Lothar Wiegand: Seminare zum Thema "Amtsdeutsch vermeiden"
Foto: Ralf Hirschberger/ dpaLange, verschachtelte Bandwurmsätze, umständliche und passive Formulierungen, Fachwörter - vieles macht das Lesen von Behördenbriefen zur Qual. Selbst vier von fünf Abiturienten oder Akademikern haben Probleme damit, Beamtendeutsch zu verstehen. Zu diesem Ergebnis kam schon 2009 eine Studie der Gesellschaft für deutsche Sprache. Verändert hat sich seither wenig.
Grauenvolle Beispiele gibt es jedenfalls genug: "Gemäß dem Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern erfolgt die Zahlung im Vorgriff auf die Änderungstarifverträge unter dem Vorbehalt der Rückforderung und unter Ausschluss der Berufung auf den Wegfall der Bereicherung." Alles klar?
Lutz Kuntzsch von der Gesellschaft für deutsche Sprache in Wiesbaden übersetzt: "Bei eventuellen Rückforderungen kann man sich nicht darauf berufen, das erhaltene Geld schon ausgegeben zu haben." Und warum steht das dann nicht da? Diese Formulierung sei leider juristisch nicht haltbar, erklärt der Sprachberater.
Wie man verständlich und trotzdem rechtssicher formuliert, damit beschäftigt sich Lothar Wiegand. Er gibt an der Brandenburgischen Landesakademie für öffentliche Verwaltung Seminare für Beamte mit dem Titel "Amtsdeutsch vermeiden - verständlich formulieren". Eigentlich arbeitet Wiegand in der Pressestelle des Agrarministeriums des Landes. Er kennt das Leid, das viele Bürger mit der Sprache der Beamten erleben: "Ich versuche als Pressesprecher jeden Tag, Amtsdeutsch zu übersetzen."
Bundesweit gibt es mittlerweile zahlreiche Initiativen dazu, auch die Bundesregierung hat das Problem erkannt. Seit 2009 gibt es im Justizministerium und im Bundestag sogenannte Redaktionsstäbe. Sie sollen dabei helfen, Gesetze verständlicher zu formulieren. Aber woher kommt eigentlich der Drang nach den unverständlichen Formulierungen?
"Bei vielen herrscht noch die Haltung vor: Wir haben eine hoheitliche Aufgabe zu erfüllen", sagt Michaela Blaha, Geschäftsführerin des Internetdienstes für eine moderne Amtssprache. Der "preußische Ton" der Beamten sei das Ergebnis. Wiegand kann das bestätigen: "Fachsprache ist immer auch Geheimsprache und dient dazu, Macht zu erhalten."
Blahas Unternehmen ist aus einem Forschungsprojekt in Bochum hervorgegangen. Die Beraterin wünscht sich, dass Behörden bundesweit schön formulierte und juristisch wasserdichte Standardbriefe verschicken. Leider machen bislang kaum Städte mit. "Der politische Wille fehlt häufig", sagt Blaha. Die Bürger müssten sich viel mehr beschweren. "In Skandinavien oder der Schweiz oder den Niederlanden ist man viel weiter."
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Klare Worte sind für die Vorstandschefs der großen börsennotierten Konzerne ein Problem. Ihre Reden auf Hauptversammlungen ähneln oft eher Doktorarbeiten,
so das Ergebnis einer Untersuchung der Uni Hohenheim und des "Handelsblatts"
. Hier die zehn Bestplatzierten des Jahres 2013.
Platz 10: Martin Winterkorn, Volkswagen
Platz 9: Reinhard Ploss, Infineon
Platz 8: Elmar Degenhart (r.), Continental. Links neben ihm steht Wolfgang Reitzle, selbst Vorstandschef, und zwar bei Linde. Allerdings gehört er zu den Rednern, die jetzt am schlechtesten bewertet wurden.
Platz 7: Ulf Schneider, Fresenius
Platz 6: Dieter Zetsche, Daimler
Platz 5: Johannes Teyssen, Eon
Platz 4: Norbert Reithofer, BMW
Platz 3: Peter Terium, RWE
Platz 2: René Obermann, im Ranking noch für die Deutsche Telekom im Rennen
Platz 1: Kurt Bock, BASF, der überraschende Sieger nach einer eher schlechten Platzierung im Vorjahr
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