Gesetzliche Regelungen, Probezeit, Tarifverträge Was Arbeitnehmer über Kündigungsfristen wissen sollten

Wenn ein Arbeitsverhältnis beendet wird, gilt es einige Aspekte zu beachten
Foto: RUNSTUDIO/ Getty ImagesKurzfristig eingestellt, aber auch schnell wieder entlassen – in den USA ist dieses „Hire & Fire“-Prinzip gang und gäbe, in Deutschland laufen Kündigungen anders. Eine Ausnahme ist die fristlose Beendigung des Arbeitsverhältnisses: Bei einer außerordentlichen Kündigung muss im Unterschied zu einer ordentlichen Kündigung keine Zeit mehr vergehen, bis sich die Wege von Arbeitgeber und Arbeitnehmer trennen.
Wird ein Mitarbeiter von seinem Arbeitgeber ordentlich gekündigt, so richtet sich die Frist grundsätzlich nach der Beschäftigungsdauer des betroffenen Arbeitnehmers im Unternehmen.
Aber nicht nur für den Fall der Kündigung durch den Arbeitgeber sollten sich Mitarbeiter über die wichtigsten Eckpunkte der Kündigungsfristen bewusst sein. Auch wenn sie selbst ihr Arbeitsverhältnis beenden wollen – egal ob ein neuer Job angenommen wurde, die Arbeit unbefriedigend ist oder ob einfach der Wunsch nach Veränderung besteht – gilt es, einige Aspekte zu beachten.
Wie lange ist die gesetzliche Kündigungsfrist?
Die gesetzliche Kündigungsfrist beträgt vier Wochen bis zum 15. oder zum Ende des Kalendermonats. Je länger ein Arbeitnehmer bei einem Arbeitgeber angestellt ist, desto länger sind die Kündigungsfristen. Die gesetzliche Verlängerung über die Jahre gilt laut Arbeitsrechtsanwalt Alexander Bredereck aber nur für den Arbeitgeber. „Allerdings kann die Anwendung der verlängerten Fristen im Arbeitsvertrag auch für den Arbeitnehmer vereinbart werden.“
Gesetzliche Kündigungsfristen für Arbeitgeber
Dauer des Arbeitsverhältnisses | Kündigungsfrist |
---|---|
Null bis sechs Monate (Probezeit) | Zwei Wochen |
Sieben Monate bis zwei Jahre | Vier Wochen zum 15. oder zum Ende des Kalendermonats |
Zwei Jahre | Ein Monat zum Ende des Kalendermonats |
Fünf Jahre | Zwei Monate zum Ende des Kalendermonats |
Acht Jahre | Drei Monate zum Ende des Kalendermonats |
Zehn Jahre | Vier Monate zum Ende des Kalendermonats |
Zwölf Jahre | Fünf Monate zum Ende des Kalendermonats |
Fünfzehn Jahre | Sechs Monate zum Ende des Kalendermonats |
Zwanzig Jahre | Sieben Monate zum Ende des Kalendermonats |
Berechnungsbeispiel: Damit ein Arbeitnehmer zum richtigen Zeitpunkt aus seinem bisherigen Job rauskommt, ist es wichtig, dass zu einem bestimmten Stichtag gekündigt wird. Angenommen dieser ist am Monatsende, der Mitarbeiter arbeitet seit sechs Jahren in einem Unternehmen und möchte zum 30. September kündigen: So muss die Kündigung spätestens am 31. Juli dem Arbeitgeber zugegangen sein, denn laut der gesetzlichen Regelung beträgt die Kündigungsfrist nach fünf Jahren zwei Monate. Demnach läuft sie vom 1. August bis zum 30. September.
Doch die Fristen können auch auf individuellen Vereinbarungen beruhen und von den gesetzlichen Bestimmungen abweichen. Deshalb sollte diesbezüglich unbedingt in den Arbeitsvertrag oder in einem auf das Arbeitsverhältnis angewendeten Tarifvertrag geschaut werden. Die im Arbeitsrecht festgelegten Fristen können aber nicht verkürzt, sondern nur verlängert werden. Zudem darf der Arbeitgeber für sich selbst keine kürzere Frist festlegen als für den Arbeitnehmer.
Welche Kündigungsfrist gilt in der Probezeit?
Eine Ausnahme der Kündigungsfrist bildet die Probezeit. Während dieser kann ein Arbeitnehmer oder ein Arbeitgeber innerhalb von zwei Wochen kündigen – unabhängig vom Tag des Einreichens. Nach sechs Monaten zählt nach diesem Zeitraum die normale Betriebszugehörigkeit.
Was gilt für befristete Arbeitsverträge?
Ist ein Arbeitsverhältnis ohnehin befristet, so ist eine ordentliche Kündigung nicht vorgesehen. Bei Ablauf des Arbeitsvertrags gilt es automatisch als beendet. Es kann allerdings durch den Arbeitgeber und den Arbeitnehmer vorzeitig außerordentlich gekündigt werden.
Was gilt bei einem Tarifvertrag?
Sollten sich aus dem Arbeitsvertrag, Gesetz oder Tarifvertrag verschiedene Kündigungsfristen ergeben, gilt die, die für den Arbeitnehmer günstiger ist. „Wird dem Mitarbeiter durch seinen Chef gekündigt, so gilt zugunsten des Arbeitnehmers die längste Frist“, sagt Bredereck. „Will der Arbeitnehmer kündigen, so kann er sich für den für ihn günstigsten Zeitraum entscheiden.“ Sei im Arbeitsvertrag aber eine längere Frist vereinbart worden, gelte diese. Dennoch könnte in dem Fall geprüft werden, ob diese wirksam vereinbart wurde.
Wann ist eine Kündigung erklärt?
Eine Kündigung muss schriftlich erfolgen. Sie ist aber erst dann erklärt, wenn das Schreiben den Gekündigten erreicht. Häufig wird für eine Kündigung ein bestimmter Stichtag – etwa zum Monatsende – vorgesehen, bei dem die Kündigung dem Empfänger zugehen muss. Wird dieser Stichtag verpasst, so verlängert sich die Frist bis zum nächsten Stichtag.
Übergibt der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer die Kündigung persönlich, so beginnt die Frist ab dem Zeitpunkt der Übergabe. Wird sie mit der Post versandt, so ist sie erst wirksam, sobald der Empfänger von ihr Kenntnis nehmen kann. „Der Zugang der Kündigung darf nicht vereitelt werden – zum Beispiel indem ein Kündigungsschreiben absichtlich nicht abgeholt wird“, sagt Bredereck.
Der Tag des Zugangs ist laut Bredereck neben dem Fristbeginn auch für die Erhebung einer Kündigungsschutzklage wichtig. Denn hierfür hat der Arbeitnehmer nur eine Frist von drei Wochen.
Gilt das auf der Kündigung vermerkte Datum?
Das auf einer Kündigung vermerkte Datum ist für die Frist irrelevant. Es bezeichnet nur den Tag, an dem das Schreiben aufgesetzt wurde. Der Beginn der Kündigungsfrist ist abhängig von der Formulierung, was vertraglich vereinbart wurde und dem Datum, an dem die Kündigung zugeht. Somit ist es nicht wichtig, auf welchen Tag das Kündigungsschreiben datiert ist, sondern nur, dass fristgerecht gekündigt wurde.
Was ist, wenn ich eine Kündigung im Briefkasten nicht entdecke?
Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass die Post nach einem Tag vom Empfänger gelesen wird. Erhält jedoch ein Arbeitnehmer am Samstagabend gegen 23 Uhr eine Kündigung, so geht sie ihm erst am Montagmorgen zu. Denn ein Empfänger hat von Samstagabend bis Montag früh keine Post zu erwarten und muss dementsprechend auch nicht in seinem Briefkasten nachschauen.
Welche Frist gilt, wenn ich im Urlaub bin?
Angenommen ein Arbeitnehmer ist im Urlaub und leert seinen Briefkasten nicht, ihm wurde aber eine Kündigung für sein Arbeitsverhältnis zugestellt: Die Rechtsprechung geht in diesem Fall davon aus, dass der Briefkasten auch während dieser Zeit regelmäßig geleert wird – auch in Abwesenheit des Arbeitnehmers, beispielsweise durch Nachbarn oder Angehörige. Verpasst der Arbeitgeber aber wegen seines Urlaubs die Frist zur Einreichung der Kündigungsschutzklage, so kann er eine nachträgliche Zulassung beantragen.
Was passiert, wenn der Arbeitnehmer die Kündigungsfrist nicht einhält?
Hält der Arbeitnehmer die Kündigungsfrist nicht ein, dann muss er Bredereck zufolge bei entsprechender Vereinbarung im Arbeitsvertrag eine Vertragsstrafe zahlen. „Diese darf maximal ein Bruttomonatsgehalt betragen“, sagt er. Ist im Arbeitsvertrag keine Strafe für diesen Vertragsbruch aufgeführt, aber der Arbeitnehmer steigt früher als in der Kündigungsfrist vereinbart aus dem Job aus, so kann der Arbeitgeber laut Bredereck Schadensersatz fordern. Das sei aber praktisch kaum durchzusetzbar. Der Fachanwalt betreibt seit 22 Jahren schwerpunktmäßig Kündigungsschutz: „Vom Arbeitgeber erfolgreich eingeklagter Schadensersatz ist mir noch nicht untergekommen.“
Wie kann ich vor dem Ablauf der Kündigungsfrist meinen Arbeitgeber verlassen?
Hat sich ein Arbeitnehmer dazu entschieden, zu kündigen, dann muss er bis zum Ende der Frist arbeiten. Erst danach ist das Arbeitsverhältnis beendet. Möchte der Arbeitnehmer jedoch noch vor dem Ablauf der Frist aus dem Job raus – beispielsweise, weil er schon eine neue Stelle hat, bei der er zeitnah anfangen kann – so gibt es eine Möglichkeit, früher gehen zu können: durch einen Aufhebungsvertrag.
Hier ist jedoch wichtig, dass sowohl der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber zustimmen. Denn im Gegensatz zu einer Kündigung ist der Aufhebungsvertrag keine einseitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Eine derartige Vereinbarung hat im Unterschied zur Kündigung keine Frist und kann eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses bedeuten.
Ein Aufhebungsvertrag muss aber nicht ausschließlich vom Mitarbeiter initiiert werden, das kann auch der Betrieb veranlassen. Im Fall eines Aufhebungsvertrages gibt es aber für den Arbeitnehmer bis zu zwölf Wochen nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, sofern er damit „an seiner Arbeitslosigkeit mitwirkt, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben“. (Was sie bei einem Aufhebungsvertrag beachten sollten, erfahren sie hier.)
Das sollten Sie bei Kündigungsfristen beachten:
Die gesetzliche Kündigungsfrist beträgt vier Wochen bis zum 15. oder zum Ende des Kalendermonats
Während der Probezeit kann innerhalb von zwei Wochen gekündigt werden
In befristeten Arbeitsverträgen ist eine ordentliche Kündigung nicht vorgesehen
Eine Kündigung ist dann erklärt, wenn das Schreiben den Gekündigten erreicht
Es ist nicht wichtig, auf welchen Tag das Kündigungsschreiben datiert ist, sondern nur, dass fristgerecht gekündigt wurde
Hält der Arbeitnehmer die Kündigungsfrist nicht ein, dann muss er bei entsprechender Vereinbarung im Arbeitsvertrag eine Vertragsstrafe zahlen
Eine Möglichkeit, früher gehen zu können, ist ein Aufhebungsvertrag

Alexander Bredereck, Jahrgang 1971, ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und auf die Beendigung von Arbeitsverhältnissen spezialisiert. Seine Schwerpunkte sind unter anderem Kündigungsschutz, Aufhebungsvereinbarungen und Befristungen. Er ist deutschlandweit tätig, die Kanzlei hat ihren Sitz in Berlin.