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Pilotenausbildung Verkehrsfliegerschule der Lufthansa steht vor dem Aus

An der Flugschule der Lufthansa in Bremen lernten Generationen von Piloten ihren Beruf. Bereits Corona hatte zu tiefen Einschnitten geführt. Nun könnte eine weitere Entscheidung das Ende der Schule bedeuten.
Die Fahnen vor der Vielfliegerschule der Lufthansa in Bremen wehen auf halbmast

Die Fahnen vor der Vielfliegerschule der Lufthansa in Bremen wehen auf halbmast

Foto: Ingo Wagner/ dpa

Flugschüler der Lufthansa sind in Bremen schon keine mehr da. Sie wurden bereits im März nach Hause geschickt, teilt die zuständige Lufthansa-Ausbildungsgesellschaft European Flight Academy (EFA) mit. Rund 700 junge Menschen stehen ohne die angestrebte Piloten-Lizenz da - einigen fehlen nur noch wenige Flugstunden bis zu ihrem Ziel. Der angestrebte Job im Cockpit ist mit der Coronakrise in weite Ferne gerückt.

Mindestens bis zum Jahreswechsel ruhen die Kurse an der Bremer Flugschule. Wie und ob es dann weitergeht, ist noch unklar. Der Lufthansa könnte das Ende der traditionsreichen Bremer Schule von 1956 ganz recht sein, wird in Kreisen der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) spekuliert. Schließlich gilt die Einrichtung als Nukleus des starken Korpsgeistes der Lufthansa-Piloten. Zuletzt waren hier noch 150 Mitarbeiter beschäftigt. 

Eine Kommission erarbeite gerade Vorschläge, wie es im kommenden Jahr weitergehen könne, sagt Lufthansa-Unternehmenssprecher Dirk Sturny. Die in Kurzarbeit geschickten Mitarbeiter glauben hingegen, dass es wegen des fehlenden Bedarfs in den kommenden fünf Jahren keine neuen Kurse mehr geben wird. Sturny mag dazu keine Aussage treffen: "Wir bekommen den Bedarf von den Fluggesellschaften gemeldet."

Umso bedrohlicher erscheint der mögliche Verlust des zweitwichtigsten Kunden. Für die Bundeswehr bildet Bremen Piloten für die zivile Flugbereitschaft der Bundesregierung aus, für Transportflugzeuge wie den Airbus A400M, aber auch für das Steuern von Drohnen.

36 Luftwaffen-Flugschüler lernen nach Angaben des Verteidigungsministeriums gerade in Bremen. Zwölf weitere sind es in der Außenstelle der Schule in Goodyear im US-Bundesstaat Arizona. Die Soldaten nutzten wie die Lufthansa-Schüler die 2007 angeschafften Business-Jets vom Typ Cessna Citation. Dazu kommen noch Privatzahler und angehende Piloten der japanischen All Nippon Airways (ANA).

Für 2021 ist die Ausbildung bereits neu ausgeschrieben 

Das Geschäft mit den Staatspiloten könnte die Bremer Schule durch die anstehende Flaute tragen, meinen Betriebsrat und Personalvertretung der rund 35 Fluglehrer. Doch Bundeswehr und EFA verhandeln bereits über ein billigeres Ausbildungsmodell mit einem kleineren Flugzeug am Standort Rostock-Laage, wie das Unternehmen bestätigt. "Durch den Abzug dieser staatlichen Aufträge sind weite Teile unseres Geschäfts zur Gänze gefährdet", sagt der Vorsitzende der Personalvertretung, Peter-Helmut Hahn. "Wir könnten überleben mit Bundeswehr und ANA."

Die Luftwaffe bestätigt nur, dass die Ausbildung für 2021 neu ausgeschrieben sei. Die Lufthansa sei aufgefordert, ein Angebot abzugeben, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. Dieses Angebot liege aber der Luftwaffe und damit auch dem Ministerium noch nicht vor.

"Es wird eigentlich mit Steuermitteln Tarifflucht begangen", schimpft der Bremer Verdi-Sekretär Franz Hartmann. Die Beschäftigten in Rostock seien tarifvertraglich nicht geschützt und würden so in einem Dumpinglohnwettbewerb gegen ihre Bremer Kollegen missbraucht. Eine Schließung der Verkehrsfliegerschule würde zudem den gesamten Luftverkehrsstandort mit Flughafen und Airbus-Werk schwächen, warnt der Gewerkschafter.


flg/dpa-AFX
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