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Lohnsteuervereine Hilfe für Fiskusgeschädigte

Mantelbogen, Anlage AUS, EÜR - das Kauderwelsch der Steuererklärung treibt viele zur Verzweiflung. Statt auf einen Berater setzen immer mehr Deutsche auf die günstigere Variante: Selbsthilfe im Verein.
Gefürchtete grün-weiße Formulare: Vereine helfen bei der Steuererklärung

Gefürchtete grün-weiße Formulare: Vereine helfen bei der Steuererklärung

Foto: A3528 Armin Weigel/ dpa

Jedes Jahr rätseln Millionen Deutsche über das kryptische Beamtendeutsch auf ihren Steuerformularen. Kein Wunder, dass die Steuererklärung auf der Liste der beliebtesten Freizeitbeschäftigungen ungefähr auf einer Stufe mit der jährlichen Zahnarztkontrolle oder dem Kelleraufräumen rangiert. Um sich erfolgreich durch den Formulardschungel zu schlagen, holen sich immer mehr Steuerpflichtige professionelle Hilfe - im Verein.

Als preisgünstige Alternative zum Steuerberater werden Lohnsteuerhilfevereine immer beliebter. "Die Mitgliederzahlen steigen seit Jahren", sagt Erich Nöll, der Geschäftsführer des Bundesverbandes der Lohnsteuerhilfevereine. Rund drei Millionen Deutsche sind derzeit in einem Club für Lohnsteuerspezialisten organisiert, rund 850 Vereine gibt es.

Nicht nur Frust treibt viele Arbeitnehmer in die Vereine: "Viele Steuerzahler haben auch Angst, etwas falsch zu machen." Allein bei der größten Organisation, der Vereinigten Lohnsteuerhilfe (VLH), traten im vergangenen Jahr rund 70.000 Mitglieder neu ein.

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Der Verein unterstützt nicht nur bei der Einkommensteuererklärung, sondern legt notfalls auch Einspruch gegen den Steuerbescheid ein und führen einen Rechtsstreit vor dem Finanzgericht. Viele Mitarbeiter der Lohnsteuerhilfevereine waren als ehemalige Finanzbeamte Profis. Sie wissen, worauf es in der Steuererklärung ankommt und was in welche Spalte eingetragen werden muss.

Die Steuer-Clubs sehen sich als Selbsthilfeeinrichtungen - mit harmloseren Problemen. Statt um Alkohol- oder Spielsucht dreht sich bei ihnen alles um die Last mit der Steuer. Eintreten können Angestellte oder Beamte. "Viele unserer neuen Mitglieder sind Rentner", sagt Nöll. Auch Topverdiener dürfen vereinsmeiern, eine Obergrenze für den Verdienst gibt es nicht.

"Viele haben frustriert hingeschmissen"

Allerdings berechnet sich der Jahresbeitrag nach dem Einkommen und liegt in der Regel zwischen 50 für Gering- und fast 400 Euro für Spitzenverdiener. Großgrundbesitzer oder Millionäre müssen bei den Lohnsteuerhilfevereinen aber draußen bleiben: Um Mitglied werden zu können, dürfen maximal 13.000 Euro pro Kalenderjahr aus Mieteinnahmen und Kapitalvermögen wie Zinsen oder Aktien erzielt werden, bei Ehepaaren das Doppelte.

Die Vereine greifen ihren Mitgliedern bei Fragen unter die Arme, die den meisten Steuerzahlern alljährlich die Schweißperlen auf die Stirn treiben: Welche Ausgaben werden als Werbungskosten anerkannt? In welcher Höhe können Kosten für den Kindergarten angesetzt werden? Wie viele Kilometer darf ich als Entfernung zum Arbeitsplatz in die Steuererklärung eintragen? Für die Profis in den Vereinen sind die Antworten Routine.

Trotzdem sollten die Steuerpflichtigen nicht alles aus der Hand geben. Die Stiftung Warentest hat die Clubs vor einiger Zeit geprüft und kam zu dem Schluss, dass Steuerzahler dort eine sinnvolle Hilfe finden können - wenn sie auf einige Dinge achten. "Bestehen Sie darauf, dass der Berater die Steuererklärung in verständlicher Art mit ihnen durchgeht und den voraussichtlichen Erstattungsbetrag errechnet." Auch sollte sichergestellt werden, dass der Berater auch steuerliche Details genau erfasst: Beruf, Kinder, Aus- und Weiterbildung, Dienstreisen, Fachbücher - alles wichtige Stichworte für die Berechnung.

Viele Steuerzahler haben ihr Glück mit Computerprogrammen versucht, bevor sie in einem Verein Mitglied wurden. Auf eine steuerliche Beratung müssen sie dabei aber verzichten - und auch der Umgang mit den Programmen ist nicht für jeden einfach. "Viele haben frustriert hingeschmissen", sagt Mark Weidinger, Vorstand der Lohnsteuerhilfe Bayern, die mit rund 550.000 Mitgliedern zu den größten Vereinen gehört.

Der Bund der Steuerzahler empfiehlt allen Steuerzahlern, sich bei Unsicherheiten Hilfe zu holen. "Ob das ein Lohnsteuerhilfeverein ist oder ein Steuerberater, ist Geschmackssache", sagt Isabel Klocke, die dort die Abteilung Steuern leitet. "Die Lohnsteuerhilfevereine und Steuerberater bieten jeweils gute Leistungen an."

Für viele Steuerzahler lohnen sich die Mühen: Bei der Vereinigten Lohnsteuerhilfe hat im vergangenen Jahr jedes Mitglied im Schnitt 1117 Euro erstattet bekommen. Mit solchen Zahlen kann sogar ein Steuerbescheid Spaß machen.

Daniela Wiegmann/dpa/joe
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