Bis zum ersten Gehaltsscheck: Noch freuen sich diese frisch gebackenen Absolventen
Foto: FABIAN BIMMER/ APVielleicht hätte man besser Elektroingenieur werden sollen oder Wirtschaftsingenieur. Das werden sich zumindest viele Hochschulabsolventen sagen, die nach ihrem Studium nun irgendwas mit Kultur, Sport oder Unterhaltung machen.
Denn die neuen Zahlen, die die Hans-Böckler-Stiftung gerade in einer Studie veröffentlicht hat, sprechen eine deutliche Sprache. Das stiftungseigene Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut befragte online 4300 Jungakademiker für den "Absolventen-Lohnspiegel" und stellte fest: Die Einstiegsgehälter variieren immens, abhängig sowohl von Studienrichtung oder Studienabschluss als auch von ihrem Geschlecht oder davon, ob sie in Ost- oder Westdeutschland leben.
Im Gesamtdurchschnitt verdienen die Berufseinsteiger 3400 Euro brutto monatlich. Elektroingenieur müsste man sein: Da kommen im Schnitt rund 4540 Euro rum, Wirtschaftsingenieure streichen 200 Euro weniger ein. Dahinter rangieren Diplomkaufleute und Juristen. Überraschenderweise stehen selbst Soziologen und Sozialpädagogen am Anfang ihrer Karriere noch besser da als Architekten. In diesem prestigeträchtigen Beruf bekommt man anfangs am wenigsten Gehalt, nicht einmal 2500 Euro.
Die armen Magister
Auch mit Blick auf die Art des Hochschulabschlusses werden die Unterschiede deutlich: Diejenigen mit Doktortitel, also dem höchsten Abschluss, verdienen am meisten - und zwar 4220 Euro durchschnittlich. Danach folgen Absolventen, die einen Master an der Uni und einen Bachelor an der FH gemacht haben. Das Schlusslicht bildet der gute alte Magisterabschluss: Dafür gibt es gerade einmal 2620 Euro im Monat - wohl vor allem deshalb, weil er überwiegend am Ende von geisteswissenschaftlichen Studiengängen steht.
Wer das Falsche studiert hat und dann auch noch einen wenig prestigeträchtigen Abschluss in der Tasche hat, kann aber noch etwas gutmachen: indem er sich nach dem Studium den richtigen Berufszweig aussucht. Besonders zu empfehlen sind die Auto- und die Finanzbranche. Im Bankensektor gibt es 4400 Euro, beim Fahrzeugbau mit 4380 Euro fast gleich viel. Auch noch gut bezahlt, aber rund 1000 Euro billiger sind Einstiegspositionen in Unternehmen rund um Datenverarbeitung, unternehmensbezogene Dienstleistungen und, natürlich, die öffentliche Verwaltung.
Wessis bekommen 20 Prozent mehr Gehalt
Wer auf ein ordentliches Gehalt aus ist, sollte am besten einen Bogen um alle Stellenausschreibungen machen, die für Jobs in der Bauwirtschaft, in Druckindustrie und Verlagen und eben auch in der Kultur-, Sport- und Unterhaltungsbranche werben - denn dort gibt es gerade einmal 2650 Brutto-Monatslohn für die erste Stelle nach dem Studium.
Zudem zeigt die Studie, dass die Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen sowie zwischen West- und Ostdeutschland nach wie vor eklatant sind: Bei den Männern und den Absolventen aus den alten Bundesländern steht im Schnitt ein Fünftel mehr Gehalt auf dem Lohnzettel.
Wer sich also mit Elan ins Berufsleben stürzt, sollte bei diesen teils ernüchternden Gehaltssummen noch etwas im Sinn behalten, das die Untersuchung belegt: Über die Hälfte der Akademiker arbeitet in den ersten drei Jahren ihres Berufslebens mehr als im Vertrag steht. Das muss nicht sein. Erst recht nicht für knapp 3000 Euro im Monat.
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Welche Ausbildung bringt wieviel? Das Spitzenfeld der Stundenlöhne teilen Uni- und Fachhochschul-Studiengänge untereinander auf. Für Frauen lohnt sich das Lehramt eher als für Männer, weil Frauen in vielen Topjobs weniger verdienen.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin hat berechnet,
wie hoch die Stundenlöhne für die verschiedenen Uni-, Fachhochschul- und Ausbildungsfächer liegen
. Die Euro-Beträge geben jeweils den Durchschnitt eines kompletten Berufslebens an.
Top 5
Zahnmedizin: Zahnarztstund' hat Gold im Mund. Absolventen dieser Fachrichtung dürfen mit einem durchschnittlichen Stundenlohn von 19,33 Euro rechnen - das ist Spitze. Frauen kommen dagegen nur auf 15,50 Euro.
Medizin: Die Kollegen mit Arztkittel dürfen sich über 17,77 Euro (Frauen: 13,36 Euro) freuen; Platz 2.
Betriebswirtschaftslehre: Die Geschäftsleute mit Universitätsabschluss kommen auf 16,58 Euro (Frauen: 10 Euro) und auf Platz 3.
Jura: Das lange Jurastudium wird später im Beruf so hoch vergütet, dass am Ende ein durchschnittlicher Stundenlohn von 15,86 Euro (Frauen: 12,55 Euro) herauskommt - Platz 4. Allerdings liegen die Richter des Verfassungsgerichts, die dieses Foto zeigt, deutlich darüber.
Industrial Engineering: Das Mischfach aus Ingenieurs- und Managementwissenschaften ist lukrativ: 15 Euro pro Stunde (Frauen: tauchen hier aus statistischen Gründen nicht auf), Platz 5.
Flop 5
Sozialarbeit: Ob als Berater für Arbeitlose, in der Erziehungshilfe oder in der Erwachsenenbildung - Sozialarbeiter gibt es viele, und sie verdienen schlecht. Mit Uniabschluss reicht es für 8,90 Euro (Frauen: 8,10 Euro) und Platz 64 im DIW-Ranking. Bei einer betrieblichen Ausbildung liegt der Stundenlohn nur noch bei 8,16 Euro (Frauen: 7,80 Euro). Damit bilden diese Absolventen das Schlusslicht in der Liste.
Medien: Wer einen Ausbildungsberuf in der Medienbranche anstrebt, etwa in einer Druckerei, kann mit 8,72 Euro (Frauen: 7,79 Euro) Stundenlohn rechnen. Platz 65.
Beauty: Berufe, die sich um die Schönheit der Kundschaft drehen, etwa Friseur oder Visagistin, landen mit 8,47 Euro auf Platz 66. Frauen verdienen hier sogar nur 5,55 Euro.
Krankenpflege: Für die Krankenpflege berechneten die DIW-Forscher einen durchschnittlichen Stundenlohn von 8,36 Euro (Frauen: 7,81 Euro), Platz 67.
Construction Engineering: Auf dem Bau winken 8,17 Euro (Frauen: 7,14 Euro). Weniger bekommen nur noch Sozialarbeiter.
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