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Bewerbungen Was passiert bei Lügen im Lebenslauf?

Aus dem Strandurlaub wird eine Sprachreise, aus dem Praktikum eine berufliche Station - im Lebenslauf wird gern ein bisschen geschummelt. Doch das kann schwere Folgen haben.
Von Sabine Hockling und Jochen Leffers
Lügendetektortest: Bei Bewerbungen sicher keine Lösung

Lügendetektortest: Bei Bewerbungen sicher keine Lösung

Foto: Frank May/ picture-alliance/ dpa

Aus einem einfachen Studentenpraktikum wird eine berufliche Station, aus der Arbeitslosigkeit eine Selbstständigkeit, aus der Zeugnisnote "ausreichend" ein "gut". Aus dem Strandurlaub macht man flugs eine Sprachreise, aus der Rucksacktour durch Südamerika einen beruflichen Auslandsaufenthalt...

Warum nicht, denken sich viele Bewerber, nach dem Motto: Kleinere Notlügen wird schon keiner merken. Irgendwie muss man ja den Einstieg schaffen. Und tragen nicht auch Unternehmen in ihren Stellenanzeigen ganz schön dick auf?

Wer seine Bewerbung mit Falschangaben aufpoliert, riskiert den Job

Generell gilt bei Bewerbungen die Wahrheitspflicht. Dezente Lebenslaufkosmetik zur Lückenschließung, ein bisschen Schönfärberei sind die eine Sache; bei unzulässigen Fragen im Vorstellungsgespräch darf ein Bewerber sogar lügen. Aber handfeste Manipulationen sind alles andere als ein Kavaliersdelikt.

Wer seine Bewerbungsunterlagen mit Falschangaben aufpoliert und dabei ertappt wird, riskiert den Job - und zwar fristlos, auch nach der Probezeit. Denn dass die Angaben der Wahrheit entsprechen, bestätigen Bewerber auch durch Datum, Ortsangabe und Unterschrift, mit denen sie ihren Lebenslauf versehen.

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Bewerbungsgespräch: Wann Sie straflos lügen dürfen

Foto: Daniel Reinhardt/ dpa

Landläufig mag die Meinung herrschen, es sei halb so schlimm, Lebensläufe ein wenig aufzuhübschen. Aber Falschangaben sind höchst problematisch. Die Gerichte unterscheiden nach Schwere der Täuschungsversuche; Folgen haben entdeckte Täuschungen trotzdem alle.

Entdecken Arbeitgeber den Schwindel bereits vor Abschluss des Arbeitsvertrags, kassiert der Bewerber fast immer eine Absage. Fällt bewusste Irreführung jedoch erst nach Jahren im Arbeitsverhältnis auf, sind die Konsequenzen weitreichender.

Wichtige Urteile und ihre Folgen

Für Furore sorgen immer wieder krasse Fälle von beruflicher Hochstapelei. So wurde im Juni 2015 eine Lehrerin zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt, die jahrzehntelang unterrichtet hatte - in vier Bundesländern, mit gefälschten Abschlüssen und Urkunden. Die Frau gab zu, aus Angst vor Arbeitslosigkeit über 20 amtliche Stempel gefälscht zu haben. Mehrere Bundesländer fordern jetzt Rückzahlungen von Beamtenbezügen in sechsstelliger Höhe.

Vor Gericht chancenlos war ein Industrieschweißer, der seine Stelle in einem Autounternehmen gefälschten Unterlagen verdankte. Mit seinen echten Noten wäre er bei der Bewerbervorauswahl durchs Raster gefallen. Er hatte die Note seiner schriftlichen Prüfung von "ausreichend" auf "befriedigend" geändert, die der praktischen Prüfung von "befriedigend" auf "gut". Seine Arbeit erledigte er dann zufriedenstellend. Als der Arbeitgeber nach über acht Jahren die Zeugnisfälschung entdeckte, erhielt der Mitarbeiter die Kündigung aufgrund arglistiger Täuschung - zu Recht, wie das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg feststellte (Urteil vom 13. Oktober 2006, Aktenzeichen 5 Sa 25/06 ).

Ebenfalls den Job erschlichen hatte sich ein Bewerber die Stelle bei einer Berufsgenossenschaft: Er legte seinen Unterlagen kurzerhand gefälschte Diplomzeugnisse bei, weil der Arbeitgeber ein abgeschlossenes Hochschulstudium erwartete. Nach fünf Jahren flog der Schwindel auf - Kündigung. Auch für das Landesarbeitsgericht Nürnberg wog die arglistige Täuschung schwerer als die kontinuierlich gute Arbeitsleistung (Urteil vom 24. August 2005, Aktenzeichen 9 Sa 400/05 ).

Mitunter reichen die Folgen einer Zeugnisfälschung noch deutlich weiter. Ein Jurist kassierte wegen seiner schlechten Examensnote immer wieder Absagen und änderte die Note von "ausreichend" in "voll befriedigend" - bei Juristen ein Prädikatsexamen. Eine internationale Kanzlei stellte ihn mit einem Bruttojahresgehalt von 100.000 Euro ein. Weil der Kanzlei jedoch nach einigen Monaten seine schlechte Arbeitsleistung auffiel, wurde sie misstrauisch und kontaktierte das Prüfungsamt. Der Arbeitsvertrag wurde aufgehoben, der Jurist zur Rückzahlung von 75.000 Euro Gehalt verpflichtet.

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Aber das war noch nicht alles: Mit seinem gefälschten Zeugnis bewarb sich der Jurist erneut, diesmal als Leiter des Personalamts bei einer Stadtverwaltung. Auch hier flog der Schwindel bald auf. Die Folge: Das Amtsgericht Düsseldorf verurteilt den Juristen aufgrund des Betrugs zu zehn Monaten Haft auf Bewährung (Urteil vom 7. Dezember 2010, Aktenzeichen 114 Ds 20 Js 1798/10 190/10 ).

Das rät Tobias Werner, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Ob große oder kleine Lüge, Arbeitgeber können auch Jahre später noch den Arbeitsvertrag anfechten. Denn die Frist von einem Jahr läuft erst ab dem Tag, an dem der Arbeitgeber von der Täuschung erfährt. Die Folgen reichen von der fristlosen Kündigung über Schadensersatz (sofern ein Arbeitgeber konkrete Aufwendungen nachweisen kann) bis zu strafrechtlichen Konsequenzen.

Die Täuschung muss jedoch einen Aspekt betreffen, der bei der Einstellung eine wesentliche Rolle gespielt hat. Das heißt: Lügen, die für den Arbeitsplatz nicht relevant sind, haben in der Regel keine Konsequenzen. Grundsätzlich sollten Bewerber sich aber gut überlegen, ob sie das Arbeitsverhältnis mit einer Lüge beginnen wollen.

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