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Gehaltspfändung Welche Summe bleibt unantastbar?

Ist ein Arbeitnehmer hoch verschuldet, können die Gläubiger an die Quelle gehen und den Lohn pfänden lassen. Dabei ist der Arbeitgeber zur Mitwirkung verpflichtet. Das Existenzminimum muss dem Schuldner aber bleiben.
Von Sabine Hockling und Jochen Leffers
Mahnung: Gläubiger können auch aufs Gehalt zugreifen

Mahnung: Gläubiger können auch aufs Gehalt zugreifen

Foto: Jens Kalaene/ dpa

Die Lohn- oder Gehaltspfändung ist ein häufiges Mittel der Zwangsvollstreckung. Dann geht es ans Eingemachte, denn der Arbeitslohn ist für verschuldete Berufstätige die Grundlage ihrer wirtschaftlichen Existenz. Die Situation ist für alle Beteiligten prekär und unangenehm: Gläubiger sehen hier die einzige Chance, an ihr Geld zu kommen. Der Arbeitnehmer steht ohnehin unter starkem Druck - und muss sich nun zusätzlich dem Chef offenbaren. Und der Arbeitgeber muss bei der Pfändung mitwirken.

Wenn Gläubiger ihnen zustehendes Geld per Gehaltspfändung eintreiben, werden Arbeitgeber zu sogenannten Drittschuldnern: Sie sind verpflichtet, einen Teil des Mitarbeitereinkommens einzubehalten und direkt an den Gläubiger weiterzuleiten. Das geht allerdings nur über einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom Gericht.

Arbeitgeber müssen Gläubiger umfangreich informieren

Arbeitgeber können dann diese Zusammenarbeit nicht verweigern. Sie müssen sogar einen Gläubiger umfangreich informieren, ob weitere Forderungen anderer Gläubiger gegen den Mitarbeiter bestehen. Und auch das pfändbare Netto-Einkommen zu errechnen, ist Aufgabe des Arbeitgebers.

Das Existenzminimum - soweit schützt das Gesetz den Schuldner - bleibt gesichert. Daher ist nicht das komplette Arbeitseinkommen pfändbar; auch auf manche Bestandteile haben Gläubiger keinen Zugriff. Dazu zählen Reisespesen und andere Aufwandsentschädigungen, manche Erschwerniszuschläge oder eine Weihnachtsvergütung innerhalb bestimmter Grenzen.

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Wie viel einem Arbeitnehmer bleibt, legt die amtliche Lohnpfändungstabelle fest. Seit dem 1. Juli liegt der monatliche unpfändbare Grundbetrag bei 1074 Euro. Er steigt um monatlich 404 Euro für die erste Person, für die gesetzliche Unterhaltspflichten zu erfüllen sind, sowie um 225 Euro für die zweite bis fünfte Person.

Der Unterhalt steht also vor der Pfändung. Solche Unterhaltspflichten für Ehepartner und Kinder müssen Arbeitgeber bei der Berechnung des Pfändungsbetrags berücksichtigen. Und stellen mehrere Gläubiger Ansprüche, arbeiten Arbeitgeber diese in der Reihenfolge der Zustellung ab. Verlieren Arbeitgeber hier den Überblick, können sie den Pfändungsbetrag insgesamt beim Gericht hinterlegen.

Die Bearbeitungskosten der Gehaltspfändung müssen Arbeitgeber zunächst selbst tragen. Sie können diesen Mehraufwand zwar auch an ihre Mitarbeiter weiterreichen. Aber dann müssen Arbeitsverträge einen Hinweis enthalten, dass die Kosten für jeden Bearbeitungsvorgang vom Gehalt einbehalten werden.

Wichtige Urteile und ihre Folgen

Die Unterscheidung zwischen pfändbaren und unpfändbaren Gehaltsteilen ist für Arbeitgeber eine Herausforderung. In einem Streitfall hatte ein Mitarbeiter, der in Wechselschichten arbeitete, Ansprüche auf Zuschläge für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit und verlangte die vollständige Auszahlung trotz laufender Gehaltspfändung. Der Arbeitgeber vertrat allerdings die Auffassung, diese tariflichen Zulagen seien ebenfalls pfändbar. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg entschied, dass der Arbeitgeber die Zulagen an den Mitarbeiter auszahlen muss (Urteil vom 9. Januar 2015, Aktenzeichen 3 Sa 1335/14 ).

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Gerade für Arbeitgeber ist das Einhalten der Pfändungsfreigrenzen wichtig. Machen sie hier einen Fehler, müssen sie dafür aus eigener Tasche zahlen. Die aktuellen Pfändungsfreigrenzen  sind beim zuständigen Vollstreckungsgericht zu erfahren.

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Ratsam ist, dem Arbeitgeber gleich zu Beginn reinen Wein einzuschenken. Lügen zahlen sich am Ende nicht aus: Wer sich in Geschichten verliert und anschließend damit auffliegt, verspielt das Vertrauen seines Chefs. Und wer die Gründe für die Gehaltspfändung nicht ehrlich angeben mag, sollte auf das Argument der Privatsphäre setzen.

Eine Gehaltspfändung rechtfertigt im Normalfall keine Kündigung. Nur wenn ein Mitarbeiter in einer Vertrauensstellung tätig ist, zum Beispiel als Kassierer oder Geschäftsführer, ist auch eine Kündigung möglich.

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