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Interne Unternehmensberatung Axt im Haus

Es muss nicht immer McKinsey, Roland Berger oder BCG sein, Firmen wie Allianz, Bosch oder Volkswagen packen Probleme mit eigenen Berater-Abteilungen an. Inhouse Consulting ist ein Tipp für Berater, die nicht ewig aus dem Koffer leben wollen.
Foto: Corbis

Umzugswagen halten vor der Commerzbank in der August-Ruf-Straße in Singen, 30 Kilometer westlich von Konstanz. Die Packer laden Kartons aus, ein Möbellift schnurrt los. Früher wehte hier "das grüne Band der Sympathie", das Wahrzeichen der Dresdner Bank, jetzt zeugt das gelbe Logo vom Zusammenschluss mit der Commerzbank.

Aus zwei mach eins: In Singen werden künftig auch Firmenkunden betreut, für die bislang die Filiale in Villingen zuständig war. Die betroffenen Berater der Mittelstandsbank ziehen um. Mit Rollcontainer und Lieblingstasse. Und mit der Sorge, ob die neuen Kollegen nett sind oder das Büro nicht zu dunkel oder die Fahrzeit nach Hause nicht zu lang.

"Es ist nicht ungewöhnlich, dass bei einer Integration, wie wir sie erlebt haben - die größte der deutschen Bankengeschichte, Mitarbeiter auch verunsichert sind", sagt Katrin Becht, 30. "Vor allem die, die sich an eine neue Arbeitsumgebung gewöhnen müssen." Als Projektmanagerin der Commerz Business Consulting in Frankfurt am Main, der internen Unternehmensberatung der Commerzbank, weiß Becht, dass ein Umzug durchaus auf der Mitarbeiterseele lasten kann.

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Steckbriefe: Unser Job als Inhouse Consultant

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Während der Integration der Dresdner Bank begleitete sie den Umbau der Mittelstandsbank. Ihre Rolle war es, Ängste zu verstehen, Bedenken auszuräumen, Mut zu machen; ihre Bühne war vor allem das Intranet. "Wir haben in der Kommunikation die positiven Aspekte der Veränderung gezielt hervorgehoben", sagt Becht, "zum Beispiel die Chance, dass man durch einen Umzug neue nette Kollegen kennen lernen kann."

Zwei Drittel der Dax-30-Unternehmen verfügen über ein eigenes Inhouse-Consulting (IHC). Die Einheiten arbeiten den Geschäftsbereichen zu und buhlen mit externen Beratungen um Projekte. Die Axt im Haus erspart zwar nicht immer den McKinsey-Mann, aber immer öfter: Nach einer Umfrage unter den Mitgliedern des Netzwerks Inhouse-Consulting, in dem 30 Beratungseinheiten großer Unternehmen zusammengeschlossen sind, stieg der Umsatz 2011 um 17,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Wachstum für die internen Berater

Für den gesamten Consulting-Markt hat der Bundesverband Deutscher Unternehmensberater (BDU) ein Plus von 9,6 Prozent errechnet. Und das Stück, das sich die internen Consultants vom Kuchen abschneiden, wird größer: 2012 erwarten sie eine Steigerung um 17,9 Prozent, während der Gesamtmarkt laut BDU einen Gang herunterschaltet, auf sieben Prozent.

Eine Studie von 2009, die die European Business School (EBS) zusammen mit Bayer Business Consulting veröffentlicht hat, bringt Licht in einen jungen Bereich der Beraterbranche: Die meisten internen Beratungen wurden ab Ende der neunziger Jahre aufgebaut, in der Regel auf Initiative des Vorstands der Muttergesellschaft. Die Idee war, Beraterhonorare zu sparen, den eigenen Managementnachwuchs auszubilden und eine schnelle Eingreiftruppe für Krisen zu haben. Insgesamt gibt es 100 bis 150 IHC-Einheiten in Deutschland, mit zusammen 2000 bis 2600 Beratern, die fast alle einen Master, ein Diplom oder einen Doktortitel vorweisen können. Der Gesamtumsatz wird auf 450 bis 640 Millionen Euro geschätzt. Die Projekte betreffen hauptsächlich die Strategie- und Organisationsentwicklung sowie die Prozessoptimierung.

Talentpool für den Konzern

Ob der Start als Inhouse Consultant mit einer McKinsey-Karriere mithalten kann, hängt von der Einstiegsadresse ab - und den persönlichen Präferenzen. Große IHC-Einheiten wie die von RWE, Volkswagen oder Deutsche Post DHL haben bis zu 130 Berater und wickeln Projekte ab, die nicht weniger anspruchsvoll als die der externen Konkurrenz sind. "Projektmanager, Analytiker, Lösungsfinder oder Coach" - so beschreibt die BASF Management Consulting ihr Rollenverständnis.

Das Geschäft ist international, beispielsweise kommen die Berater der Deutschen Bank in Großbritannien, Dubai, Indien, China, Spanien, Italien oder Osteuropa zum Einsatz. Projekte der Allianz Inhouse Consulting dauern sechs bis zwölf Monate und werden schlüsselfertig übergeben. Überstunden und mehrwöchige Aufenthalte beim Kunden verstehen sich von selbst - "Inhouse" klingt beschaulich, doch viele Berater leben zeitweise aus dem Koffer.

Auch zwischen interner und externer Beratung gibt es Unterschiede. Laut EBS-Studie sind 56 Prozent der Mitarbeiter in IHC-Einheiten jünger als 35 und nur acht Prozent älter als 46. Zwei Drittel von ihnen bleiben nur drei bis vier Jahre an Bord. Externe Wettbewerber haben mehr Silberschläfen und weniger Durchlauf. "Eine Rotation in die Linie nach einigen Jahren als interner Berater ist ausdrücklich gewünscht und Teil unseres Geschäftsmodells", erläutert Alexander Meyer auf der Heyde, Leiter von Bayer Business Consulting in Leverkusen. "Ganz klar werden wir bei Bayer als Talentschmiede gesehen und sorgen dafür, dass sich unsere Inhouse-Berater kontinuierlich weiterentwickeln werden, um später eine Führungsrolle übernehmen zu können."

Beratung ist nicht alles

Diese Aussicht dürfte vor allem Absolventen gefallen, die sich nicht auf die Beratung festlegen wollen. Was nicht heißt, dass sie ihre Bewerbung halbherzig betreiben dürfen. "Der Einstieg in die Inhouse-Beratung ist dem Einstellungsprozess in externe Managementberatungen sehr ähnlich und berücksichtigt Studienabsolventen aus unterschiedlichsten Fachrichtungen", sagt Meyer auf der Heyde. "Im Grunde suchen wir dieselben Kandidaten wie unsere externen Wettbewerber - mit dem Fokus auf denjenigen, die die Beratung nur als einen Teil ihrer Karriere planen." Exzellente Noten, Englisch und eine weitere Fremdsprache, Top-Praktika und Auslandserfahrung öffnen die Tür zum Vorstellungsgespräch.

Katrin Becht stieg Anfang 2009 als Consultant bei der Commerzbank ein, nachdem sie an der Uni Mannheim BWL studiert und nebenher für eine Unternehmensberatung gearbeitet hatte. Praktika bei einer strategischen Markenberatung und bei einem Autobauer in Peking rundeten ihr Profil ab. "Ich erhielt eine strukturierte Einarbeitung und hatte einen Mentor", sagt Becht. "Außerdem konnte ich jederzeit mein Projektteam, meine direkte Führungskraft und alle anderen Kollegen um Rat fragen." Im April 2010 wurde sie zum Senior Consultant befördert, seit Oktober 2012 ist sie Projektmanagerin.

Gute Work-Life-Balance

"Die Arbeit auf Beratungsprojekten in unterschiedlichen Unternehmensbereichen hilft, einen breiten Erfahrungsschatz und zugleich ein umfassendes Netzwerk im Konzern aufzubauen", nennt Bayer-Manager Meyer auf der Heyde einen der Gründe, die für das Inhouse Consulting sprechen. Auch finanziell haben Absolventen keinen Nachteil im Vergleich mit externen Beratungen. Der BDU hat Einstiegsgehälter zwischen 38.000 und 55.000 Euro erhoben.

Die Work-Life-Balance stimmt ebenfalls für Katrin Becht. Als ihre Tochter Anfang 2011 auf die Welt kam, ging Becht für elf Monate in Elternzeit. Im Februar 2012 kehrte sie auf 60-Prozent-Basis zurück. Dienstags, mittwochs, freitags arbeitet sie bei Kunden oder in ihrem Büro in Frankfurt, der Rest der Woche gehört der Familie. "Karriere und Familie lassen sich bei uns ideal miteinander vereinen", meint sie. "Ich wohne in Weinheim, deshalb war es für mich günstiger, die 60 Prozent auf volle Tage zu verteilen, statt fünf reduzierte Tage pro Woche zu arbeiten. Mein Arbeitgeber hat mir da keine Steine in den Weg gelegt. Und wenn mal ein Notfall eintritt, etwa weil meine Tochter krank ist, kann ich von zu Hause arbeiten."

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