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Kurioser Job in China: Für vier Euro bin ich dein Freund

Foto: Daniel Berehulak/ Getty Images

Kurioser Job in China Für vier Euro bin ich dein Freund

Tausenden Frauen graut es vor dem chinesischen Neujahrsfest. Wer da ohne Partner aufkreuzt, bringt Schande über die Familie. Findige Männer haben daraus ein Geschäft gemacht: Sie lassen sich als Schwiegersöhne mieten - Schnapsrunden mit den Eltern rechnen sie nach Millilitern ab.

Haoquan hat eine feste Preisliste: Eine Stunde mit der Oma Tee trinken kostet 30 Yuan, knapp vier Euro. Für 50 Yuan gibt es eine Stunde lang Küsschen und einen Arm um die Schulter. Einen Horrorfilm im Kino ansehen kostet 60 Yuan. Und Schnäpse, die eventuell mit Verwandten getrunken werden müssen, rechnet er nach Millilitern ab. Haoquan ist ein Freund zum Mieten. Und damit besonders vor dem chinesischen Neujahrsfest am 10. Februar ein gefragter Mann.

Seine Dienste bietet der junge Chinese bei dem beliebten Onlineauktionshaus Taobao an. Wer dort die Suchworte "Für Neujahr einen Freund mieten" eingibt, bekommt mehr als 370.000 Treffer. Dass Chinesinnen einen Begleiter für Familienfeste mieten, ist keineswegs neu, aber der Trend nimmt zu. Traditionell verlieren Eltern in China ihr Gesicht, wenn ihre Kinder im heiratsfähigen Alter keinen Partner finden. Der Druck wächst, je älter die Frauen werden: Hast du endlich einen Mann gefunden? Wann kriegen wir einen Enkel? An diesen Fragen kommen Single-Frauen in China kaum vorbei. Also nehmen sie einfach einen Mann wie Haoquan mit, stellen ihn als den Auserwählten vor - und haben ihre Ruhe.

17-mal wurde Haoquan in den vergangenen sechs Wochen gebucht - und 17-mal als zukünftiger Schwiegersohn vorgestellt. Eine Rolle, die ihm offenbar liegt. Seine Kundinnen loben ihn in ihren Kommentaren als "ehrlich" und "verlässlich". Er sei sogar auf den Friedhof mitgegangen, freut sich eine Frau. "Er hat meine Probleme gelöst", schreibt eine andere. "Jetzt habe ich erst mal Ruhe." Nur eines lehnt der perfekte Schwiegersohn ab: das Bett mit seiner Kundin teilen. Die meisten Frauen werten das als Pluspunkt.

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Wegen der großen Nachfrage gibt es im Internet ein Heer von chinesischen Mietfreunden, Hunderte Vermittlungsagenturen bieten ihre Hilfe an. Die Preise der Partner auf Zeit reichen von ein paar hundert Yuan bis hin zu 2000 Yuan am Tag, umgerechnet rund 240 Euro. Viele rechnen auch wie Haoquan einzeln ab.

Der Miettrend wird in China heiß diskutiert. Verboten ist die Dienstleistung nicht. "Sie ist aber auch nicht rechtlich geschützt", warnt Rechtsanwalt Liu Ancai in der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua. Sollte es Unstimmigkeiten zwischen der Frau und ihrem Mietfreund geben, seien diese schwer zu lösen. Soziologe Hou Xiaofeng sieht dagegen vor allem moralische Probleme: "Diese jungen Leute glauben vielleicht, dass es Respekt vor den Eltern zeigt, wenn ein falscher Verlobter mitgebracht wird, aber es ist einfach Betrug."

Viele von Hoaquans Kundinnen sind verzweifelt: "Mein Vater will mich nicht mehr sehen, weil er sich wegen mir so schämt", sagt eine 32 jahre alte Single-Frau, die ihren Namen nicht nennen will. Dass sie eine Führungsposition in einer Informationstechnologie-Firma hat, interessiert ihre Familie nicht. Von Töchtern wird erwartet, den Familienstamm fortzusetzen - das zählt mehr als die Karriere.

"Mein Vater hat das Gefühl, wegen mir sein Gesicht zu verlieren", erzählt die Managerin. In ihrer großen Familie sei sie die einzige Tochter, die noch nicht geheiratet habe, auch viele Freunde ihres Vaters hätten bereits Enkel. "Ich war geschockt, wie mein Vater mich unter Druck setzt, aber ich verstehe, dass es seine Werte sind - oder besser die seiner Generation." Sie selbst habe jahrelang studiert und an ihrer Karriere gefeilt - wie man auf Männer zugeht oder mit ihnen flirtet, habe sie nicht gelernt. Trotzdem will sie sich jetzt einen Ruck geben: "Ich will meine Eltern nicht enttäuschen. Dieses Jahr muss ich jemanden finden, den ich heiraten kann."

Andreas Landwehr/dpa/vet
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