
Arbeitsnomaden: Die teuersten Städte der Welt
Arbeiten im Ausland Luanda ist die teuerste Stadt der Welt
Ausgerechnet Afrika - darauf würde man nicht sofort kommen: Die weltweit teuerste Stadt für Auslandsentsendungen heißt Luanda. Und das schon zum dritten Mal in Folge. Die angolanische Hauptstadt führt eine Rangliste des internationalen Beratungsunternehmens Mercer an. Hongkong und Zürich liegen auf den nächsten Plätzen. Mit N'Djamena (Tschad) ist eine weitere afrikanische Stadt auf Platz 10.
Weniger überraschend ist, dass die Schweiz mit Zürich, Bern und Genf, Europas Hauptstadt für Arbeitsnomaden, gleich dreimal in den weltweiten Top Ten vertreten ist. Deutsche Metropolen liegen weit dahinter: München auf Rang 87, Frankfurt auf Platz 98, alle anderen Städte zwischen Rang 100 und 200.
Die zehn teuersten Städte weltweit
Rang 2014 | Rang 2015 | Stadt | Land |
---|---|---|---|
1 | 1 | Luanda | Angola |
3 | 2 | Hongkong | Hongkong |
5 | 3 | Zürich | Schweiz |
4 | 4 | Singapur | Singapur |
6 | 5 | Genf | Schweiz |
10 | 6 | Shanghai | China |
11 | 7 | Peking | China |
14 | 8 | Seoul | Südkorea |
8 | 9 | Bern | Schweiz |
2 | 10 | N'Djamena | Tschad |
Für ihre weltweiten Vergleichsstudien ermitteln Mercer-Mitarbeiter die Lebenshaltungskosten für ins Ausland entsandte Firmenangestellte und erstellen daraus ein "Cost of Living"-Ranking. 207 Großstädte auf fünf Kontinenten wurden untersucht, anhand der Preise für gut 200 Produkte und Dienstleistungen. Dazu zählen beispielsweise die Kosten für Miete, öffentliche Verkehrsmittel, Kleidung, Lebensmittel, Freizeitangebote - eine Art riesiger Warenkorb.
Wie teuer ein Auslandseinsatz die Firma zu stehen kommt, hängt aber auch von ganz anderen Faktoren ab, vor allem von Währungsschwankungen. Starke Veränderungen beim Euro-Umtauschkurs gegenüber dem US-Dollar führten dazu, dass etliche westeuropäische Städte im Ranking jetzt fielen, für Unternehmen anderer Kontinente also bezahlbarer geworden sind.
Wieso gerade Luanda?
Mercer stützt die Untersuchung auf die Wechselkurse sowie Lebenshaltungs- und Mietkosten vom März 2015. Sie soll Arbeitgeber, ob multinationale Unternehmen oder Regierungsorganisationen, auch Anhaltspunkte liefern, um für ihre Expatriates Vergütungszulagen im Ausland festlegen zu können.
Die zehn teuersten Städte in Europa
Rang 2014 | Rang 2015 | Stadt | Land |
---|---|---|---|
5 | 3 | Zürich | Schweiz |
6 | 5 | Genf | Schweiz |
8 | 9 | Bern | Schweiz |
12 | 12 | London | United Kingdom |
15 | 24 | Kopenhagen | Dänemark |
20 | 38 | Oslo | Norwegen |
27 | 46 | Paris | Frankreich |
51 | 49 | Dublin | Irland |
9 | 50 | Moskau | Russland |
30 | 53 | Mailand | Italien |
Aber wieso ist gerade Luanda so teuer? Mit mehr als sechs Millionen Einwohnern ist Luanda eine der größten Städte Afrikas, gelegen an der Westküste und mit einer extremen Kluft zwischen Armut und Reichtum, der vor allem auf Angolas Ölvorkommen beruht. Luanda gehört sicher nicht zu den Städten, in die viele Unternehmen ständig Mitarbeiter entsenden. Aber wer dort arbeitet, muss sich auf erstaunliche Kosten gefasst machen, jedenfalls bei einem Leben auf westlichem Standard.
"Gerade die Nachfrage nach angemessenem und sicherem Wohnraum für Expatriates ist in Luanda sehr hoch", sagt Mercer-Mitarbeiter Steffen Zwink. "Viele Waren sind in Angola nicht verfügbar und müssen importiert werden, was stark die Preise treibt."
Aus einer Mercer-Statistik geht hervor, wie hoch die Kosten in Luanda liegen: Mit verblüffenden 6000 Euro monatlich wird die Miete angegeben für ein Apartment mit zwei Schlafräumen, unmöbliert, "nach internationalem Standard in angemessener Nachbarschaft". 2,76 Euro veranschlagt Mercer für einen Liter Milch, 15 Euro für eine Fastfood-Mahlzeit und stolze 218 Euro für den Kauf einer Jeans - gut doppelt so viel wie etwa in Hongkong, Singapur oder London.
Dann geht doch nach Kirgisien
Nicht jedes Ergebnis der Mercer-Studie erschließt sich auf den ersten Blick. So sind die deutschen Städte jetzt durchweg deutlich niedriger platziert als im Vorjahr, meist um gut 30 Plätze - aber die realen Lebenshaltungskosten sind natürlich nicht stark gesunken. "Es liegt hauptsächlich an den Währungsverlusten gegenüber dem US-Dollar", erklärt Steffen Zwink.
Die Platzierungen der deutschen Städte
Rang 2014 | Rang 2015 | Stadt |
---|---|---|
55 | 87 | München |
59 | 98 | Frankfurt |
68 | 106 | Berlin |
73 | 114 | Düsseldorf |
76 | 124 | Hamburg |
91 | 139 | Stuttgart |
129 | 169 | Nürnberg |
141 | 172 | Leipzig |
Dass Berlin nach München und Frankfurt am Main als drittteuerste deutsche Stadt erfasst ist, noch vor Düsseldorf, Hamburg und Stuttgart, leuchtet ebenfalls nicht spontan ein. Eine große Rolle spielen die stark angezogenen Mieten in der Hauptstadt, vor allem für Neuvermietungen. Aber: Manche der Preise laut Mercer, etwa für Lebensmittel oder Freizeitvergnügen, widersprechen der Alltagserfahrung - in Berlin höhere Mieten als in Hamburg, eine Tasse Kaffee oder ein Kinobesuch teurer als in Frankfurt und München.
Die Unterschiede zwischen den deutschen Städten sind allerdings gering; die Wohnungskosten trugen mit einem Viertel zum "Warenkorb" bei. "Für entsandte Mitarbeiter ist Berlin nicht sehr günstig", so Mercer-Mitarbeiterin Jennifer Schatz, "Expatriates können andere Bedürfnisse haben als Einwohner oder Touristen."
Ginge es allein darum, Mitarbeiter zum Sammeln internationaler Berufserfahrung hinaus in die weite Welt zu schicken, ohne jede Berücksichtigung der Geschäftsbeziehungen oder möglicher Risiken: Manche Städte wären aus Firmensicht ein Schnäppchen. In Banjul (Gambia) zum Beispiel liegen die Kosten weit unter denen von Luanda, ebenso in Skopje (Mazedonien), Tunis (Tunesien), Karatschi (Pakistan) oder Windhoek (Namibia). Und die weltweit günstigste Stadt laut Mercer-Statistik ist Bischkek in Kirgisien.

Jochen Leffers (Jahrgang 1965) ist SPIEGEL-ONLINE-Redakteur und leitet das Ressort KarriereSPIEGEL.