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Sabine Votteler

Tipps von der Karriereberaterin Wie kann ich unser Netzwerk retten?

Sabine Votteler
Ein Gastbeitrag von Sabine Votteler

Gerade für Selbstständige ist es wichtig, sich auszutauschen. Umso mehr ärgert es Matthias, dass seine Initiative kaum auf Interesse stößt. Was macht er falsch?

Richtig netzwerken ist eine Kunst für sich

Richtig netzwerken ist eine Kunst für sich

Foto: Niels Blaesi / DER SPIEGEL

Matthias, 40 Jahre, fragt: »Ich habe vor einem Jahr meine Festanstellung als Softwareentwickler gekündigt und mich selbstständig gemacht. Dabei haben mir verschiedene Kollegen sehr geholfen, die selbst freiberuflich für meine damalige Firma arbeiteten. Wir haben uns seither auf meine Initiative hin dreimal zum Mittagessen getroffen. Ich hatte wirklich den Eindruck, dass der Austausch allen Spaß macht und alle weiterbringt, aber auf meine letzten Mittagseinladungen hat niemand mehr geantwortet. Wie kann ich dafür sorgen, dass die Treffen wieder gelingen?«

Zur Autorin

Sabine Votteler war mehr als 20 Jahre lang Führungskraft, bevor sie sich 2014 selbstständig machte. Sie berät und unterstützt Menschen, die sich aus einer langjährigen Karriere heraus selbstständig machen wollen, und bloggt  und podcastet  auch über dieses Thema.

Lieber Matthias,

wie schön, dass Sie zum Start in die Selbstständigkeit direkt die Unterstützung Gleichgesinnter gefunden haben, die Ihnen auf dem Weg schon ein paar Schritte voraus sind. Und es ergibt absolut Sinn, ein Netzwerk zu bilden und aufrechtzuerhalten – egal, ob selbstständig oder angestellt.

Gerade in einer Soloselbstständigkeit ohne Partner, Kollegen oder Mitarbeiter fehlt oft der Austausch mit anderen. Der Nachteil der beruflichen Einsamkeit ist, dass Sie Entscheidungen allein treffen, Erfolge allein feiern und Niederlagen allein verarbeiten müssen. Es ist nie einfach, ein solches Netzwerk über Jahre am Leben zu erhalten. Dazu braucht es den richtigen Rahmen und die passenden Mitglieder.

Zuerst möchte ich Ihnen raten, sich die kritische Frage zu stellen: Profitieren alle Kollegen gleichermaßen von Ihrem Austausch?

Möglicherweise haben sie Ihnen gern Starthilfe gegeben. Doch jedes Netzwerk besteht aus Geben und Nehmen. Wenn der Mehrwert für den Einzelnen nicht hoch genug ist, stehen Aufwand und Nutzen nicht im richtigen Verhältnis. Dass Sie derjenige sind, der die Treffen jedes Mal initiiert hat, ist klasse – denn ein Netzwerk braucht Verantwortlichkeit, um zu überleben. Noch besser ist es, wenn sich nicht nur Sie, sondern alle einbringen. Wenn das nicht der Fall ist, könnte das ein Hinweis darauf sein, dass das Interesse bei Ihnen am größten und womöglich einseitig ist.

Jedes Mitglied sollte die Möglichkeit haben, Wissen und Erfahrungen zu teilen und wiederum von den anderen Teilnehmern zu lernen. Deshalb meine Empfehlung: Finden Sie heraus, was hinter dem nachlassenden Interesse steckt. Lassen Sie sich nicht entmutigen, nur weil die vorigen Male niemand geantwortet hat. Das kann die unterschiedlichsten Gründe haben:

  • Zeitpunkt: Vielleicht war einfach der Moment ungünstig.

  • Format: Vielleicht passt auch das Format eines gemeinsamen Mittagessens nicht für alle.

  • Gruppengröße: Möglicherweise hat Ihre Gruppe auch zu wenige oder zu viele Mitglieder oder diese haben nicht die idealen Eigenschaften. Ich empfehle Gruppengrößen von vier bis fünf Personen, um den Rahmen und die Zeit überschaubar zu halten.

  • Persönliche Voraussetzungen: Hilfreich sind Zuverlässigkeit, Engagement, Motivation und Disziplin als Charaktereigenschaften.

Egal ob Sie im bisherigen Kreis weitermachen oder vielleicht eine neue Gruppe gründen – folgende Tipps möchte ich Ihnen zum Abschluss mitgeben:

  1. Überschaubarer Zeitaufwand: Halten Sie die Hürden niedrig. Wenn die Kollegen auf Einladungen zum Mittagessen nicht reagieren, versuchen Sie es einfach mal mit einem virtuellen Meeting. Das lässt sich leichter einrichten.

  2. Produktivität: Ein lockeres Mittagessen ist schön, doch wer mit seiner Zeit haushalten muss, bevorzugt vielleicht eher eine Arbeitsatmosphäre, in der konzentriert eine Agenda abgearbeitet wird.

  3. Regelmäßige Termine: Am besten ist es, wenn Sie feste Termine vereinbaren. Zum Beispiel jeden ersten Freitag im Monat. Die Termine müssen zu einem fixen Eintrag im Kalender aller Teilnehmer werden und sollten verpflichtend sein. Damit entfällt die aufwendige Abstimmung jedes Mal aufs Neue.

  4. Keine zu großen Abstände: Drei Treffen im Jahr sind zu wenig. Sorgen Sie dafür, dass der Kontakt auch dann nicht abreißt, wenn Sie einander außerhalb der Termine nicht sprechen. Die Themen geraten sonst in Vergessenheit und die Dynamik leidet. Einmal im Monat ist ein guter Rhythmus.

  5. Definierte Inhalte und Ziele: Alle Mitglieder sollten zu Beginn der Zusammenarbeit gemeinsam die Inhalte festlegen. An diese sollten Sie sich bei den Meetings halten, sodass jede/r bekommt, was er oder sie von dem Austausch erwartet. Außerdem sollte jedem klar sein, dass man sich nicht als Konkurrenz sieht, sondern eine Win-win-Situation für alle schafft.

  6. Fester Ablauf: Sorgen Sie für eine Agenda bei den Treffen. Vielleicht wollen Sie sie im Format einer Mastermind gestalten, in der alle Teilnehmer der Reihe nach berichten, was ihre derzeitige Herausforderung ist und die anderen Teilnehmer dazu Stellung nehmen. Alle Redebeiträge haben eine fixe Zeitvorgabe. Ein Moderator – das kann einer der Teilnehmer sein – achtet auf deren Einhaltung.

  7. Begrenzte Zeit: Vereinbaren Sie eine verbindliche Dauer. Das sorgt dafür, dass die Treffen effizient sind und nicht zu einem Kaffeeplausch werden. 90 Minuten sind meistens ideal.

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