
Rat von der Karrierecoachin Allein unter Männern - wie schaffe ich den Spagat zwischen tough und kooperativ?


Tipp vom Karrierecoach für Frauen in reinen Männerteams: Seien Sie klar in der Sache und wertschätzend in der Person
Foto: Hugh Sitton/ Getty ImagesFranziska (38) fragt: „Ich bin kürzlich zur Bereichsleiterin aufgestiegen. Mein Kollegenkreis auf dieser Ebene besteht nur aus Männern, die schon lange miteinander arbeiten. Wie trete ich auf und schaffe den Spagat zwischen tough und kooperativ? Ich will nicht zickig wirken, aber auch nicht weich.“
Carmen Michaelis war zehn Jahre Führungskraft in einem Unternehmen, zuletzt stellvertretende Geschäftsführerin. Seit 2004 arbeitet sie selbstständig als Coach, Trainerin und Moderatorin für Unternehmen. E-Mail an karriere.leserpost@spiegel.de schreiben – Stichwort Carmen Michaelis .
Zunächst einmal herzlichen Glückwunsch, liebe Franziska. Ich hoffe, Sie können Ihren Erfolg würdigen und haben ihn angemessen gefeiert. Damit schaffen Sie die Grundlage für einen selbstbewussten Auftritt. Seien Sie sich zunächst darüber im Klaren, dass Sie den Erfolg verdient haben und die Richtige für den Job sind. Ihre eigene, innere Haltung bestimmt Ihre Ausstrahlung. Sind Sie sich Ihres Könnens und Wertes bewusst, bauen Sie automatisch Größe auf. Eine gute Nachricht gleich zu Beginn: Sie können tough und kooperativ zugleich sein. Das ist kein Widerspruch. Seien Sie klar in der Sache und wertschätzend in der Person. Wie das geht?
Am Anfang steht Ihre Haltung, an der Sie selbst beständig arbeiten können. Schreiben Sie sich Ihre Stärken auf, führen Sie ein Erfolgstagebuch, erfreuen Sie sich an Ihrem Karrieresprung.
Wie Sie Ihre Körpersprache einsetzen können
Ihre äußere Haltung ist ein wichtiger Faktor für einen erfolgreichen und akzeptierten Auftritt. Denken Sie daran, dass Ihr Eindruck im Kollegenkreis mehr davon abhängt, wie Sie etwas sagen, als was Sie sagen. Nutzen Sie die gesamte Bandbreite der nonverbalen Kommunikation:
eine aufrechte Körperhaltung einnehmen
den Blickkontakt suchen und halten
horizontal blicken, wenig nach oben schauen
Gesten zielgerichtet und unterstreichend einsetzen
ruhige Bewegungen machen
Lächeln eher sparsam und gezielt einsetzen
langsam sprechen und tiefe Stimmlage nutzen
Sie können das üben und verfeinern, etwa im Schauspiel- und Stimmunterricht oder einfach vor dem Spiegel zu Hause. Es lohnt sich für jede Situation, in der Sie wirken und respektiert werden wollen, nicht nur im Beruf. Punkten Sie zudem als wertschätzende Partnerin auf Augenhöhe, indem Sie:
kurze prägnante Sätze verwenden
zügig mit Kernbotschaften auf den Punkt kommen
Argumente durch Fakten stützen
konkrete Lösungen anbieten
Kritik und Empfehlungen nicht konfrontativ geben
Ein weiterer Aspekt, den Sie nutzen sollten: Sie treten einer Männerwelt bei, die nach ganz eigenen Regeln spielt. Sie hat ihre spezifische Kultur, Rituale und Dynamik entwickelt und es gilt herauszufinden, wie sie tickt und wo Sie dort Ihren Platz finden können. Beobachten ist also gerade in den ersten hundert Tagen angesagt. Studieren Sie die geschriebenen und ungeschriebenen Gesetze und fragen Sie aktiv Ihre Kollegen danach. Gönnen Sie sich und den Kollegen eine Eingewöhnungszeit. Nicht nur Sie, auch die Herren werden sich daran gewöhnen, dass sich die Kultur mit Ihrem Eintritt verändert.
Gehen Sie davon aus, dass ein rein männlich geprägtes Team eher von Revierverhalten und Machtspielen geprägt ist. Das ist weder gut noch schlecht. Männer verhalten sich anders als Frauen. Schon in der Kindheit spielen Jungen und Mädchen oft sehr unterschiedlich. Ein kurzer Blick auf einen Spielplatz: Jungs messen sich, stellen ihre Fähigkeiten zur Schau, wollen wissen, wer der Stärkste ist. Es geht um Status und Rangfolge. Die Kommunikation ist knapp und auf das Wesentliche beschränkt. Mädchen interagieren eher miteinander. Die Kommunikation zielt darauf ab, Beziehungen zu stärken. Das prägt natürlich auch das spätere Verhalten im Berufsleben. Gut, es zu wissen, noch besser es gezielt zu nutzen.
Machen Sie sich klar: Sie wollen akzeptiert und respektiert werden. "Die hat es echt drauf!" ist das Kompliment, das Sie hören wollen, nicht "Die ist total nett!"
Um akzeptiert zu werden, ist es wichtig, Statussymbole wie Auto, Parkplatz, größeres Büro usw. anzunehmen. Symbole wirken, ohne, dass Sie etwas tun müssen. Ihre Kollegen erkennen das an.
Kommunizieren Sie Ihre Strategiethemen und Vorhaben.
Erkennen Sie die Erfahrung der Älteren an und nutzen Sie sie bewusst.
Warten Sie in Meetings mit Ihren inhaltlichen Beiträgen, bis die Männer hierarchisch eingecheckt haben. Dies geschieht meist über informelle Themen. Akzeptieren Sie es und bringen Sie sich ruhig ein.
Lassen Sie den Kollegen auch ihre Bühne, wo sie ihnen gebührt.
Finden informelle Treffen statt wie ein After Work oder der Absacker nach einer Konferenz an der Bar, seien Sie dabei. Hier werden die wirklich wichtigen Dinge vorbereitet oder entschieden.
Auch eine Mentorin oder Mentor kann Ihnen helfen.
Vertiefen Sie Ihr Wissen zu dem Thema. Zwei Bücher möchte ich Ihnen dabei ans Herz legen: "Das Arroganz-Prinzip" von Peter Modler und "Spiele mit der Macht" von Marion Knaths.
Und zu guter Letzt: Nehmen Sie männliche Verhaltensweisen nicht persönlich, sondern als das, was Sie oft sind: ein Machtspiel. Die Gefahr, zickig zu werden, besteht, wenn wir das als persönlichen Angriff verstehen.