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Lohngleichheit "Wir sind dazu verpflichtet, diese Unterschiede abzubauen"

Manuela Schwesigs Gesetzesentwurf zur Lohngerechtigkeit wird von der Koalition stiefmütterlich behandelt. Die Familienministerin ist davon nicht überrascht.
Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD)

Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD)

Foto: Michael Kappeler/ dpa

SPIEGEL ONLINE: Sollten sich die Deutschen ein Vorbild an Schweden nehmen, da können die Bürger beim Finanzamt erfragen, was ihre Kollegen oder sogar Nachbarn verdienen?

Schwesig: Ich finde nicht, dass wir in Deutschland so weit gehen müssen. Mein Ziel ist es, die Lohnlücke möglichst für alle zu schließen und nicht 80 Prozent der Frauen außen vor zu lassen. Das Grundgesetz verpflichtet uns dazu, dass Frauen die gleichen Rechte wie Männer haben sollten. Aber ihre Lebenswirklichkeit sieht oft anders aus: Sie haben die niedrigeren Löhne und werden sogar für die gleiche Arbeit unterschiedlich bezahlt. Das kann so nicht bleiben. Wir sind dazu verpflichtet, diese Unterschiede abzubauen.

SPIEGEL ONLINE: Warum geht es mit Ihrem Gesetzesentwurf so schleppend voran?

Schwesig: Es war von Anfang an klar, dass dieses Gesetz hart umkämpft ist. Ich kenne das schon von der Frauenquote. Immer wenn es darum geht, Frauenrechte durchzuboxen, gibt es Widerstände und viele Erklärungen, warum es gerade wieder nicht geht. Es werden Bedenken vorgetragen, die ich für vorgeschoben halte - die Bürokratie zum Beispiel. Hier treffen auch sicherlich unterschiedliche Ansichten innerhalb der Koalition aufeinander. Aber ich möchte, dass wir mit diesem Gesetz möglichst viele Frauen erreichen.

SPIEGEL ONLINE: Ihr Gesetzesentwurf wird mit den Argumenten abgeblockt, ein Bürokratiemonster zu sein.

Schwesig: Zu sagen, das sei alles zu viel Bürokratie, ist ein typisches Scheinargument. Mir hat noch niemand erklärt, warum es bürokratisch ist, wenn jemand seinen Arbeitgeber fragt: Was bekomme ich für meine Arbeit und wie viel bekommen diejenigen durchschnittlich, die die gleiche Arbeit machen? Das ist eine Auskunft, die selbstverständlich sein sollte.

SPIEGEL ONLINE: Werden Sie Ihren Gesetzesentwurf bis Ende des Jahres durchbringen?

Schwesig: Das ist mein Ziel. Und deshalb bin ich zuversichtlich, bleibe weiter dran und werde die Verhandlungen fortführen.

SPIEGEL ONLINE: In Koalitionskreisen heißt es, Ihr Vorhaben könnte einem möglichen Deal zur Erbschaftsteuer zum Opfer fallen?

Schwesig: Nein, das ist ein Gerücht, das ich nicht bestätigen kann.

SPIEGEL ONLINE: Was können Frauen selbst tun, um für gerechtere Löhne zu kämpfen?

Schwesig: Diese Frage mag auf den ersten Blick berechtigt sein, auf den zweiten Blick suggeriert sie, dass Frauen selbst schuld daran sind, dass es die Lohnlücke gibt. Aber wir haben in Deutschland Strukturen, die dazu führen, dass es gerade die Frauen sind, die für Kinder und für pflegebedürftige Angehörige zu Hause bleiben. Das ist jeder Frau freigestellt, aber oft ist es für sie schwer, wieder zurückzukommen. In Gehaltsverhandlungen haben Frauen die schlechteren Karten, weil es keine Transparenz gibt. Jetzt ist doch die Frage: Überlassen wir es dem Zufall, dass die Frau erfährt, wie die Lohnsituation ist, oder geben wir ihr ein Recht, das zu erfahren?

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