
Tipps von der Karriereberaterin Hilfe, mein Team vermüllt unsere Büros


Teamleiter Erik, 36 Jahre, schreibt: »Unser Büro sieht aus wie ein Saustall. Es stehen Kartons, Essensreste und leere Flaschen herum und auch in der Küchenecke fühlt sich niemand verantwortlich, etwas wegzuräumen. Ich bin nicht pingelig, aber der Zustand stört mich doch sehr, zumal wir öfters Besuch von Kunden haben und ich unseren Bereich so nicht präsentieren möchte. Wie gehe ich am besten vor, ohne den spießigen Moralapostel rauszuhängen?«
Doris Brenner arbeitet als freie Beraterin und Coach mit den Schwerpunkten Personalentwicklung sowie Karriere- und Outplacementberatung. Die studierte Wirtschaftswissenschaftlerin verfügt über langjährige Erfahrung in Fach- und Führungsfunktionen wie im HR-Bereich der Industrie.
Doris Brenner ist Initiatorin und Gründungsvorstand der DGfK Deutsche Gesellschaft für Karriereberatung e.V.
E-Mail an karriere.leserpost@spiegel.de schreiben – Stichwort Doris Brenner
Lieber Erik,
dieses Thema kommt derzeit in vielen Betrieben auf. Solange alle nur von zu Hause gearbeitet haben, konnte sich jeder seine oder ihre Arbeitsumgebung so gestalten, wie er oder sie es wollte. Jetzt, wo alle wieder verstärkt gemeinschaftlich Räume nutzen, werden die unterschiedlichen Vorstellungen und Bedürfnisse sehr offensichtlich. Genau das erleben Sie gerade.
Das erinnert mich sehr an die Diskussionen zu Studentenzeiten in WGs, wer denn nun das Bad putzt oder in der Küche den Abwasch machen soll. Wir müssen es uns zur Aufgabe machen, soziales Verhalten und Rücksichtnahme wieder neu zu lernen. Was schon im privaten Umfeld oft schwer ist, bekommt im beruflichen Kontext noch eine zusätzliche Dimension. Da Sie auch Kundenkontakt haben, geht es nicht nur darum, dass sich die Teammitglieder und Sie wohlfühlen, sondern auch, wie Sie Ihren Bereich nach außen präsentieren.
Es ist sinnvoll, sich mit dem Team zusammenzusetzen und die aktuelle Situation offen anzusprechen. Bevor Sie das tun, empfehle ich Ihnen aber, sich ein paar Gedanken zu machen, welche Optionen für Sie überhaupt infrage kommen. Hierzu einige Fragen, die Ihnen mehr Klarheit bringen können, bevor Sie in das Gespräch gehen:
Welche »Standards« streben Sie an? Sprich, wie genau sollen die Büros zukünftig aussehen? Was ist für Sie akzeptabel, was geht nicht?
Wie wollen Sie sicherstellen, dass die Standards auch eingehalten werden, wenn wechselnde Teamkonstellationen anwesend sind?
Sind Sie bereit und haben Budget, um Supportleistungen wie einen täglichen Küchenreinigungsservice mit Arbeiten zu beauftragen? Oder sehen Sie es auch als wichtige Teamaufgabe, dass die Mitarbeitenden Eigenverantwortung für die Räumlichkeiten zeigen?
Sind es nur einzelne Personen, die für das Chaos verantwortlich ist/sind?
Ihr Recht als Teamleiter
Sie schreiben, dass Sie nicht als spießiger Moralapostel wahrgenommen werden wollen. Ich finde, es ist ihr gutes Recht als Teamleiter, auch das Außenbild Ihres Bereiches so zu gestalten, dass Sie sich damit identifizieren können. Schließlich tragen Sie eine Verantwortung. Hier gibt es sicherlich ein paar absolute »No-Gos« wie Essensreste, die auch unter Hygienegesichtspunkten nicht akzeptabel sind. Ordnung hingegen wird von Menschen sehr unterschiedlich wahrgenommen. Hier wäre es hilfreich, wenn auch die einzelnen Teammitglieder jeweils ihre Vorstellungen kundtun und Sie ein Stimmungsbild bekommen, wie diese die aktuelle Situation erleben.
Vermutlich gibt es auch Personen im Team, die sich ebenfalls an den derzeitigen Zuständen stören und Ihnen gegenüber die Erwartung haben, dass Sie den Impuls zur Veränderung geben. Andere werden sich erst durch Ihr Aufgreifen des Themas damit beschäftigen. Ziel sollte es sein, dass im Team gemeinsam getragene Standards definiert und umgesetzt werden.
Entscheidend wird sein, wie Sie das Thema ansprechen. Sogenannte »Ich-Botschaften«, die Ihre persönliche Wahrnehmung beschreiben, können dabei hilfreich sein. Sie haben gegenüber Vorwürfen den Vorteil, dass man der Beschreibung Ihrer subjektiven Wahrnehmung nicht widersprechen kann. Wenn Sie für das Meeting ein paar Fotos vorbereiten, die dokumentieren, was genau der Anlass für Ihre Unzufriedenheit ist, veranschaulichen Sie das Thema. Das schafft Objektivität und Sie können konkret über genau diese Zustände sprechen und nicht in allgemeine Floskeln wie: »Hier sieht es immer vermüllt aus« verfallen. Die Fotos sollten jedoch nicht einzelne Personen vor der Gruppe bloßstellen. Sollten Sie zu der Erkenntnis kommen, dass eine einzelne Person für den Müll verantwortlich ist, so ist es sinnvoll, das Thema zunächst in einem Vier-Augen-Gespräch zu klären.
Denken Sie an das Wir-Gefühl
Grundsätzlich gilt, das Team mit ins Boot zu nehmen und an das Wir-Gefühl zu appellieren. Das kann auch insgesamt eine gute Übung für Kooperation, Rücksichtnahme und die Übernahme von Verantwortung sein. Soziales Verhalten muss man üben. Nur so lässt sich das Zusammenarbeiten für alle angenehm gestalten.
Ich drücke Ihnen die Daumen, dass Sie den richtigen Ton finden und Sie und das Team sich bald wieder wohlfühlen in der Arbeitsumgebung.