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Die nächste Generation: Bloß nicht golfen

Foto: Alexandra Beier/ Bongarts/Getty Images

Lieber Fußball als Oper So ticken Deutschlands junge Top-Manager

Was muss man mitbringen, um es schon früh ganz nach oben zu schaffen? Eine Studie hat junge Top-Manager analysiert. Das Ergebnis: Sie brechen mit alten Traditionen - und golfen wollen sie auch nicht mehr.
Von Martin Scheele

Deutschlands Wirtschaftselite ist im Schnitt 54 Jahre alt. Die nächste Generation hat sich längst als Nachfolger auf den Weg gemacht - und einige haben es bereits auf Vorstandsposten geschafft. Wie Luka Mucic, der vor zwei Jahren im Alter von 43 Finanzchef des SAP-Konzerns wurde - und ziemlich viel anders macht als seine Vorgänger.

Er gehört zu den 131 Topmanagern unter 50 Jahren, die sich die internationale Personalberatung Heidrick & Struggles für eine Studie genauer angesehen hat. Die Männer und Frauen sitzen im Vorstand oder in der Geschäftsführung der größten deutschen Unternehmen. Neben DAX- und MDAX-Unternehmen zählen auch Familienunternehmen wie Bosch dazu.

Um ihre Werte, ihren Aufstieg und ihre Ziele mehr zu verstehen, führten die Headhunter mit 24 der Vorstände lange Interviews. Eine Erkenntnis: Brüche in den Lebensläufen gibt es sogar bei den Überfliegern - zumindest am Anfang des Berufslebens. Ein junger Vorstand, der wie die meisten anonym bleiben wollte, plante zunächst eine Karriere als Profigolfer, hatte aber zu wenig Talent. Ein anderer wäre lieber Eishockeyprofi geworden. Andere wechselten im Studium das Fach.

Eine Auszeit ist kein Karrierekiller

Aber auch das Berufsleben läuft längst nicht mehr so gradlinig ab, wie noch vor einigen Jahrzehnten. So sind Auszeiten nicht mehr automatisch ein Karrierekiller, wie ein Topmanager berichtete: " Ich hatte meiner Frau versprochen, dieses Jahr Pause zu machen und bin einfach zu Hause geblieben, um mich um die Kinder zu kümmern." Eine weitere Führungskraft bezeichnet Brüche im Lebenslauf als "wichtig für die Persönlichkeitsentwicklung".

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Die nächste Generation: Bloß nicht golfen

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Bei aller Leistungsorientierung sind den jungen Vorständen Familie und Kinder wichtiger als ihren Vorgängern. Bis auf einen Mann und zwei Frauen haben alle der jungen Vorstände Nachwuchs. Zwei oder drei Kinder sind dabei der Normalfall - SAP-Vorstand Mucic etwa hat drei Kinder. Wie wichtig die Familie ist, zeigt das Zitat eines Vorstands, das beispielhaft für viele ist: "Familie steht bei mir über allem, sie ist mein Ruhepol und gibt Kraft und Energie".

Mit der jungen Generation zieht offenbar auch ein neuer Führungsstil in die obersten Etagen der Konzerne ein: Offenheit ist Trumpf, kommuniziert wird hierarchiefreier als unter ihren Vorgängern. "Ich führe wie ein guter Trainer: fordern und fördern, Kritik wenn nötig, Lob nicht zu kurz kommen lassen, Erfolge würdigen und feiern, Vertrauen als Basis für konstruktive und effiziente Zusammenarbeit", sagt ein Vorstand.

68 Prozent stimmen der Aussage zu: "Ich kann gut im Team arbeiten, bin aber bereit, mich gegen andere durchzusetzen". 18 Prozent bezeichnen sich als "typische Teamplayer, die kollegial führen". Zu dieser Gruppe gehört Dominik Asam. Der Vorstand beim Chip-Konzern Infineon sagt: "Ich führe definitiv im Team, auch bei schwierigen Entscheidungen. Das ist aus meiner Sicht der große Unterschied zu Old School Management."

Dominik Asam, Infineon

Dominik Asam, Infineon

Foto: MICHAELA REHLE/ REUTERS

Wenn es um den Inhalt ihrer Arbeit geht, steht die Sorge vor einem Angriff auf die Firma im Vordergrund. Während früher "Made in Germany" als weltweiter Standard galt, fragen sich die jungen Vorstände heute zunehmend: Ist unser Geschäftsmodell noch führend?

Die Oper hat ausgedient

Auch die Freizeitgestaltung ändert sich. Theater, Konzert und Museum sind unwichtiger geworden. Nur sechs der Befragten gehen in die Oper. Stattdessen treibt die neue Führungsgeneration viel mehr Sport. Nahezu alle sind mehrmals in der Woche aktiv: joggen, Rad fahren, Ski fahren, Fitnessstudio, Fußball mit den Kindern und auch Tennis - wie etwa SAP-Vorstand Mucic. Nur einer der Befragten spielt Golf, den anderen ist das zu zeitintensiv. "Das Image des Golfsports in Deutschland wird nicht positiv gesehen", heißt es in der Studie.

Die befragten Frauen gestalten ihre Freizeit etwas anders als die Männer. Bei ihnen ist der Studie zufolge "der Fitnesstrend nicht in gleichem Maße breitenwirksam etabliert". Sie gaben eher Singen, Tanzen oder in einem Fall auch Jagen an.

In den Lebensläufen der neuen Topmanager zeigen sich viele Übereinstimmungen. Fast die Hälfte (63) von ihnen hat zumindest eine berufliche Auslandsstation absolviert. 18 besitzen sogar einen ausgesprochen international geprägten Berufsweg.

Promoviert haben 38 der 131 Befragten. Zwölf haben einen MBA. Dieser noch relativ junge Hochschulabschluss wird damit für Topkarrieren in Konzernen immer wichtiger. Auch SAP-Vorstand Mucic kann einen MBA vorweisen. Nach dem Jurastudium besuchte er die Mannheim Business School und die ESSEC Paris.

Foto: Heidrick & Struggles

Aber immerhin 13 der befragten Vorstände haben entweder etwas "Exotisches" wie Medizin studiert - oder gar nichts. "Dies zeigt in höherem Maße als früher, dass die Art des Studiums für eine Topkarriere nicht mehr so wichtig ist. Wer sich im Karriererennen als wirklich herausragend erweist, bei dem spielt es irgendwann keine Rolle mehr, was er studiert hat", sagt Studienautorin Christine Stimpel.

Eine weitere Gemeinsamkeit, die viele der Jung-Vorstände teilen, ist der Karrierebeginn bei McKinsey. Immerhin 13 von ihnen haben mehrere Jahre für die Unternehmensberatung gearbeitet. "Das ist die einzige Adresse in Deutschland, die nachhaltig als Kaderschmiede und Karrierebeschleuniger anzusehen ist", sagt Stimpel.

Doch nicht nur die Menschen, auch der Spitzenjob hat sich gewandelt. Etwa der von Finanzvorstand Mucic. Seine Vorgänger sorgten vornehmlich dafür, dass das Zahlenwerk stimmt. Aber knochentrockene Bürokraten - das war gestern. Heute wollen die Vorstandschefs Strategen, die ihnen als Sparringspartner dienen.

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