Urteil des Bundesarbeitsgerichts Urlaubskürzung bei voller Kurzarbeit ist rechtens

Wer in Kurzarbeit ist, muss zukünftig auch bei den freien Tage Abstriche machen
Foto: Sebastian Kahnert / dpaHundertprozentige Kurzarbeit heißt nun auch weniger Urlaubstage: Corona-Kurzarbeiter mit tageweisem Arbeitsausfall müssen nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts mit der anteiligen Kürzung ihres Jahresurlaubs rechnen. Das gelte bei Kurzarbeit null mit längeren Zeiten ohne Arbeitspflicht, urteilte das höchste deutsche Arbeitsgericht in Erfurt im Fall einer Verkäuferin aus Nordrhein-Westfalen. Damit fällte das Bundesarbeitsgericht in der Coronapandemie ein Grundsatzurteil (9 AZR 225/11) in einer »Frage, die höchst umstritten ist«, wie der Vorsitzende Richter Heinrich Kiel sagte.
Mehr als 100.000 Anmeldungen für Kurzarbeit allein im November
Der Richterspruch könnte angesichts der Wucht der vierten Coronawelle in den kommenden Monaten Auswirkungen auf Zehntausende Arbeitnehmer in Deutschland haben. »Die praktischen Auswirkungen sind angesichts der hohen Zahl an Kurzarbeitern in der Corona-Krise enorm«, sagt der Bonner Arbeitsrechtler Gregor Thüsing.
Allein zwischen dem 1. und 24. November gab es danach 104.000 Anmeldungen für Kurzarbeit bundesweit – rund 10.000 mehr als im Oktober. Angesichts der Wucht der vierten Coronawelle hat das Bundesarbeitsministerium gerade den erleichterten Zugang zu Kurzarbeit bis zum 31. März 2022 verlängert.
Verkäuferin aus Essen klagte gegen Urlaubskürzungen
Das Bundesarbeitsgericht folgte mit dem Urteil seiner Linie seit 2019, wonach sich der Umfang des Erholungsurlaubs an der Zahl der vereinbarten Tage mit Arbeitspflicht bemessen soll. Es bestätigte ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf zur Klage einer 49 Jahre alten Verkäuferin aus Essen.
Die Frau arbeitet als Verkaufshilfe drei Tage pro Woche. 2020 wurde sie über mehrere Monate in Kurzarbeit null geschickt – sie erhielt Urlaub, aber um einige Tage gekürzt. Der Deutsche Gewerkschaftsbund hatte gegen Urlaubskürzungen bei Kurzarbeit gekämpft und die Klägerin unterstützt. DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel sprach nach dem Urteil von einem »bitteren Tag für viele Beschäftigte«. Die Entscheidung wälze die Lasten der Pandemie auf die Arbeitnehmer ab.