einem Unternehmen, zuletzt stellvertretende Geschäftsführerin. Seit 2004 arbeitet sie selbstständig als Coach, Trainerin und Moderatorin für Unternehmen. E-Mail an karriere.leserpost@spiegel.de schreiben   Stichwort Carmen Michaelis .

Lieber Ralf,

ähm, darüber muss ich kurz nachdenken. Genau diese Funktion erfüllt nämlich das »ähm«: Es verschafft Zeit zum Nachzudenken. Im Fachjargon heißt der sogenannte Verzögerungslaut oder Fülllaut »Hesitation«. Er gehört zu unserer Kommunikation und erfüllt eine wertvolle Funktion. Dem Redner verschafft es eine Denk- und Atempause, den Zuhörern und Zuhörerinnen einen Moment, das Gesagte besser zu erfassen. Kurzum: Füllwörter wie »ähm« oder »äh« gehören zur Sprechplanung und sind genau genommen versprachlichte Pausen. Oft hilft ein »Ähm« sogar, das gesuchte Wort oder den Gedanken schneller zu finden.

Wir brauchen also das »Ähm«, so sagt es auch die Sprechwissenschaftlerin Judith Pietschmann von der Universität Halle. Es gehöre, sagt sie, zum natürlichen Fluss der gesprochenen Sprache. Dabei kommt es natürlich auf die richtige Dosis an. Häufig schleichen sich die Füllwörter in unguter Menge ein, sodass wir unsicher wirken und die Aussagen an Kompetenz verlieren. Sollte es so sein, gibt es Mittel und Wege, um dies zu vermeiden.

Doch ehe Sie sich daran machen, prüfen Sie genau, ob die Aussage des Kollegen wirklich stimmt. Sie schreiben, Sie verstehen Ihr Metier und haben bislang kein ähnliches Feedback erhalten. Möglicherweise handelt es sich um eine Einzelmeinung. Verifizieren Sie diese Rückmeldung zunächst, indem Sie bei nächster Gelegenheit einen Kollegen oder eine Kollegin bitten, darauf zu achten. Vielleicht können Sie sich sogar bei einem Gespräch oder einer Präsentation via Handy aufnehmen.

Prüfen Sie ebenso, ob es sich in besagtem Fall um eine besondere Situation gehandelt hat, in der Sie etwas verunsichert oder gestresst hat: das Thema, die knappe Zeit, die beteiligten Personen? Stress und Nervosität produzieren »Ähms«, da die Konzentration sinkt und die Worte nicht mehr so schnell zu finden sind.

Sollten Sie zu der Einschätzung kommen, dass Sie zu häufig ein »Ähm« einsetzen, probieren Sie, dieses Füllwort zu reduzieren. Nicht zielführend ist es, sich zu verbieten, es zu benutzen. Sagen Sie sich immer »Ich darf kein ›Ähm‹ mehr benutzen«, wird es präsenter denn je sein. Konzentrieren Sie sich besser auf Ihre Inhalte und Ihre Gesprächspartner.

Was aber kann helfen, das »Ähm« zu vermeiden? Hier einige Ansätze:

Sprechen Sie auf den Punkt
Gehen Sie am Ende eines Satzes mit der Stimmlage nach unten. Wenn Sie mit der Stimme oben bleiben, signalisiert Ihnen Ihr Gehirn, dass der Satz noch nicht zu Ende ist und so schleichen sich zur Überbrückung gern die unerwünschten »Ähms« ein. »Ein Satz – eine Aussage« heißt die Gliederungsformel.

Sprechen Sie in kurzen Sätzen
Menschen, die kurze Hauptsätze nutzen, geraten weniger in Gefahr, Füllworte zu verwenden. Viele Haupt- und Nebensätze verleiten dazu, Füllwörter einzubauen, da der Überblick verloren geht und man sich neu sortieren muss. Üben Sie sich in kurzen Aussagen, und verzichten Sie ganz bewusst auf Nebensätze. So entstehen automatisch kleinere Pausen zwischen den Sätzen. Ein »Ähm« hat so keine Chance. Nutzen jedes kleine Gespräch, jedes Telefonat zu Übungszwecken.

Sprechen Sie bedachtsam und damit langsam
Mit einem geringeren Sprechtempo bleibt Ihnen Zeit, den passenden Anschluss zu finden. Selten ist jemand dafür kritisiert worden, zu langsam zu sprechen. Nehmen Sie sich bei dieser Übung einmal auf. Dann wird Ihnen auffallen, wie angenehm und keineswegs langsam Ihr Sprechtempo ist.

Gestikulieren Sie stärker
Hände und Arme betonen Ihre Aussagen und die Bewegungen helfen dem Gehirn, schneller die richtigen Worte zu finden.

Ersetzen Sie das »Ähm« durch eine bewusste Pause
Atmen Sie tief durch und sprechen Sie dann weiter. Auch Ihr Gegenüber dankt es Ihnen, wenn Sie Ihre Rede entschleunigen und Zeit ist, um das Gehörte aufzunehmen.

Drücken Sie die Zungenspitze an den Gaumen

Diese Methoden verwenden die Chinesen seit mehr als tausend Jahren im Qi Gong, um sich zu entspannen und zu sammeln. Statt eines »Ähm« drücken Sie die Zungenspitze vorn an den Gaumen, lassen dann los und reden entspannt weiter.

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