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Klage wegen Diskriminierung Abgelehnte Pilotin einigt sich mit Lufthansa

Weil Alina S. 3,5 Zentimeter zu klein ist, ließ die Lufthansa sie nicht zur Ausbildung als Pilotin zu. Die junge Frau klagte bis zum Bundesarbeitsgericht - jetzt ließ sie sich auf einen Vergleich ein.
Alina S. (Archiv): Ihr fehlen 3,5 Zentimeter, um Pilotin zu werden

Alina S. (Archiv): Ihr fehlen 3,5 Zentimeter, um Pilotin zu werden

Foto: Oliver Berg/ dpa

Der Rechtsstreit um die Mindestgröße für Piloten bei der Lufthansa ist beigelegt. Vor dem Bundesarbeitsgericht in Erfurt schloss die Klägerin am Donnerstag einen Vergleich mit der Lufthansa. Demnach zahlt Europas größte Fluggesellschaft 14.175 Euro an die junge Frau.

Die damals 19-jährige Bewerberin Alina S. hatte vor drei Jahren Klage eingereicht, weil sie zwar alle Aufnahmetests bestanden, aber trotzdem keinen Ausbildungsvertrag erhalten hatte. Sie sei 3,5 Zentimeter zu klein, hieß es in der Begründung. Sie verlangte von der Lufthansa 135.000 Euro Entschädigung wegen Diskriminierung aufgrund ihrer Körpergröße.

Frauen seien im Schnitt kleiner als Männer, hatte der Anwalt der Bewerberin damals argumentiert, also könnten weniger Frauen die erforderliche Mindestgröße erreichen. Die Richter schlossen sich dem Argument an: "Wir müssen davon ausgehen, dass über die Größenregelung deutlich weniger Frauen zum Zug kommen als Männer", hatte der Vorsitzende Richter damals gesagt.

Mehr als 40 Prozent der Frauen über 20 Jahre, aber nur vier Prozent der Männer über 20 Jahre seien kleiner als 1,65 Meter. Hier handele es sich tatsächlich um eine Diskriminierung, die aber nicht geahndet werden könne: Da die Mindestgröße tarifrechtlich geregelt sei, habe die Fluggesellschaft als Arbeitgeber nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt. Die Richter hatten die Klage daher damals abgewiesen.

Eine Größe von 1,65 Meter ist erforderlich, um ein Flugzeug zu steuern

Ein Jahr später, 2014, zog S. in der nächsten Instanz erneut vor Gericht. Die Richter des Landesarbeitsgerichts Köln schlossen sich ebenfalls dem Argument an, dass Frauen mit der Größenregelung diskriminiert würden (Aktenzeichen 5 Sa 75/14). Dennoch lehnten auch sie es ab, die Lufthansa zu einer Entschädigung zu verurteilen: Der Bewerberin sei durch die Absage kein Schaden entstanden. Hätte sie den Ausbildungsplatz bekommen, hätte sie sogar einen Eigenanteil leisten müssen. Und eine schwerwiegende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sei auch nicht feststellbar.

Die Lufthansa argumentierte damals, eine Größe von 1,65 Meter sei erforderlich, um ein Flugzeug sicher zu steuern. Im Cockpit gehe es darum, dass der Pilot auch in Extremsituationen schnell alle Schalter und Hebel erreiche: Um das Fahrwerk auszufahren, müsse er teils auf die andere Seite der Armaturen herübergreifen; im "Overhead Panel", einer Gruppe von Knöpfen, die am Flugzeugdach angebracht ist, werde unter anderem das Löschen von Triebwerksbränden ausgelöst.

Damit alle Piloten zurechtkommen, gibt es einen Größenkorridor: Bei der Lufthansa darf niemand kleiner als 1,65 Meter oder größer als 1,98 Meter sein. Ähnliche Vorschriften gibt es auch beim Kabinenpersonal. Für Stewardessen gilt die Mindestgröße von 1,60 Meter, damit sie an die Gepäckboxen oberhalb der Sitzreihen herankommen.

Einschränkungen auch für Fehlsichtige

Wer das zweistufige Bewerbungsverfahren bei der Lufthansa überstanden hat, wird am Ende einer Gesundheitsprüfung unterzogen: Wer zum Beispiel stark kurzsichtig oder weitsichtig ist, darf nicht Pilot werden. Allerdings werden Daten wie die Körpergröße schon bei der Online-Erfassung der Bewerber abgefragt. Wie die junge Frau trotzdem im Bewerbungsverfahren weiterkommen konnte, ist unklar.

Einige Vorschriften wurden in den vergangenen Jahren den Gegebenheiten der Luftfahrtbranche angepasst. So wurden die Regularien für Fehlsichtigkeit stark gelockert; auch Laserkorrekturen der Sehstärke gelten inzwischen als akzeptabel.

Berufe mit Mindestgröße

Piloten - Bei Lufthansa und Germanwings sollen Piloten zwischen 1,65 und 1,98 Meter groß sein sowie ein gutes Sehvermögen haben. Bei anderen Fluggesellschaften wie Air Berlin gibt es keine Größenvorgaben.Flugbegleiter - Auch für sie gibt es eine Mindestgröße, die von Gesellschaft zu Gesellschaft variiert. Bei Lufthansa und Air Berlin beträgt sie 1,60 Meter, bei Lufthansa CityLine 1,58 Meter, bei Germanwings 1,65 Meter. Auch eine bestimmte Sehschärfe wird verlangt.Polizei - Wer bei der Polizei arbeiten möchte, sollte kein Über- oder Untergewicht haben und über ausreichendes Sehvermögen verfügen. Es werden, je nach Bundesland, unterschiedliche Anforderungen an die Körpergröße gestellt: Die Polizei Baden-Württemberg verlangt etwa eine Mindestgröße von 1,60 Meter, in Bayern liegt die Latte bei 1,65 Meter, in Berlin bei 1,60 Meter für Frauen und 1,65 Meter für Männer.Zoll - Der Zoll verlangt eine Mindestgröße von 1,60 Meter sowie eine bestimmte Sehschärfe.Berufsfeuerwehr - Fitness ist Grundvoraussetzung. Die Feuerwehr Nürnberg etwa verlangt einen "Top-Gesundheitszustand": sehr gutes Sehvermögen, Schwindelfreiheit, Mindestkörpergröße von 1,65 Meter und Atemschutztauglichkeit.

kha/dpa
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