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Karriere nach Babypause "Mein Appell an Frauen: Redet mit den Vätern!"

In ihrer Agentur arbeiten fast nur Frauen unter 35 Jahren - und langsam hat sie genug von Elternzeit und Teilzeit. Nora Feist meint: Vor allem die Chefs der Männer müssen umdenken.
Nora Feist

Nora Feist

Foto: Patricia Teslenko/ Mashup
Zur Person

Nora Feist, 41, ist Geschäftsführerin einer Berliner PR-Agentur. 13 ihrer 16 Mitarbeitenden sind Frauen, die meisten im Alter zwischen 25 und 35 Jahren.

SPIEGEL: Frau Feist, Sie sind selbst Mutter, schlagen als Chefin aber Alarm, weil so viele Ihrer Mitarbeiterinnen Elternzeit nehmen wollen. Wie passt das zusammen?

Nora Feist: Ich will nicht die jammernde Agenturchefin spielen; mir geht es um die gesellschaftliche Ungerechtigkeit, die ich erlebe: Immer sind es die Frauen, die lange Elternzeit nehmen und danach nur in Teilzeit zurückkommen. Mit diesem Ungleichgewicht stoßen wir langsam an unsere Grenzen. Aber das betrifft nicht nur unsere Agentur, sondern alle Branchen, in denen überwiegend Frauen arbeiten. In erster Linie ist nicht die Elternzeit das Problem, sondern die Teilzeit danach. Oft möchten die Mütter nur noch wenige Stunden arbeiten, und das ist schwierig in einer Agentur, wo wir für unsere Kunden erreichbar sein müssen. Das Recht auf Teilzeit geht zu unseren Lasten.

SPIEGEL: Warum ist denn Teilzeit-Arbeit ein Problem?

Feist: Grundsätzlich habe ich nichts gegen Teilzeit, vor allem bei 30 Wochenstunden ist das kein Problem. Aber wenn alle nur noch dienstags bis donnerstags und nur noch vormittags arbeiten möchten, funktioniert das leider nicht. Wir brauchen Mitarbeiter, die auch Freitagnachmittags noch ansprechbar sind für unsere Kunden. Deshalb müssen auch die Männer mit ran!

Väter und Elternzeit

SPIEGEL: Und wie wollen Sie das erreichen?

Feist: Ich bin keine Politikerin, und ich will auch niemandem vorschreiben, wie er oder sie zu arbeiten hat. Mein Appell geht an die Firmen, in denen überwiegend Männer arbeiten: Macht es Vätern nicht so schwer, sich um ihre Kinder zu kümmern! Es kann nicht sein, dass Männer noch immer komisch angeguckt werden, wenn sie mehr als zwei Monate Elternzeit nehmen oder ihre Arbeitszeit reduzieren wollen, um sich um die Kinder zu kümmern.

SPIEGEL: Wie viele Ihrer Mitarbeiterinnen haben das als Grund genannt, warum sie weniger arbeiten wollen?

Feist: Von denen, die aktuell bei uns arbeiten, zwei. Und zwei weitere, die gerade in Elternzeit sind.

SPIEGEL: Bei 16 Mitarbeitenden klingt das aber verkraftbar.

Feist: Es ist immerhin ein Viertel der Mitarbeiter. Im Laufe der Jahre waren es wesentlich mehr, und auch in Bewerbungen kommt diese Thematik immer wieder vor. Wie gesagt geht es mir aber nicht nur um meine persönliche Situation als Agenturchefin, sondern um die gesellschaftliche Schieflage. Auch in meinem Bekanntenkreis höre ich immer wieder: Mein Mann kann auf keinen Fall die Arbeitszeit reduzieren. Mein Appell geht deshalb auch an die Frauen: Redet mit den Vätern, sucht gemeinsam nach Lösungen. Wenn zum Beispiel beide Elternteile 30 Stunden arbeiten, ist das für beide nur ein kleiner Einschnitt.

SPIEGEL: Kinder müssen ja nicht zwingend von den Eltern betreut werden. Es gibt doch auch Kitas.

Feist: Das stimmt, aber die Öffnungszeiten passen häufig nicht zu den Arbeitszeiten. Wenn die Kinder in die Schule gehen, wird es noch schwieriger, da konzentriert sich alles auf den Vormittag. An der ungerechten Behandlung von Frauen ändert das aber auch nichts. Einen dreifachen Vater fragt niemand, wie er Familie und Beruf vereinbart. Bei Frauen ist das sofort Thema. Es muss ein Umdenken in der Gesellschaft stattfinden.

SPIEGEL: Wie lange hat Ihr Mann denn Elternzeit genommen?

Feist: Er hat damals auch keine genommen. Als Selbstständiger mit eigenem Restaurant war das nicht möglich. Das war allerdings vor zehn Jahren, heute würde ich mehr einfordern. Ich habe auch Verständnis dafür, dass Frauen eher Elternzeit nehmen; sei es, weil der Mann mehr verdient oder weil sie ihr Kind stillen und betreuen möchten. Aber zumindest nach der Auszeit sollte die Arbeit fair verteilt und nicht die gesamte Betreuung ungefragt zur Mutter ausgelagert werden. Das war bei meinem Mann und mir zumindest der Fall, da wir beide nach meiner Elternzeit selbstständig waren.

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